16.03.2016 Aufrufe

OBS-Arbeitspapier

AP21_Lobby_final

AP21_Lobby_final

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ausverkauf des Journalismus?<br />

Marvin Oppong<br />

kussionsteilnehmer – also kurz auf die Inhalte der Veranstaltung – nehmen. 6 Dies ist dann<br />

problematisch, wenn die Veranstaltungen mit dem Namen der Zeitung, d. h. unter Verwendung<br />

der „Marke“, beworben und ausgerichtet werden, da dies dem potenziellen Teilnehmer die gewohnte<br />

journalistische Objektivität und Unabhängigkeit suggeriert – und eine Kategorisierung<br />

der Veranstaltungen als „Werbung“ durch die Verlage nicht gegeben ist.<br />

Hinzu kommt drittens, dass mitunter Redaktionsmitglieder an den Veranstaltungen mitwirken,<br />

z. B. als Moderator oder Keynote Speaker 7 , oder dass später im redaktionellen Teil<br />

über die Veranstaltung berichtet wird. Hier kommt es dann zu einer Vermischung von rein<br />

redaktioneller Tätigkeit der Journalisten und Mitwirkung an den Nebengeschäften der Verlage.<br />

Mit der personellen oder inhaltlichen Einbindung der Redaktionen in das Konferenzgeschäft<br />

entstehen Gelegenheitsstrukturen – z. B. durch das Knüpfen persönlicher Kontakte, durch die<br />

Einseitigkeit der thematischen Argumente –, die die Möglichkeiten der Interessenangleichung<br />

zwischen Journalisten und Lobbyisten bzw. einer Verminderung der kritischen Perspektive der<br />

Journalisten erhöhen. Eine spätere Berichterstattung suggeriert weiterhin – je nach Art der<br />

Transparenz der Einbindung des eigenen Verlages und des Lobbyverbandes unterschiedlich<br />

stark – einen objektiven Nachrichtenwert der Veranstaltung und ihrer Inhalte. In diesem Falle<br />

ist das Konferenzgeschäft Teil der zunehmenden Aufweichung der Grenzziehung zwischen PR<br />

und Journalismus, die immer wieder konstatiert wird. 8 Das Geschäft mit Sonderbeilagen, mit<br />

Corporate Publishing (d. h. die Produktion publizistischer Produkte durch die Redaktionen für<br />

Unternehmen), Native Advertising (als redaktioneller Beitrag getarnte Werbung) oder Content<br />

Marketing (Informationsangebote, durch die sich das werbende Unternehmen beiläufig profiliert)<br />

sind dabei weitere Einnahmequellen der Verlage, die in besonderer Weise mit wirtschaftlichen<br />

und sonstigen Interessen einzelner Akteure verbunden sind. 9<br />

Wird die Mitwirkung der Redaktionsmitglieder nun mit einer hohen inhaltlichen Beeinflussung<br />

der Konferenz (Aspekt zwei) kombiniert, verstärkt dies die Relevanz des dritten Aspektes<br />

und die Gefahr der Gelegenheitsstrukturen. 10<br />

6 Vgl. dazu die Kritik von Lobbycontrol: https://www.lobbycontrol.de/2014/12/agenda-2015-der-tagesspiegel-als-lobbydienstleister/<br />

[abgerufen am 17.01.2016].<br />

7 Vgl. den Abschnitt zu „Verlag Der Tagesspiegel“ in Anhang I.<br />

8 Vgl. beispielhaft: https://netzwerkrecherche.org/wp-content/uploads/2014/07/nr-werkstatt-08-getrennte-welten.pdf [abgerufen am<br />

27.01.2016], besonders Seite 12–18.<br />

9 Vgl. beispielhaft zum Thema Content Marketing: http://www.zweite-aufklaerung.de/content-marketing-maechtige-konkurrenz-fuer-denjournalismus-teil-1/<br />

[abgerufen am 17.01.2016].<br />

10 Es gibt jedoch auch gute Argumente, bei der Bewertung der Aspekte zwei und drei noch deutlich strenger zu sein, als es die vorliegende<br />

Studie an diesen Stellen ist. Matthias Rath, Professor für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle Jugend – Medien – Bildung<br />

an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Mitglied des Netzwerks Medienethik urteilt: „Medien sind in gewisser Weise die<br />

beobachtenden Repräsentanten der Bürger – quasi der Gegenpart zu den politisch agierenden Repräsentanten in Parlament und Regierung.“<br />

Als Geschäftspartner jedoch bewegten sich die Medienhäuser „unweigerlich in einem Interessenkonflikt. Und es ist dabei völlig<br />

unerheblich, ob die Verbände die Event-Gestaltung (Themen, Ablauf und Referenten) mitbestimmen oder nicht. Als Eventpartner sind die<br />

Medienhäuser ,part of the game‘. Daher verbietet sich der Anspruch, zugleich über diesen Event journalistisch unabhängig berichten zu<br />

können.“ Die Funktion der Medien als „beobachtende, berichtende und kommentierende Instanz“ könne nur gelingen, „wenn sie in der<br />

Öffentlichkeit, in der Gesellschaft, Vertrauen in ihre Wahrhaftigkeit, Unabhängigkeit und Objektivität genießen. Schon der Anschein, der<br />

Verdacht oder die Befürchtung einer Interessenvermischung ist für dieses Vertrauen schädlich – und damit schädlich für ein Lebenselixier<br />

moderner, medialisierter Gesellschaften.“<br />

<strong>OBS</strong>-<strong>Arbeitspapier</strong> 21<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!