OBS-Arbeitspapier
AP21_Lobby_final
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Ausverkauf des Journalismus?<br />
Marvin Oppong<br />
kussionsteilnehmer – also kurz auf die Inhalte der Veranstaltung – nehmen. 6 Dies ist dann<br />
problematisch, wenn die Veranstaltungen mit dem Namen der Zeitung, d. h. unter Verwendung<br />
der „Marke“, beworben und ausgerichtet werden, da dies dem potenziellen Teilnehmer die gewohnte<br />
journalistische Objektivität und Unabhängigkeit suggeriert – und eine Kategorisierung<br />
der Veranstaltungen als „Werbung“ durch die Verlage nicht gegeben ist.<br />
Hinzu kommt drittens, dass mitunter Redaktionsmitglieder an den Veranstaltungen mitwirken,<br />
z. B. als Moderator oder Keynote Speaker 7 , oder dass später im redaktionellen Teil<br />
über die Veranstaltung berichtet wird. Hier kommt es dann zu einer Vermischung von rein<br />
redaktioneller Tätigkeit der Journalisten und Mitwirkung an den Nebengeschäften der Verlage.<br />
Mit der personellen oder inhaltlichen Einbindung der Redaktionen in das Konferenzgeschäft<br />
entstehen Gelegenheitsstrukturen – z. B. durch das Knüpfen persönlicher Kontakte, durch die<br />
Einseitigkeit der thematischen Argumente –, die die Möglichkeiten der Interessenangleichung<br />
zwischen Journalisten und Lobbyisten bzw. einer Verminderung der kritischen Perspektive der<br />
Journalisten erhöhen. Eine spätere Berichterstattung suggeriert weiterhin – je nach Art der<br />
Transparenz der Einbindung des eigenen Verlages und des Lobbyverbandes unterschiedlich<br />
stark – einen objektiven Nachrichtenwert der Veranstaltung und ihrer Inhalte. In diesem Falle<br />
ist das Konferenzgeschäft Teil der zunehmenden Aufweichung der Grenzziehung zwischen PR<br />
und Journalismus, die immer wieder konstatiert wird. 8 Das Geschäft mit Sonderbeilagen, mit<br />
Corporate Publishing (d. h. die Produktion publizistischer Produkte durch die Redaktionen für<br />
Unternehmen), Native Advertising (als redaktioneller Beitrag getarnte Werbung) oder Content<br />
Marketing (Informationsangebote, durch die sich das werbende Unternehmen beiläufig profiliert)<br />
sind dabei weitere Einnahmequellen der Verlage, die in besonderer Weise mit wirtschaftlichen<br />
und sonstigen Interessen einzelner Akteure verbunden sind. 9<br />
Wird die Mitwirkung der Redaktionsmitglieder nun mit einer hohen inhaltlichen Beeinflussung<br />
der Konferenz (Aspekt zwei) kombiniert, verstärkt dies die Relevanz des dritten Aspektes<br />
und die Gefahr der Gelegenheitsstrukturen. 10<br />
6 Vgl. dazu die Kritik von Lobbycontrol: https://www.lobbycontrol.de/2014/12/agenda-2015-der-tagesspiegel-als-lobbydienstleister/<br />
[abgerufen am 17.01.2016].<br />
7 Vgl. den Abschnitt zu „Verlag Der Tagesspiegel“ in Anhang I.<br />
8 Vgl. beispielhaft: https://netzwerkrecherche.org/wp-content/uploads/2014/07/nr-werkstatt-08-getrennte-welten.pdf [abgerufen am<br />
27.01.2016], besonders Seite 12–18.<br />
9 Vgl. beispielhaft zum Thema Content Marketing: http://www.zweite-aufklaerung.de/content-marketing-maechtige-konkurrenz-fuer-denjournalismus-teil-1/<br />
[abgerufen am 17.01.2016].<br />
10 Es gibt jedoch auch gute Argumente, bei der Bewertung der Aspekte zwei und drei noch deutlich strenger zu sein, als es die vorliegende<br />
Studie an diesen Stellen ist. Matthias Rath, Professor für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle Jugend – Medien – Bildung<br />
an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Mitglied des Netzwerks Medienethik urteilt: „Medien sind in gewisser Weise die<br />
beobachtenden Repräsentanten der Bürger – quasi der Gegenpart zu den politisch agierenden Repräsentanten in Parlament und Regierung.“<br />
Als Geschäftspartner jedoch bewegten sich die Medienhäuser „unweigerlich in einem Interessenkonflikt. Und es ist dabei völlig<br />
unerheblich, ob die Verbände die Event-Gestaltung (Themen, Ablauf und Referenten) mitbestimmen oder nicht. Als Eventpartner sind die<br />
Medienhäuser ,part of the game‘. Daher verbietet sich der Anspruch, zugleich über diesen Event journalistisch unabhängig berichten zu<br />
können.“ Die Funktion der Medien als „beobachtende, berichtende und kommentierende Instanz“ könne nur gelingen, „wenn sie in der<br />
Öffentlichkeit, in der Gesellschaft, Vertrauen in ihre Wahrhaftigkeit, Unabhängigkeit und Objektivität genießen. Schon der Anschein, der<br />
Verdacht oder die Befürchtung einer Interessenvermischung ist für dieses Vertrauen schädlich – und damit schädlich für ein Lebenselixier<br />
moderner, medialisierter Gesellschaften.“<br />
<strong>OBS</strong>-<strong>Arbeitspapier</strong> 21<br />
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