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Schauplätze der Umweltgeschichte - Werkstattbericht - SUB Göttingen

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Georg Barth<br />

gangenen Berichten wahrgenommen, daß es denen meisten an Känntniß fehle, wie<br />

diese Tartoffeln anzupflantzen, und welcher Gestalt sich selbige, ein je<strong>der</strong> nach<br />

Umständen, son<strong>der</strong>lich aber <strong>der</strong> arme Mann zu Nutze machen kan.“) Zur besseren<br />

Veranschaulichung findet sich im Anhang dieses Textes eine vollständige<br />

Transkription <strong>der</strong> beiden Verordnungen Friedrich II..<br />

Auch Georg Krünitz, <strong>der</strong> Autor <strong>der</strong> größten „oekonomischen-technologischen<br />

Encyklopädie“ des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, widmete dieser „vortrefflichen Frucht“ eine<br />

180seitige Abhandlung. Dabei geht er auf Nutzen und Gebrauchsmöglichkeiten<br />

ein und hebt die beson<strong>der</strong>e Eigenschaft <strong>der</strong> Kartoffel hervor, auch auf nährstoffarmen<br />

Böden gute Erträge zu erbringen, wodurch <strong>der</strong> Anbau während <strong>der</strong> Brache<br />

möglich ist.<br />

Der Übergang zum Kartoffelanbau ging mit einer Umstellung des<br />

traditionellen Agrarsystems einher<br />

Nach den 1770er Jahren waren die Vorurteile gegenüber <strong>der</strong> Kartoffel, auch als<br />

Resultat volksaufklärerischer Maßnahmen, weitestgehend ausgeräumt. Es bestanden<br />

aber noch an<strong>der</strong>e Hemmnisse für den Kartoffelanabau. Hier ist vor allem vom<br />

traditionellen Agrarsystem mit Flurzwang und Dreifel<strong>der</strong>wirtschaft die Rede. Im<br />

Rahmen des Flurzwanges, <strong>der</strong> bis zum Ende des 18. Jh. bestanden hatte, waren die<br />

Bauern an die Dreifel<strong>der</strong>wirtschaft und somit den Wechsel von Sommergetreide,<br />

Wintergetreide und Brache gebunden. Vor allem aber durfte die Ernte auf den<br />

Fel<strong>der</strong>n eines Flurstücks nur zur gleichen Zeit erfolgen. So sollte verhin<strong>der</strong>t werden,<br />

dass so genannte Flurschäden beim Überfahren von Äckern entstanden und<br />

einzelne Bauern benachteiligt wurden. Für den feldmäßigen Kartoffelanbau bestand<br />

unter diesen Bedingungen keinerlei Spielraum. Ein Landwirt berichtete im<br />

Jahr 1790: „[...]was hilft es, wenn uns die berühmten Ökonomen Lobpredigen<br />

halten, so lange die politischen Hin<strong>der</strong>nisse nicht weggeräumt werden. Da meine<br />

Äcker mit an<strong>der</strong>en im Gemenge liegen, habe ich um Klee (Anm d. Verf.: gleiches<br />

muss demnach auch für Kartoffeln gegolten haben) bauen zu können Zäune ziehen<br />

müssen, die in einem o<strong>der</strong> zwei Jahren wie<strong>der</strong> abgebrochen werden müssen...“(Klein<br />

1969, 55). Die Bebauung <strong>der</strong> Brache (mit Kartoffeln) bedeutete zudem<br />

Konsequenzen für die Viehwirtschaft, da so Weidefläche verloren ging. Getreide<br />

anbauende Gutsbesitzer und Müller fürchteten ebenfalls, <strong>der</strong> zunehmende<br />

Kartoffelanbau könnte sich negativ auswirken. Weiterhin entstand den Inhabern<br />

des Kornzehnten durch die Substitution von Getreide mit Kartoffeln ein Einkommensverlust,<br />

wofür <strong>der</strong> Fall Pilgramsreuth ein Beispiel liefert.<br />

Durch die Aufhebung des Flurzwanges im Rahmen <strong>der</strong> Bauernbefreiung gegen<br />

Ende des 18. Jh. nahm <strong>der</strong> Kartoffelanbau schließlich entscheidend zu. Bereits<br />

während <strong>der</strong> ersten Jahrzehnte des 19. Jh. finden sich in <strong>der</strong> volksaufklärerischen<br />

Literatur bereits Anekdoten, in denen die Anfänge des Kartoffelanbaus zwar noch<br />

erinnerbar sind, aber bereits wie Erzählungen aus einer längst vergangenen Zeit<br />

erscheinen. (Museumsdorf Cloppenburg 1992, 76) Vorangetrieben von steigenden

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