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AiB 6 | <strong>2016</strong> entgelt titelthema<br />

<strong>aib</strong>-seminartipps<br />

en warnt die Betriebsrätin davor, die eigene<br />

Tätigkeit einfach mal so für den Chef schriftlich<br />

zu fixieren, weil man glaubt, längst mehr<br />

verdienen zu müssen. »Da sage ich: Vorsicht!<br />

Dafür muss man geschult sein oder sich beraten<br />

lassen.« Denn es gehe um tarifrelevante<br />

Schlüsselwörter – und was vom Beschäftigen<br />

selbst falsch beschrieben sei, lasse sich vom<br />

Betriebsrat kaum korrigieren.<br />

Ist das gerecht?<br />

Eigentümlich mutet an, dass die ungleiche<br />

Bezahlung von Frauen und Männern gesetzlich<br />

verboten ist – ansonsten aber in einem<br />

Unternehmen durchaus verschiedene Tarife<br />

für gleiche und gleichwertige Arbeit gelten<br />

dürfen. So entsteht eine Ungleichbehandlung<br />

von Beschäftigtengruppen, mit der sich viele<br />

Betriebsräte im Alltag herumschlagen müssen.<br />

Beispiel 1: Der Zustelldienst United Parcel<br />

Service (ups) am Flughafen Köln/Bonn. Hier<br />

arbeiten rund 2.800 Beschäftigte, die meisten<br />

nachts. Was Arbeitszeit und -lohn angeht,<br />

unterscheiden sich die Bedingungen für die<br />

einzelnen Beschäftigtengruppen gewaltig,<br />

berichtet Bernd Fuhrmann, stellvertretender<br />

Betriebsratsvorsitzender bei ups. Langgediente<br />

Beschäftigte etwa profitieren vom<br />

alten Vertragswerk, bei dem der Lohn über<br />

der Norm des Flächentarifs liegt. Dieses Plus<br />

ist dagegen für die Neueingestellten in den<br />

vergangenen Jahren immer kleiner geworden.<br />

»Wer die gleiche Arbeit macht, aber weniger<br />

Geld dafür erhält, muss zumindest die<br />

Gründe erklärt bekommen«, sagt Fuhrmann.<br />

»Und der Betriebsrat ist bei uns die einzige<br />

Instanz, die das tut.« Die also sagt: »Der Arbeitgeber<br />

darf das – und der Betriebsrat kann<br />

nichts anderes erzwingen.«<br />

Kann das gut gehen?<br />

Besonders belastend ist für Arbeitnehmervertreter<br />

Fuhrmann die Diskrepanz zwischen<br />

zwei Gruppen der Belegschaft, bei der die<br />

eine zufriedenstellend entlohnt wird, die andere<br />

aber nicht auskömmlich verdient. Es<br />

sind diejenigen, die zwischen 23.30 und 2.30<br />

Uhr die Frachtflugzeuge entladen, die Pakete<br />

sortieren und auf Laster verteilen. Trotz<br />

Nachtzuschlag kann man von diesen Teilzeitjobs<br />

mit 15 bis 17,5-Wochenstunden »nicht<br />

leben und nicht sterben«, beklagt Fuhrmann.<br />

Gegen diese Einstellungspolitik des Arbeitgebers<br />

hat der Betriebsrat aber keine Handhabe.<br />

Entsteht neue Ungleichheit?<br />

Beispiel 2: Ausgerechnet das Entgeltrahmenabkommen<br />

(ERA) der Metallindustrie, mit<br />

dem vor gut zehn Jahren ein gemeinsames<br />

Tarifwerk für Arbeiter und Angestellte gelang,<br />

führt in einigen Fällen zu unterschiedlicher<br />

Bezahlung für gleiche Arbeit. Im Tarifbezirk<br />

Nordrhein-Westfalen etwa galt bei der Einführung<br />

der Grundsatz, »niemand darf durch<br />

ERA weniger Geld verdienen«, erinnert sich<br />

