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OBS-Arbeitspapier

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Ausverkauf des Journalismus?<br />

Marvin Oppong<br />

Vorwort<br />

„Was kommt 2016 auf die Agenda in Berlin?“ fragt der „Tagesspiegel“ in seiner Einladung zur<br />

„Agenda 2016“-Konferenz und verspricht, dass der Zuschauer dort „aus erster Hand“ von „Spitzenvertretern“<br />

aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erfährt, was in Zukunft wichtig wird.<br />

Die Konferenz ein Jahr zuvor – die „Agenda 2015“ – war in der Öffentlichkeit sehr umstritten<br />

und wurde heftig kritisiert. Wenn sich Wirtschaftsverbände mit Geldzahlungen u. a. Plätze auf<br />

den Podien der Veranstaltung kaufen und Redner platzieren können, drohe eine Vermischung<br />

von redaktioneller Arbeit und finanziellen Interessen der Verlage und Wirtschaftsverbände,<br />

hieß es auf der einen Seite. Auf der anderen Seite wurde befürchtet, dass damit letztendlich<br />

ein weiterer Verlust der journalistischen Objektivität und Unabhängigkeit einherginge. So hoch<br />

die Wellen der Aufregung auch schlugen, so schnell ebbten sie jedoch auch wieder ab.<br />

Die Geschäftspraxis, für die die „Tagesspiegel“-Konferenz nur exemplarisch steht, scheint<br />

trotz der kurzfristigen Kritik an der „Agenda 2015“ bisher auf wenig und kaum dauerhaftes<br />

Interesse zu stoßen. Dabei war diese „Agenda“-Konferenz des „Tagesspiegels“ mit der anschließenden<br />

Kurz-Debatte nur die Spitze eines Eisberges. Denn für Medienverlage sind Veranstaltungskooperationen<br />

mit Unternehmen und Verbänden längst ein einträgliches Geschäftsmodell<br />

geworden. Ein Geschäftsmodell allerdings auch, das von der Öffentlichkeit noch nicht<br />

genügend mit der notwendigen kritischen Aufmerksamkeit verfolgt wird.<br />

Dieser Eindruck muss zumindest aufkommen, wenn man die Ergebnisse der Recherchen<br />

unseres Autors Marvin Oppong richtig deutet. Der Investigativ-Journalist und Dozent für Recherchetechniken<br />

hat die schwerwiegenden Bedenken aus der „Agenda“-Konferenz-Debatte<br />

aufgegriffen und zum Anlass genommen, sich dieses Themas anzunehmen und speziell die<br />

Kooperationen mit Lobbyorganisationen genauer zu betrachten. Er wirft einen explorativen<br />

Blick auf ein bisher kaum bearbeitetes Feld. Durch sehr aufwendige Recherchearbeiten ist es<br />

ihm gelungen, erstmals das Ausmaß dieser Kooperationen aufzeigen zu können. Sein Fazit: Für<br />

alle Verlage der großen deutschen Zeitungen ist dieser Geschäftszweig mittlerweile zu einem<br />

lukrativen Nebengeschäft geworden.<br />

In seiner Recherchearbeit systematisiert Marvin Oppong aber auch die geäußerten Bedenken<br />

und möglichen Folgen solcher Kooperationen. Er greift die wichtigsten Aspekte auf und<br />

stellt zentrale Fragen: Gibt es Anzeichen dafür, dass die Unabhängigkeit untergraben oder die<br />

Objektivität der Zeitungsredaktionen minimiert werden? Lassen sich direkte Einflussnahmen<br />

auf Inhalte oder Themen feststellen? Die Ergebnisse deuten zumindest auf erhebliche Probleme<br />

hin: Der weitverbreitete Einbezug von Redaktionsmitgliedern in von Lobbyorganisationen<br />

mitunter mitorganisierte oder -finanzierte Veranstaltungen oder die zeitnahe Berichterstattung<br />

über den Kooperationspartner führen den Autor zu der Annahme, dass hier große Risiken für<br />

<strong>OBS</strong>-<strong>Arbeitspapier</strong> 21<br />

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