FLUG REVUE 06/2016
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Fotos: ESA (6), OHB<br />
kation des Bodensegments, das die beiden<br />
Galileo-Kontrollzentren in Oberpfaffenhofen<br />
und im italienischen Fucino<br />
sowie ein globales Netz an Sendeund<br />
Empfangsstationen umfasst, wird<br />
nach Angaben der ESA gearbeitet. Der<br />
Prototyp, der nur den L1-Kanal nutzt,<br />
soll im Laufe dieses Jahres getestet werden.<br />
Dennoch zeigte sich Carlo des Doscheiterte<br />
2007 beinahe an Querelen um<br />
die Verteilung der Risiken zwischen<br />
öffentlicher Hand und dem privatwirtschaftlichen<br />
Satellitenkonsortium European<br />
Satellite Navigation Industries (ES-<br />
NI). Seitdem hat die EU-Kommission<br />
das Programm-Management übernommen,<br />
die ESA ist für den Aufbau und<br />
Betrieb von Galileo zuständig. Anders<br />
als ursprünglich geplant wird das System<br />
nun komplett aus Steuermitteln<br />
finanziert. Die EU lässt sich die Satellitennavigationsprogramme<br />
Galileo und<br />
EGNOS (European Geostationary Navigation<br />
Overlay Service), das die Positionsgenauigkeit<br />
von GPS in Europa<br />
verbessert, bis 2020 sieben Milliarden<br />
Euro kosten. Ursprünglich waren für<br />
Galileo einmal gut vier Milliarden Euro<br />
veranschlagt. Die jährlichen Betriebskosten<br />
belaufen sich auf rund 800 Millionen<br />
Euro. Doch die EU-Kommission<br />
erhofft sich dafür auch einen Gegenwert<br />
für die Industrie: Laut unabhängiger<br />
Studien soll die Wirtschaft in den ersten<br />
20 Jahren des Betriebs rund 90 Milliarden<br />
Euro mit Galileo verdienen. Ob das<br />
realistisch ist, muss sich noch zeigen.<br />
NUR SIEBEN SATELLITEN SIND<br />
BISHER VOLL IN BETRIEB<br />
Bis 2018 sollen die 26 für den Regelbetrieb<br />
nötigen Satelliten im Orbit sein, die<br />
neu ausgeschriebenen sollen 2020 gestartet<br />
werden. Sie werden einmal dafür<br />
sorgen, dass weltweit rund um die Uhr<br />
fünf verschiedene Dienste verfügbar sein<br />
werden. Der offene Service steht dann<br />
allen Nutzern kostenlos für Ortungs-,<br />
Navigations- und Zeitsynchronisationszwecke<br />
zur Verfügung. Der kommerzielle<br />
Dienst ist für professionelle Endanwender<br />
gedacht, beispielsweise im Bereich<br />
Flottenmanagement, und ist gebührenpflichtig.<br />
Der sicherheitskritische<br />
Dienst ist unter anderem für Navigationsanwendungen<br />
in der Luftfahrt interessant.<br />
Er basiert auf verschlüsselten<br />
Signalen, die eine hohe Genauigkeit garantieren.<br />
Staatliche Stellen wie Polizei<br />
und Militär nutzen den öffentlich regulierten<br />
Dienst, der zugriffsgeschützt,<br />
verschlüsselt und störresistent sein soll.<br />
Der Such- und Rettungsdienst (Search<br />
and Rescue, SAR) ermöglicht den Empfang<br />
von Notrufen praktisch in Echtzeit.<br />
Im Vergleich zu GPS und Glonass erhöht<br />
sich die Genauigkeit der Positions-<br />
Die ersten<br />
FOC-Satelliten<br />
wurden 2014<br />
gestartet.<br />
bestimmung auf wenige Meter. Auch<br />
Rückmeldungen an den Geschädigten<br />
sind möglich, vorhandene SAR-Systeme<br />
werden unterstützt.<br />
Wirklich betriebsbereit sind bisher<br />
allerdings nur sieben Satelliten. Seit die<br />
EU-Kommission das Kommando übernommen<br />
hat, ist Galileo zwar auf dem<br />
Weg der Besserung, ganz ohne Schwie-<br />
Unter anderem mit<br />
Il-76 werden die<br />
Satelliten nach<br />
Cayenne gebracht.<br />
Bislang findet in der<br />
Sojus immer nur ein<br />
Satellitenpaar Platz.<br />
rigkeiten geht es dann doch nicht. Am<br />
22. August 2014 wurden die Satelliten 5<br />
und 6 von einer Sojus in einem falschen,<br />
elliptischen Orbit ausgesetzt. Zwar wurde<br />
die Umlaufbahn korrigiert, doch auch<br />
diese ist nicht optimal. Es werden weiterhin<br />
Tests durchgeführt, die zeigen sollen,<br />
ob zumindest eine teilweise Nutzung<br />
möglich ist. „Sehr wahrscheinlich werden<br />
wir die Satelliten für den Such- und<br />
Rettungsdienst sowie für den offenen<br />
Dienst nutzen können“, sagt Flament.<br />
Eine endgültige Entscheidung soll Mitte<br />
des Jahres getroffen werden.<br />
Und noch ein weiterer Satellit ist<br />
nicht funktionstüchtig: IOV 4 hat seit<br />
Juni 2014 ein Problem mit der L-Band-<br />
Antenne. Nach Angaben von Faivre<br />
funktionieren die Signale für den Suchund<br />
Rettungsdienst, nicht aber für die<br />
Navigationsmissionen. An einer Modifirides,<br />
Direktor der in Prag ansässigen<br />
Agentur für das Europäische Globale<br />
Navigationssatellitensystem (GSA), noch<br />
vor dem letzten Start zweier Galileo-<br />
Satelliten im Dezember 2015 zuversichtlich,<br />
dass dieses Jahr die ersten Dienste<br />
für Nutzer verfügbar sind. „Das Ziel für<br />
die ersten Dienste mit einer reduzierten<br />
Konstellation sind der offene, der öffentlich<br />
regulierte sowie der Such- und Rettungsdienst.“<br />
Reduzierte Konstellation<br />
heißt, dass die Dienste in Sachen Verfügbarkeit<br />
und Kontinuität eingeschränkt<br />
funktionieren. Noch geht es also zumindest<br />
für die potenziellen Nutzer langsam<br />
voran. Ungewöhnlich ist das für ein Programm<br />
dieser Größenordnung nicht, wie<br />
ein Blick auf das amerikanische GPS<br />
zeigt. Auch hier vergingen von der Entscheidung<br />
bis zur vollen Inbetriebnahme<br />
mehr als 20 Jahre.<br />
FR<br />
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