Schauplätze der Umweltgeschichte - Werkstattbericht - SUB Göttingen
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Ursprünge des Kartoffelanbaus<br />
während an<strong>der</strong>e Feldfrüchte unter diesen Bedingungen geringere Erträge versprachen.<br />
Regenreiche Sommer führten im Allgemeinen zu Ausfällen in <strong>der</strong> Getreideernte<br />
mit daraus folgen<strong>der</strong> Nahrungsknappheit. Dies war wohl auch einer <strong>der</strong><br />
Gründe, warum sich die Kartoffel bis zur Mitte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts zum Hauptnahrungsmittel<br />
<strong>der</strong> irischen Bevölkerung entwickelte. Beson<strong>der</strong>s die ärmeren<br />
Schichten ernährten sich größtenteils nur von Kartoffeln und Milch. Ein einseitiger,<br />
aber aus ernährungsphysiologischer Sicht vollwertiger Speiseplan.<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wurden Vorurteile gegenüber <strong>der</strong> Kartoffel<br />
abgebaut<br />
Das wohlhaben<strong>der</strong>e England betrachtete die kartoffellastige Ernährung ihrer irischen<br />
Nachbarn mit Argwohn. In den wohlhabenden Kreisen galten Kartoffeln als<br />
Nahrung für Arme mit min<strong>der</strong>wertigem Nährwert und auch unter den englischen<br />
Bauern konnte sie sich nicht durchsetzten. Der traditionelle Speiseplan enthielt<br />
ohnehin nur wenig Gemüse dafür aber umso mehr Brot und auch Fleisch. Mit<br />
ähnlichen Problemen hatte die Kartoffel ebenso in deutschen Landen zu kämpfen.<br />
Beson<strong>der</strong>s die Verwandtschaft zur Tollkirsche und zum schwarzen Nachtschatten<br />
führte zu so manchem Aberglauben unter <strong>der</strong> ländlichen Bevölkerung. Die nur im<br />
Dunkeln und tief unter <strong>der</strong> Erde wachsende Knolle erschien unheimlich, geradezu<br />
teuflisch. Diese Meinungen festigten sich, nachdem infolge des Verzehrs <strong>der</strong> ungekochten/unreifen<br />
Knollen o<strong>der</strong> des Blattwerks Vergiftungserscheinungen auftraten.<br />
In <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts hatten sich die europäischen Bevölkerungszahlen<br />
von den Verlusten des Dreißigjährigen Krieges erholt und stiegen<br />
weiter an. Die Nahrungsversorgung wurde angesichts <strong>der</strong> wachsenden Bevölkerung<br />
und <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holt durch feuchte Sommer auftretenden Getreidemissernten<br />
und Hungersnöte zu einem wichtigen politischen Thema. Nicht zuletzt da eine<br />
geregelte Nahrungsversorgung für Wirtschaft und Staatskasse äußerst bedeutsam<br />
war. Neben einer Vergrößerung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Nutzfläche durch Eindeichung<br />
o<strong>der</strong> Meliorationen galt es vor allem die allgemeinen landwirtschaftlichen<br />
Methoden zu verbessern. Hierbei wurde zunehmend die Bedeutung <strong>der</strong> Einbindung<br />
<strong>der</strong> Kartoffel in das Agrarsystem erkannt. Ein bekanntes Beispiel für die<br />
Bemühungen <strong>der</strong> Landesherren, die Landwirtschaft zu mo<strong>der</strong>nisieren, liefert Friedrich<br />
<strong>der</strong> Große mit seinem berühmt gewordenen „Kartoffelbefehl“. Es handelt<br />
sich hierbei um eine Or<strong>der</strong> vom 24.03.1756 an alle Landräte und Beamte, in <strong>der</strong><br />
von höchster Stelle die „Anpflantzung <strong>der</strong> so genannten Tartoffeln [..] ernstlich<br />
anbefohlen“ wird. Der Befehl resultierte aus <strong>der</strong> Erkenntnis, dass die preußischen<br />
Bauern aus eigener Motivation nicht zum Anbau <strong>der</strong> Kartoffeln übergingen. („Da<br />
Wir nun bemercket, daß man sich in Schlesien mit Anziehung dieses Gewächses an<br />
denen mehresten Orten nicht son<strong>der</strong>lich abgiebet“) Der Or<strong>der</strong> von 1756 folgte im<br />
April des nächsten Jahres eine weitere Circulare Friedrich II., in <strong>der</strong> Anbau- und<br />
Zubereitungstechniken detailliert beschrieben sind („Da wir nun aus denen einge-<br />
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