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FLUG REVUE 06/2016

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VIP-Interview<br />

Volker Thum ist seit 1. April 2015 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Luft- und<br />

Raumfahrtindustrie (BDLI). Zuvor arbeitete der Diplom-Wirtschaftsingenieur in leitenden Funktionen in<br />

Toulouse, Stade und in Hamburg bei Airbus. Zuletzt war er Chef des Werkes in Bremen.<br />

Bei immer mehr Messen weltweit<br />

tut sich die ILA schwer, ihre Position<br />

zu halten. Sind über die diesjährigen<br />

Anpassungen hinaus neue<br />

Konzepte notwendig?<br />

Es stimmt, es gibt heute mehr Messen,<br />

gleichzeitig wächst der Weltmarkt für<br />

Luftverkehr aber auch stark. Dennoch:<br />

Die ILA muss und wird sich weiterentwickeln,<br />

gerade um sich von anderen<br />

Messen noch stärker abzuheben. Das<br />

heißt konkret, dass wir auf die Stärken<br />

der ILA setzen wie Raumfahrt, Hubschrauber<br />

und das Konferenzprogramm.<br />

Im Vorgriff auf zukünftige Messen ab<br />

2018 haben wir folgende Themen eingearbeitet:<br />

Wir werden am 2. Juni erstmals<br />

einen ILA Startup Day durchführen, das<br />

heißt, wir integrieren ganz bewusst dynamische,<br />

junge Unternehmen. Auch<br />

werden wir den Stand des BMWi zum<br />

Thema „Futurelab“ mitgestalten und zukunftsweisende<br />

Themen der Nachhaltigkeit,<br />

Digitalisierung, Cyber, 3D-Druck<br />

präsentieren. Der Space Pavilion, weltweit<br />

Alleinstellungsmerkmal der ILA,<br />

wird das Thema „New Space“ im<br />

Schwerpunkt aufgreifen.<br />

Was die Industrie selbst betrifft,<br />

sind Sie mit der Entwicklung des<br />

letzten Jahres zufrieden?<br />

Die Branche entwickelt sich weiter<br />

positiv, doch dürfen wir die Herausforderungen<br />

angesichts neuer Wettbewerber<br />

nicht unterschätzen. Da andere<br />

billiger produzieren und über schnell<br />

wachsende Heimatmärkte verfügen,<br />

sind wir im Hochlohnland Deutschland<br />

zur Innovation verdammt.<br />

„Made in Germany“ muss weiterhin für<br />

absolute Spitzentechnologie stehen.<br />

Mit zahl reichen unverzichtbaren deutschen<br />

Beiträgen, zum Beispiel zur A350<br />

XWB und der A320neo, sind wir auf<br />

gutem Weg.<br />

Im zivilen Bereich werden die<br />

Produktionsraten weiter hochgefahren.<br />

Können die deutschen<br />

Zulieferer mithalten?<br />

„Wir sind im<br />

Hochlohnland<br />

Deutschland<br />

zur Innovation<br />

verdammt.“<br />

Absolut. Die deutsche Zulieferindustrie<br />

ist in den letzten Jahren kräftig gewachsen.<br />

Das liegt auch daran, dass unsere<br />

mittelständisch geprägten Zulieferer, die<br />

„hidden champions“ unserer Branche,<br />

zunehmend auf dem Weltmarkt erfolgreich<br />

sind. Es wird auf der Welt kaum<br />

noch ein Flugzeug produziert, das keine<br />

Teile oder Systeme „made in Germany“<br />

enthält.<br />

Der militärische Bereich ist seit<br />

Langem das Sorgenkind. Bringt die<br />

neue Militärische Luftfahrtstrategie<br />

hier eine Trendwende?<br />

Bei der militärischen Luftfahrt findet angesichts<br />

der sicherheitspolitischen Lage<br />

ein Umdenken statt. Es wird heute anerkannt,<br />

dass wir der Bundeswehr modernste<br />

und leistungsfähigste, weltweit<br />

teilweise einmalige Systeme zur Verfügung<br />

stellen und so ihre Einsatzfähigkeit<br />

Foto: BDLI<br />

überhaupt erst sichern. Die Militärische<br />

Luftfahrtstrategie ist Ausdruck dessen.<br />

Jetzt müssen konkrete Entscheidungen<br />

folgen, damit wir diese so schnell wie<br />

möglich umsetzen und wichtige Technologien<br />

im Land halten können.<br />

Die Raumfahrt steht durch neue<br />

US-Herausforderer wie SpaceX vor<br />

einem Umbruch. Ist die deutsche<br />

Industrie dafür gerüstet?<br />

Um ein Missverständnis auszuräumen:<br />

Die öffentliche Hand investiert in den<br />

USA viel mehr Geld in die Raumfahrt<br />

als wir Europäer. Davon profitieren<br />

Unternehmen wie SpaceX. Um wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben, muss die deutsche<br />

Raumfahrtindustrie ihre Technologieführerschaft<br />

bewahren. Doch das<br />

geht nur mit Aufträgen. Am Jahresende<br />

werden bei der ESA-Ministerratskonferenz<br />

die Weichen für die kommenden<br />

Jahre gestellt. Es ist von großer Bedeutung<br />

für die europäische Raumfahrt,<br />

dass die Bundesregierung die ESA weiterhin<br />

stark unterstützt, damit wir die<br />

positive Entwicklung unserer Raumfahrtindustrie<br />

in den vergangenen<br />

Jahren fortsetzen können.<br />

Neue Technologien wie 3D-Druck<br />

oder elektrische Antriebe erfordern<br />

hohe Forschungsaufwendungen.<br />

Gibt es genügend Unterstützung<br />

von der Bundesregierung?<br />

Das Luftfahrtforschungsprogramm ist<br />

zwar überschaubar, wirkt aber als<br />

Turbolader für unsere Branche. Für die<br />

Bundesregierung ist es eine sehr gute Investition:<br />

Jeder eingesetzte Euro rentiert<br />

sich fünffach. Nun stehen wir mit Industrie<br />

4.0 und Digitalisierung vor großen<br />

Umwälzungen. Wenn wir in Deutschland<br />

diese Entwicklungen aktiv gestalten,<br />

wird das ganze Land profitieren.<br />

Unsere Industrie ist dabei der Schlüssel,<br />

denn nirgends sind die Anforderungen<br />

an Technologie so hoch. Deshalb wünsche<br />

ich mir die Fortsetzung und den<br />

Ausbau der guten Zusammenarbeit. FR<br />

Die Fragen stellte Karl Schwarz<br />

4 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> ILA-EXTRA <strong>2016</strong><br />

www.flugrevue.de

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