Reimund Strauß, 1. Bevollmächtigter der IG<br />

Metall in Mönchengladbach. Wenn ältere Beschäftigte<br />

nach dem neuen System schlechter<br />

eingruppiert wurden, vereinbarte man für sie<br />

deshalb Ersatzzahlungen. »Pragmatisch bis<br />

hemdsärmelig« war das, meint Strauß, aus<br />

heutiger Sicht nicht unproblematisch. Denn<br />

die jüngeren Beschäftigten bekommen dauerhaft<br />

für die gleiche Arbeit »nur« das, was<br />

die Eingruppierung vorsieht. »Da muss der<br />

Betriebsrat dafür sorgen, dass kein Unfrieden<br />

entsteht«, betont der Metaller. Um gewappnet<br />

zu sein, verfügt das Betriebsrätenetzwerk der<br />

IG Metall Mönchengladbach inzwischen über<br />

eine eigene virtuelle ERA-Plattform.<br />

Wer kennt sich aus?<br />

Aufklärung – das ist einer der Gründe, warum<br />

die Gewerkschaft im Ruhrgebiet gerade<br />

wieder eine Schulungswelle zum geltenden<br />

Tarifrecht gestartet hat. Außerdem müssen<br />

junge ERA-Spezialisten in den Betriebsräten<br />

qualifiziert werden, die bei Beschwerden<br />

die Bewertung eines Arbeitsplatzes überprüfen<br />

können, sagt Strauß. Manchmal werden<br />

selbst die Tarifparteien hinzugezogen, berichtet<br />

er. Wenn etwa ein Vorgesetzter die<br />

Arbeitsaufgaben seiner Leute neu beschreibt<br />

und für die Eingruppierung bewertet. Zwar<br />

achtet der Chef im gegebenen Fall darauf,<br />

dass niemand weniger verdient als zuvor –<br />

doch für die Beschäftigten ist unübersehbar,<br />

dass sie nun fürs gleiche Geld mehr leisten<br />

müssen. »Klarer Fall«, sagt der Metaller, »das<br />

kann nicht sein!«. v<br />

Helga Ballauf,<br />

freie Fachjournalistin in München,<br />

schreibt über Arbeit, Beruf und Bildung.<br />

hballauf@yahoo.de<br />

Zum Schwerpunkt der AiB<br />

6/<strong>2016</strong> empfiehlt Ihnen die<br />

AiB-Redaktion diese Seminare<br />

im Jahr <strong>2016</strong>:<br />

ver.di b+b<br />

Einführung in das<br />

Arbeitsrecht 2<br />

Inhalt des Arbeitsverhältnisses<br />

25.9. – 30.9. Brannenburg<br />

24.10. – 28.10. Mosbach<br />

21.11. – 25.11. Bielefeld<br />

12.12. – 16.12. Berlin<br />

} } www.verdi-bub.de/2221<br />

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Entgeltgestaltung II<br />

Richtig eingruppieren und<br />

Leistung gestalten<br />

In den IGM-Bildungs zentren<br />

21.8. – 2.9. Sprockhövel*<br />

23.10. – 4.11. Sprockhövel*<br />

*mit Kinderbetreuung<br />

} } www.igmetall.de/seminare<br />

DGB Bildungswerk Bund<br />

Leistungsorientierte<br />

Ver gütung und erfolgsabhängige<br />

Zahlungen<br />

Bestimmen Sie die betriebliche<br />

Entgeltgestaltung mit!<br />

15.8. – 19.8. Hamburg<br />

DGB Bildungs zentrum<br />

Besenbinderhof<br />

} } www.betriebsratsqualifi<br />

zierung.de/seminar/216491650<br />

IG BCE BWS GmbH<br />

Arbeitsbewertung für<br />

die Eingruppierung und<br />

Entgeltfindung<br />

21.8. – 24.8. Bad Münder<br />

23.10. – 26.10. Bad Münder<br />

} } www.igbce-bws.de/Seminar<br />

themen/TarifUndEntgelt<br />

Weitere Seminare finden Sie<br />

unter: www.arbeitsrecht.de/<br />

seminare<br />

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