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AiB 6 | <strong>2016</strong> »Vertrauen statt Kontrolle!« aktuelles<br />
Büro-Welten, neue Zusammenarbeitsmodelle<br />
oder Veränderungen in den Arbeitsprozessen.<br />
Hier können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
bei der Gestaltung einer modernen<br />
Arbeitswelt aktiv einbringen. Wir schauen uns<br />
dazu verschiedene Teams und Bereiche an und<br />
stimmen uns mit Führungskräften und mit<br />
Mitarbeitern unbürokratisch ab.<br />
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen<br />
im Hinblick auf eine Förderung der Agilität?<br />
Kallmeier: Die Digitalisierung ist, wie<br />
ich eingangs schon sagte, kein rein technologisches<br />
Thema. Sie ist vor allem auch ein kulturelles<br />
Thema – darum sehe ich die größte Herausforderung<br />
im Bewältigen des ausstehenden<br />
Kulturwandels. Dieser Kulturwandel geht mit<br />
einer Doppelaufgabe einher: Zum einen muss<br />
jeder Einzelne dazu ermutigt und ermächtigt<br />
werden, eigenverantwortlich zu handeln; zum<br />
anderen müssen die Führungskräfte dazu angehalten<br />
werden, Kontroll- und Regelungsansprüche<br />
aufzugeben.<br />
Kreusel: Mehr Eigenverantwortung ist natürlich<br />
ein Thema, bei dem es sehr auf eine gute<br />
Kommunikation zwischen Mitarbeiter- und<br />
Führungsebene ankommt. Herr Kallmeier<br />
und ich stehen daher in engem Kontakt miteinander;<br />
wir arbeiten Hand in Hand und<br />
tauschen uns regelmäßig aus.<br />
Was bedeutet Agilität demnach für die<br />
Führungskräfte und für die Beschäftigten?<br />
Kallmeier: Agilität bedeutet vor allem Selbstorganisation.<br />
Sich selbst zu organisieren, ist aber<br />
gar nicht so leicht: Wer sich bislang nicht oder<br />
nur in geringem Maße selbst organisiert hat,<br />
braucht dazu ein entsprechendes Coaching.<br />
Hier sind die Führungskräfte gefragt: Sie müssen<br />
in eine neue Rolle schlüpfen, müssen die<br />
Stärken ihrer Beschäftigten erkennen und daraufhin<br />
die Verantwortlichkeiten verteilen. Wie<br />
gut ein Unternehmen zu mehr Agilität findet,<br />
hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut die<br />
leitenden Angestellten von Chef auf Coach<br />
umschalten können.<br />
Kreusel: Sowohl Führungskräfte als auch Beschäftigte<br />
müssen neue Kompetenzen entwickeln.<br />
In Zukunft wird vernetztes Arbeiten<br />
innerhalb verschiedener Allianzen gefragt<br />
sein, daher müssen alle Unternehmensangehörigen<br />
lernen, ihre Fähigkeiten – oder auch<br />
die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter – mit Themen statt mit Positionen<br />
zu verknüpfen. Aus diesem Grund gibt<br />
es bei der Telekom seit 2012 das konzerninterne<br />
Social Network »You & Me« – darin<br />
tauschen Mitarbeiter und Führungskräfte<br />
unkompliziert ihre Erfahrung und ihr Knowhow<br />
aus, und anders als in der ›realen‹ Arbeitswelt<br />
wird dieser Austausch in keiner<br />
Weise durch Hierarchien oder Organisationsstrukturen<br />
beeinflusst.<br />
Es geht im Kern also um eine andere Art<br />
der Zusammenarbeit und um den Abbau<br />
von hierarchischen Strukturen in Richtung<br />
Netzwerke. Was kann man tun, um die Menschen<br />
auf diese Veränderung vorzubereiten?<br />
Kreusel: Vertrauen aufbauen und entwickeln.<br />
Vertrauen lässt sich nicht verordnen, daher<br />
liegt es in der Verantwortung der Führungskräfte,<br />
eine Kultur zu etablieren, die Fehler<br />
erlaubt bzw. sie als Grundlage für Verbesserungen<br />
zulässt. Nur so entsteht Vertrauen.<br />
Kallmeier: So ist es. Wir müssen die Mitarbeiter<br />
begleiten und ihnen Sicherheit geben.<br />
Menschen können nur dann in einer neuen<br />
Art und Weise zusammenarbeiten, wenn sie<br />
die ihnen zugedachten Rollen, Ziele und Aufgaben<br />
kennen. Dazu braucht es Kommunikation:<br />
Es gibt bei uns Betriebsveranstaltungen,<br />
es gibt Newsletter, und es gibt All-Hands-Calls,<br />
zu denen alle Mitarbeiter eingeladen werden.<br />
Welche Rahmenbedingungen müssen Sie<br />
als Interessenvertreter für die Beschäftigten<br />
schaffen? Kallmeier: Rahmenbedingungen, in<br />
denen Mitarbeiter Agilität auch wirklich leben<br />
können. Dabei kommt es außer auf die schon<br />
erwähnte Vertrauensatmosphäre auf folgende<br />
Punkte an: Zum einen auf guten Gesundheitsund<br />
Überlastungsschutz durch mehr Team-Verantwortung.<br />
Zum anderen müssen wir auch<br />
das Vergütungssystem daraufhin überprüfen,<br />
ob es Agilität fördert oder eher hemmt. Und<br />
wir müssen die Frage beantworten, was berufliche<br />
Entwicklung im Hinblick auf Agilität<br />
künftig bedeutet. Erst vor Kurzem haben wir<br />
im Gesamtbetriebsrat einen Workshop zum<br />
Thema Digitalisierung und Mitbestimmung abgehalten,<br />
in dem es konkret um die Frage ging,<br />
welche Rahmenbedingungen wir brauchen,<br />
um die Arbeitswelt der Zukunft mitgestalten<br />
zu können.<br />
Wie kann sich Führung und Führungskultur<br />
in diesem Sinne – Vertrauen statt Kontrolle<br />
– verändern? Kreusel: Vorleben – das ist die<br />
beste Methode. v<br />
Stefanie Kreusel,<br />
Mitglied des Aufsichtsrats<br />
der Deutschen Telekom<br />
AG und der T-Systems<br />
Inter national GmbH.<br />
Senior Vice President TC<br />
Partner Management &<br />
Corporate Development<br />
der T-Systems International<br />
GmbH. Stellvertretende<br />
Vorsitzende des<br />
Unternehmenssprecherausschusses<br />
der T-Systems<br />
International GmbH.<br />
Hans-Jürgen Kallmeier,<br />
Mitglied des Aufsichtsrats<br />
der Deutschen Telekom<br />
AG und der T-Systems<br />
International GmbH,<br />
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats<br />
der T-Systems<br />
International GmbH.<br />
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