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OBS-Arbeitspapier

AP21_Lobby_final

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Ausverkauf des Journalismus?<br />

Marvin Oppong<br />

der Medien durch Anzeigen in Frage stellen.“ Verlage, so Ziesemer weiter, sollten auch Auskunft<br />

über ihre geschäftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit Lobbyorganisationen geben.<br />

Wie schon erwähnt, agieren die Medienhäuser hinsichtlich ihrer Veranstaltungen stellenweise<br />

intransparent. Dies überrascht, sind es nicht zuletzt doch auch Journalisten dieser Häuser,<br />

die von anderen Rechenschaft und Transparenz einfordern und die Investigativ-Ressorts<br />

betreiben. Selbst wollen einige Verlage aber keine Fragen beantworten.<br />

Der Verlag Axel Springer behält den Preis, den man zahlen muss um Kooperationspartner einer<br />

„Welt-Konferenz“ zu werden, für sich. Die Verlagsgruppe Handelsblatt wollte keine Angaben<br />

zu ihren Umsätzen mit Veranstaltungen machen, bei denen Lobbyorganisationen eingebunden<br />

sind. Ebenso die „Zeit“, die ebenfalls keine Geschäftszahlen in diesem Bereich bekannt gibt.<br />

Der Verein Zukunft Erdgas gibt keine öffentliche Auskunft darüber, in welcher Höhe er sich an<br />

der Finanzierung der „Zeit Konferenz Erdgas & Klimaschutz“ beteiligt. Zwar kann im Allgemeinen<br />

von Lobbyverbänden, was Transparenz angeht, sicherlich nicht dasselbe verlangt werden<br />

wie von Verlagshäusern. Doch warum sollte der Partner eines Mediums weniger transparent<br />

sein als dieses selbst, wenn es um ein gemeinsames Projekt geht?<br />

Mangelnde Transparenz zeigt sich auch bei der Ausflaggung der Veranstaltungen. So<br />

bewirbt das „Handelsblatt“ den Event zwar selbst als „Handelsblatt Jahrestagung Chemie“.<br />

Als Journalist, der sich mit der Veranstaltung befasst, kann und darf man aber korrekterweise<br />

noch nicht einmal von einem Event des „Handelsblatts“ sprechen, weil verantwortlich für die<br />

Tagung nicht das „Handelsblatt“ zeichnet, sondern dessen Partner Euroforum. Gleiches ist<br />

der Fall beim Süddeutschen Verlag mit seiner Veranstaltungstochter sowie bei der „Zeit“, den<br />

„Zeit Konferenzen“ und ihrem Partner Convent. Auf der einen Seite lagern die Medienhäuser<br />

die Veranstaltungen aus, andererseits nutzen sie ihren Markennamen, um gerade mit diesem<br />

zahlungskräftige Partner anzuziehen.<br />

Das Maß an Transparenz zeigt sich auch in der Sprachwahl: Wer kann sich schon vorstellen,<br />

was sich hinter Begriffen wie „Knowledge Partner“ oder „strategischer Partner“ genau verbirgt?<br />

Der Fall der „Handelsblatt Jahrestagungen Chemie“ zeigt außerdem, dass Lobbyverbände<br />

Einfluss ausüben auf den Inhalt der Events, die einen unabhängigen und sachlichen Anspruch<br />

haben – etwa wenn der Verband der Chemischen Industrie (VCI) Vertreter aus VCI-Gremien<br />

vermittelt. Dies ist auch der Fall bei der ersten „Agenda“-Veranstaltung des „Tagesspiegels“,<br />

bei der der VCI den Hauptgeschäftsführer des VCI als Redner benennen konnte.<br />

Timo Lange von der Organisation Lobbycontrol findet: „Die Recherchen zeigen erstmalig<br />

umfassend, wie Medienkonzerne und Verlage – insbesondere bei Veranstaltungen – in<br />

verschiedenen Formen mit Lobbyorganisationen kooperieren. Gerade vor dem Hintergrund<br />

einer Medienkrise erscheint es problematisch, wenn die Distanz zwischen Medien und Lobby<br />

geringer wird.“ Sinkende Auflagen und Werbeeinnahmen dürften nicht zu einem Einfallstor<br />

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