OBS-Arbeitspapier
AP21_Lobby_final
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Ausverkauf des Journalismus?<br />
Marvin Oppong<br />
Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident und Hauptgeschäftsführer, Wirtschaftsvereinigung Stahl<br />
Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer, Verband der Chemischen Industrie<br />
Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer, Bitkom<br />
Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer, Handelsverband Deutschland<br />
Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie<br />
Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand, WWF Deutschland<br />
Vertreten war zudem Martin Zentgraf, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen<br />
Industrie, und Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen<br />
Handwerks. Die beiden Verbände waren bei der ersten „Agenda“-Konferenz jeweils mit ihrem<br />
Haupt geschäftsführer vor Ort. An einer „Expertendiskussion“, die von der „Tagesspiegel“-<br />
Redakteurin Dagmar Dehmer moderiert wurde, nahm unter anderem der stellvertretende<br />
Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, 48 teil. Eine E-Mail des „Tagesspiegel“-Herausgebers<br />
Sebastian Turner versprach: „Persönlicher Austausch mit hochrangigen<br />
Experten aus Bundesregierung, Ministerien, Bundestag, Verbänden, NGOs, Medien und<br />
Wissen schaft“. Sie zitierte auch die BDEW-Cheflobbyistin Hildegard Müller mit den Worten, die<br />
erste „Agenda“-Konferenz „kommt auf den Punkt“.<br />
Allerdings gibt sich der Verlag Der Tagesspiegel jetzt etwas weniger wirtschaftsnah: Auf den<br />
Panels der zweiten „Agenda“-Konferenz waren mehr NGOs vertreten, die keine Wirtschaftslobbyverbände<br />
sind, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Auf die Frage, ob<br />
die Lobbyorganisationen im Rahmen der Veranstaltung Zahlungen an den Verlag Der Tagesspiegel<br />
leisteten, ähnlich wie der VCI für das Fachforum bei der „Agenda 2015“-Konferenz,<br />
erklärte Sandra Friedrich, Leiterin der Unternehmenskommunikation beim Verlag Der Tagesspiegel:<br />
„Für die Konferenz ,Agenda 2016‘ gibt es die Möglichkeit, Aussteller zu werden,<br />
Anzeigen zu schalten und Eintrittskarten zu erwerben.“<br />
Der Fall des Verlags Der Tagesspiegel ist hier kein Einzelfall, sondern ein Extrembeispiel.<br />
Die Grundannahme der vorliegenden Arbeit ist, dass dieses Beispiel Ausdruck eines strukturellen<br />
Phänomens ist – der geringer werdenden Distanz zwischen Medien auf der einen Seite<br />
und Lobbyismus und Wirtschaft auf der anderen Seite. Das Konferenzgeschäft als neue Form<br />
dieser Entwicklung, so die Vermutung der Studie, schafft insbesondere Gelegenheitsstrukturen<br />
der Interessenangleichung und -übernahme zwischen Medien und Lobbyismus und begünstigt<br />
somit Fälle wie die des „Tagesspiegels“.<br />
48 Siehe zu Michael Fuchs auch den Abschnitt zur „Verlagsgruppe Handelsblatt“ über die „Kooperation mit dem Verband der Chemischen<br />
Industrie“ in Anhang I.<br />
<strong>OBS</strong>-<strong>Arbeitspapier</strong> 21<br />
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