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Haus Gerolzhofen - Dr. Loew

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8<br />

_SOZIALPOLITIK<br />

Fortsetzung: Lebensqualität aus Nutzersicht<br />

Forschungsprodukt:<br />

Befragungsinstrument zur<br />

nutzerorientierten Evaluation<br />

von Wohneinrichtungen<br />

Zentrales Forschungsprodukt der<br />

empirischen Studie ist ein sorgfältig<br />

konstruiertes und geprüftes Erhebungsinstrument,<br />

das sowohl dem Untersuchungsgegenstand<br />

als auch der<br />

Zielgruppe gerecht wird. Der teilstandardisierte<br />

Fragebogen fokussiert folgende<br />

Kerndimensionen von Lebensqualität<br />

(vgl. Abb. 2):<br />

subjektives Wohlbefinden - als „Zufriedenheit<br />

in Lebensbereichen“ sowie<br />

als „Freiheit von subjektiver Belastung“,<br />

Selbstbestimmungsmöglichkeiten<br />

- als „Wahlfreiheiten und Reglementierungen“<br />

in Bezug auf die Alltagssituation<br />

der Bewohner/innen und<br />

strukturelle Aspekte der Unterstützungsorganisation<br />

sowie<br />

Partizipation am gemeinschaftlichen<br />

und kulturellen Leben - als die Ausübung<br />

von „sozialen Aktivitäten“<br />

außerhalb des unmittelbaren Wohnbereichs.<br />

<strong>Dr</strong>.<strong>Loew</strong> PERSPEKTIVE 2009<br />

Das Instrument beinhaltet Auswertungsroutinen,<br />

um die Merkmalsausprägungen<br />

bei den befragten Personen<br />

quantitativ abbilden und vergleichen zu<br />

können („additive Indizes“).<br />

Im Rahmen einer groß angelegten Studie<br />

(Stichprobe von ca. 140 Personen<br />

aus knapp 50 Wohneinheiten) wurde<br />

der Fragebogen in „Face-to-face“-Interviews<br />

erprobt und statistisch überprüft.<br />

Die an der Untersuchung beteiligten<br />

Einrichtungen repräsentieren ein<br />

breites Angebotsspektrum im stationären<br />

Wohnbereich - von größeren Wohnheimen<br />

und Komplexeinrichtungen bis hin<br />

zu Außenwohngruppen und stationärem<br />

Einzel- und Paarwohnen.<br />

Die wissenschaftliche Güte des Befragungsinstruments<br />

wird durch eine<br />

Vielzahl von empirischen Ergebnissen<br />

gestützt, sodass von einem validen Verfahren<br />

ausgegangen werden kann (vgl.<br />

ebd., 223ff.). Zudem wurde im Rahmen<br />

einer methodenanalytischen Studie die<br />

grundsätzliche Anwendbarkeit des Interviews<br />

als Erhebungsform überprüft (vgl.<br />

ebd., 301ff.). Deren Ergebnisse weisen<br />

darauf hin, dass mit Nutzerbefragungen<br />

eine solide Datenqualität erreicht werden<br />

kann, welche fundierte Aussagen<br />

über subjektive Wahrnehmungen und<br />

Bewertungen von Menschen mit geistiger<br />

Behinderung erlaubt.<br />

Abbildung 2<br />

Abbildung 3<br />

Einfluss von<br />

personenbezogenen<br />

und strukturellen<br />

Variablen auf die<br />

Lebensqualität<br />

Im Rahmen der inhaltlichen<br />

Analyse der Lebensqualitätsdimensionen<br />

wurde<br />

untersucht, inwiefern sich<br />

bestimmte Personengruppen<br />

in ihren Zufriedenheitsniveaus<br />

bzw. dem<br />

Ausmaß an Wahlfreiheiten<br />

unterscheiden.<br />

Personen mit hohem<br />

Hilfebedarf sind unzufriedener<br />

und erleben weniger<br />

Wahlfreiheiten<br />

Ein hervorstechendes Untersuchungsergebnis<br />

ist,<br />

dass Personen mit hohem<br />

Hilfebedarf in allen Bereichen<br />

die geringste Zufriedenheit<br />

zeigen, am deutlichsten<br />

beim Subindex<br />

„Zufriedenheit mit den Freizeitmöglichkeiten“.<br />

Zugleich<br />

äußern Menschen mit höheremUnterstützungsbedarf<br />

weniger Wahlfreiheiten.<br />

Augenscheinlich erleben diese Personen<br />

häufiger, aufgrund fehlender Unterstützung<br />

auf Unternehmungen verzichten zu<br />

müssen, lange auf Hilfen warten zu müssen<br />

bzw. die Unterstützungsperson nicht<br />

selbst auswählen zu können.<br />

Personen in kleinen Wohneinheiten<br />

sind zufriedener und erleben mehr<br />

Wahlfreiheiten<br />

Als weiteres zentrales Ergebnis konnte<br />

festgehalten werden, dass die höchsten<br />

Zufriedenheitswerte und Wahlfreiheiten<br />

bei Personen festzustellen sind, die in<br />

kleinen, relativ autonom organisierten<br />

Wohneinheiten mit einem hohen Maß<br />

an Privatheit und Rückzugsmöglichkeiten<br />

leben (Einzel- und Paarwohnen,<br />

Appartements ohne Wohngruppenbezug<br />

oder sehr kleine Wohngruppen bis<br />

zu drei Personen).<br />

Zusammenhang zwischen<br />

Wohlbefinden und Wahlfreiheiten<br />

Zudem wurde überprüft, inwiefern die<br />

Lebensqualitätsdimensionen „subjektives<br />

Wohlbefinden“ und „Wahlfreiheiten“<br />

in einem Zusammenhang stehen. Dazu<br />

wurde der Index „Wahlfreiheiten“ in drei<br />

Klassen überführt und die durchschnittlichen<br />

Zufriedenheitsniveaus miteinander<br />

verglichen.<br />

Die Boxplots (vgl. Abb. 3) illustrieren,<br />

dass nicht nur die Mediane der Zufriedenheitswerte<br />

von links nach rechts<br />

deutlich ansteigen (also von wenig<br />

Wahlfreiheiten zu viel Wahlfreiheiten),<br />

sondern auch der mittlere Wertebereich<br />

(also die Lage der Box). Somit bestätigt<br />

sich die Hypothese, dass ein positiver<br />

Zusammenhang zwischen Wahlfreiheiten<br />

und Wohlbefinden besteht,<br />

d.h.: Personen, die in ihrem Alltag viel<br />

Gestaltungsspielräume besitzen und<br />

Einfluss auf die Art ihrer Unterstützung<br />

nehmen können, berichten über eine<br />

signifikant höhere Zufriedenheit mit ihrer<br />

Lebenssituation und geringere subjektive<br />

Belastungen.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Zusammenfassend liegt der Ertrag der<br />

Studie auf mehreren Ebenen:<br />

Verantwortliche für die Gestaltung<br />

wohnbezogener Hilfen für Menschen<br />

mit Behinderung erhalten ein<br />

praxisrelevantes Rüstzeug für die<br />

Umsetzung nutzerorientierter Evaluationsverfahren.<br />

Die Arbeit liefert<br />

ein empirisch geprüftes und ökonomisches<br />

Instrument, das dazu<br />

einlädt, es in der Praxis zu nutzen<br />

und daraus eigene Schlüsse zu ziehen.<br />

Das Instrument kann im Rahmen<br />

von Qualitätsmanagement-

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