OBS-Arbeitspapier
AP21_Lobby_final
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Marvin Oppong<br />
Ausverkauf des Journalismus?<br />
2. Problemstellung und analytisches Vorgehen<br />
Die vorliegende Studie geht von der normativen Grundlage aus, dass unabhängige und objektive<br />
Medien für eine funktionierende Demokratie notwendig sind und grundsätzlich ausschließlich<br />
diese beiden Kriterien ihnen die Legitimation verleihen, als vierte Gewalt funktionieren zu dürfen.<br />
Wenn Verlage nun aber ihr Geld nicht mehr nur mit Journalismus verdienen, erhöhen sie<br />
theoretisch die Gefahr, immer abhängiger von ihren „Nebengeschäften“ zu werden und ihre<br />
Inhalte immer stärker an die Positionen derjenigen anzunähern, über die sie eigentlich kritisch<br />
berichten sollen. Im Folgenden wird dargestellt, inwiefern vom hier untersuchten Konferenzgeschäft<br />
eine solche Gefahr ausgeht und welche Grundannahmen der Studie diesbezüglich<br />
vorliegen. Die mögliche Annäherung an wirtschaftliche bzw. Lobbyinteressen und ihre äußere<br />
Darstellung wird dabei für die vorliegende Untersuchung grob in drei mögliche Aspekte zerlegt:<br />
Erstens kann sich eine solche Annäherung schlicht über ökonomische Zwänge im Sinne finanzieller<br />
Abhängigkeit vollziehen. Trägt beispielsweise ein bestimmtes Unternehmen, eine bestimmte<br />
Branche oder eine politische Gruppierung maßgeblich zum Umsatz des Verlages bei, kann vermutet<br />
werden, dass in der journalistischen Berichterstattung Rücksicht auf die entsprechenden Akteure<br />
genommen wird, um diese auch als zukünftige Einnahmequelle zu erhalten. Diese Thematik<br />
beschäftigt den Journalismus schon seit langem, da die Gefahr dieser Form des Einflusses auch<br />
schon im Falle der maßgeblichen Finanzierung durch den Verkauf von Werbeanzeigen besteht. 5<br />
Um damit umzugehen, haben die Medien bestimmte Regelungen entwickelt, die trotz der hohen<br />
Bedeutung von Anzeigeverkäufen die journalistische Unabhängigkeit bewahren sollen. Beispiele<br />
sind hier die Trennung von Anzeigenabteilung und Redaktion sowie weitere selbstauferlegte Regeln<br />
zum Umgang mit diesem Thema, die im Pressekodex des Deutschen Presserats festgehalten<br />
sind. Das Konferenzgeschäft trägt somit als weitere nicht-originär journalistische Einnahmequelle<br />
zu dieser Problematik bei. Eventuell verschärft es diese sogar noch, da das Feld möglicher Kooperationspartner<br />
für Konferenzen deutlich kleiner sein dürfte als das – vermutlich breiter gestreute<br />
– Geschäft mit Anzeigenkunden. Die beiden folgenden Aspekte weisen allerdings über diese bekannte<br />
Problematik des Journalismus bzw. des Verlagsgeschäftes hinaus.<br />
Es entsteht zweitens die Gefahr der inhaltlichen Beeinflussung der Konferenz. Beschränkt<br />
sich der Einfluss von Anzeigenkunden in der Regel auf den bloßen Inhalt der Anzeigen, können<br />
im Fall von Kooperationen mit Lobbyverbänden bei Konferenzen diese Interessenverbände<br />
mitunter Einfluss auf das Thema bzw. das Programm eines Events oder die Redner oder Dis-<br />
5 Vgl. Barbara Baerns (2004): Leitbilder von gestern. Zur Trennung von Werbung und Programm. In: dies. (Hrsg.): Leitbilder von gestern.<br />
Zur Trennung von Werbung und Programm. Eine Problemskizze und Einführung. Springer VS, S. 15–29.<br />
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