Schauplätze der Umweltgeschichte - Werkstattbericht - SUB Göttingen
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42<br />
Musterbeispiel<br />
Der ehemalige Sortenreichtum verdankte sich<br />
vor allem <strong>der</strong> Beharrlichkeit, Experimentierfreude<br />
und dem Weitblick früherer<br />
Obstzüchter, <strong>der</strong>en Zuchterfolge die<br />
menschliche Kulturgeschichte <strong>der</strong> letzten 3000<br />
Jahre bereicherten. Das Gen-Zentrum <strong>der</strong><br />
meisten Obstsorten liegt im nacheiszeitlichen<br />
Kaukasus und östlich angrenzen<strong>der</strong> Gebiete.<br />
Von dort gelangten geeignete Wildformen z.B.<br />
von Apfel und Birne über Kleinasien nach<br />
Europa. Sie wurden mindestens seit 3000<br />
Jahren von frühen Kulturformen begleitet. Die<br />
Obstkultur ist um 1000 v.Chr. in Griechenland<br />
nachweisbar,<br />
sie gelangt von<br />
hier nach<br />
Apfelmodell “Neuzerling“ Italien und um<br />
die Zeitenwende<br />
nach West- und Mitteleuropa. Frühe Kulturformen<br />
von Pflaume, Aprikose und Pfirsich<br />
stammen aus dem vorchristlichen Kleinasien und<br />
wurden von den Römern nach Europa eingeführt,<br />
ebenso die Süßkirsche aus dem Schwarzmeerraum.<br />
Sie gehören damit, wie die Getreidesorten, zu den<br />
ersten absichtsvoll nach Europa eingeführten<br />
Pflanzen.<br />
Ein Supermarkt durchschnittlicher Größe bietet<br />
heute praktisch ganzjährig die immer gleichen vier Birnenmodell „Große Rouselet<br />
bis sechs Apfelsorten an, wobei diese aus<br />
Frankreich, Neuseeland o<strong>der</strong> Chile u.a. kommen können. Allein für den Transport<br />
nur eines Apfels aus Chile o<strong>der</strong> Neuseeland nach Deutschland werden 7 bis 10 ml<br />
Treibstoff (Land- und Seefracht) verbraucht.<br />
Ebenfalls in eine Bilanz-Betrachtung mit einzubeziehen sind die mit dem Rückgang<br />
<strong>der</strong> Obstpflanzenvielfalt zu verzeichnenden Verluste von genetischen Informationen,<br />
auf denen eine mögliche Klima-, Schädlings- bzw. Krankheitsresistenz<br />
ihrer Träger beruhte. Die erneute Nutzung wi<strong>der</strong>standsfähiger Landsorten anstelle<br />
anfälliger Hochleistungszüchtungen, die u.a. den erheblichen Einsatz von Pestiziden<br />
erfor<strong>der</strong>lich machen, ist daher ein aktuelles Forschungsziel von Zuchtbetrieben<br />
und Pflanzenschutzmittel-Herstellern.