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titelthema<br />

entgelt<br />

AiB 6 | <strong>2016</strong><br />

Es sei vor allem eine gesellschaftspolitische<br />

Aufgabe, hier die Lastenverteilung zwischen<br />

den Geschlechtern zu ändern, sagt Wengler.<br />

Eines aber könne der Betriebsrat schon tun:<br />

Nachbohren, warum etwa eine Frau sehr<br />

lange in einer Lohngruppe verbleibt, ohne<br />

höhergestuft zu werden. Oft sei einfach das<br />

Problem, »dass sich Frauen bei Ungerechtigkeiten<br />

weniger melden«. Männer und Fraudefinition<br />

Der Equal Pay Day<br />

(EPD), der internationale<br />

Aktions tag für Entgeltgleichheit<br />

zwischen<br />

Männern und Frauen,<br />

macht auf den bestehenden<br />

Gender Wage<br />

Gap (geschlechtsspezifischer<br />

Lohnunterschied)<br />

aufmerksam und wird in<br />

zahlreichen Ländern an<br />

unterschiedlichen Tagen<br />

begangen. Der Aktionstag<br />

in Deutschland markiert<br />

symbolisch die Lohnlücke<br />

zwischen Männern und<br />

Frauen in Arbeitszeit.<br />

zahlen und fakten<br />

Nach den Zahlen des<br />

Statistischen Bundesamts<br />

verdienten Frauen im Jahr<br />

2014 durchschnittlich 21,6<br />

Prozent weniger als Männer.<br />

Rechnet man den<br />

Prozentwert in Tage um,<br />

arbeiten Frauen 79 Tage,<br />

vom 1. Januar bis zum<br />

19. März <strong>2016</strong>, umsonst.<br />

Vertrag gegen die Entgeltgleichheit verstößt.<br />

Doch da kennt Jochmann-Döll kein Vertun:<br />

»Das Recht schreibt vor, gleichwertige Arbeit<br />

gleich zu vergüten. Sollte ein Tarifvertrag<br />

dies nicht gewährleisten, dürfen die entsprechenden<br />

Regelungen nach dem Allgemeinen<br />

Gleichbehandlungsgesetz, AGG, nicht angewendet<br />

werden.« Betriebsräte können einen<br />

EG-Check im Unternehmen anregen, unterstreicht<br />

die Fachfrau. Einen Teil der Kosten<br />

übernimmt meist die zuständige Antidiskriminierungsstelle.<br />

Trauen sich Frauen?<br />

Den EG-Check haben bisher vor allem Unternehmen<br />

aus dem öffentlichen Beschäftigungssektor<br />

genutzt. Einer der wenigen<br />

gewerblichen Betriebe, die das Instrument<br />

einsetzten, ist die K+S Gruppe im Kaliund<br />

Steinsalzbergbau. Das hängt mit der<br />

Ost-West-Geschichte des Unternehmens zusammen,<br />

berichtet der Gesamtbetriebsratsvorsitzende<br />

Harald Döll. Bis zur Wende waren<br />

in der DDR Frauen in männertypischen<br />

Berufen eine Selbstverständlichkeit, auch im<br />

Bergbau. Dann galt plötzlich auch dort das<br />

Verbot für Frauen, unter Tage zu arbeiten, das<br />

erst 2009 aufgehoben wurde. Als es zu Klagen<br />

über die Frauenquote im Unternehmen kam,<br />

beschlossen Betriebsrat und Arbeitsdirektor<br />

einen EG-Check. »Das Ergebnis war positiv«,<br />

sagt Döll, »es wird nach Tätigkeit und<br />

nicht nach Geschlecht bezahlt.« Inzwischen<br />

gibt es auch im Ausbildungsberuf »Bergbautechnologie«<br />

weibliche Azubis; unter den<br />

Ausbildungsbewerbungen für Chemikanten –<br />

sie fahren die großen Anlagen – sind bereits<br />

mehr junge Frauen als Männer. »Wir sind<br />

glücklich darüber«, sagt der Betriebsrat, »das<br />

verändert das Betriebsklima.«<br />

Wo bleiben Teilzeitbeschäftigte?<br />

Eveline Wengler ist als Betriebsrätin bei<br />

Bayer Leverkusen zuständig für Arbeitszeit,<br />

Entgelt und Außertariflich Beschäftigte. Gut<br />

7.000 Beschäftigte arbeiten vor Ort. Was die<br />

gleiche Bezahlung von Frauen und Männern<br />

angeht, sagt sie, »ist die Papierlage gut«. Der<br />

Bundestarifvertrag der Chemischen Industrie<br />

sowie von Bayer formulierte Richtbeispiele<br />

geben einen sicheren Rahmen vor. Das hat<br />

auch 2003 die Entgeltuntersuchung »Logib-D«<br />

(siehe Link auf S. 11) bestätigt, berichtet<br />

Wengler. Dennoch sei es wichtig, als Betriebsrätin<br />

»den Tarifvertrag gut zu kennen,<br />

ein Auge auf Ungereimtheiten in der Umsetzung<br />

zu haben und anzusprechen«. Etwa bei<br />

der Behandlung von Teilzeitbeschäftigten,<br />

die meist Frauen sind. Wengler beobachtet,<br />

dass sie seltener die Möglichkeit erhalten,<br />

sich beruflich weiterzuentwickeln und an<br />

Leistungszahlungen zu kommen. »Da gibt es<br />

Ungleichheit, da Vorgesetzte nach meiner Erfahrung<br />

Teilzeitbeschäftigte weniger im Auge<br />

haben im Hinblick auf Entwicklung«, sagt<br />

sie. Und fordert Vorgesetzte auf, beispielsweise<br />

auch Teilzeitbeschäftigten Projektverantwortung<br />

zu übertragen. Komplizierter<br />

ist es, wenn Frauen wegen der Kindererziehungszeiten<br />

weniger Berufserfahrung als den<br />

männlichen Kollegen zugesprochen wird –<br />

und sie deshalb geringer entlohnt werden.<br />

»Warum Frauen<br />

zum Teil sehr lange<br />

in Entgeltgruppen<br />

verbleiben, kann<br />

ich als Betriebsrätin<br />

durch intensives<br />

Nachfragen vielleicht<br />

nachvollziehen.<br />

Wenn nicht,<br />

dann habe ich Handlungsbedarf.«<br />

EVELINE WENGLER<br />

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