17.06.2016 Aufrufe

aib-2016_06-onlinelesen

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

grundlagen der betriebsratsarbeit<br />

Renner mit Stolperfallen<br />

AiB 6 | <strong>2016</strong><br />

zahlen<br />

Mehr als 95.000 Studierende<br />

absolvieren ein<br />

duales Studium. Es gibt<br />

gut 1.500 verschiedene<br />

Studiengänge und über<br />

41.000 betriebliche<br />

Einsatzorte.<br />

www.ausbildungplus.de<br />

Zeit zum Lernen finden:<br />

In den betrieblichen Phasen<br />

des dualen Studiums<br />

bereitet das manchem<br />

Studierenden Probleme.<br />

Betrieb für einen qualitativ hochwertigen und<br />

stolperfreien Bildungsweg festzuschreiben.<br />

Interessen vertreten<br />

Eins ist auch jetzt schon unbestritten: Alle dual<br />

Studierenden fallen unter das Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Das heißt, dass Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />

(JAV) und Betriebsrat<br />

für sie zuständig sind. Und dass sie selbst wählen<br />

und gewählt werden können. Daniel Leuthner<br />

zum Beispiel gehört zum JAV-Team bei der<br />

Bombardier Transportation GmbH in Mannheim.<br />

Er hat das praxisintegrierte duale Studium<br />

Betriebswirtschaft/Industrie absolviert<br />

und wurde übernommen. Drei JAVler betreuen<br />

derzeit sieben klassische Azubis und 17 dual<br />

Studierende. »Das Zahlenverhältnis hat sich in<br />

den vergangenen zehn Jahren völlig gedreht«,<br />

berichtet er. Aus Firmensicht kein Wunder, sagt<br />

Leuthner, weil die »Dualen« nach drei Jahren<br />

sowohl den gesamten Bachelor-Stoff beherrschen<br />

als auch den Betrieb kennen.<br />

Lücken füllen<br />

Bei Bombardier gilt seit Jahren eine Gesamtbetriebsvereinbarung,<br />

die eine »gleiche Grundlage<br />

für beide Gruppen« – Azubis und Studierende<br />

– schafft, berichtet Leuthner. Von der<br />

Zuständigkeit des Ausbildungsbeauftragten<br />

über die Kostenregelung für Lehrmittel bis zur<br />

Form der Lernzielkontrolle. Dennoch bleibt<br />

eine Ungleichheit bestehen, sagt der JAVler:<br />

Der Manteltarifvertrag der Metallindustrie in<br />

Baden-Württemberg kennt keine »dual Studierenden«.<br />

Darum gelten für sie die Tarifvertrags-Bestimmungen<br />

für Vergütung, Urlaub und<br />

Wochenarbeitzeit (noch) nicht. »Unser Ziel ist<br />

es, dass sie voll unter den Mantel kommen«, erklärt<br />

der junge Metaller.<br />

Mitsprache organisieren<br />

Leuthner hatte vor seinem dualen Studium<br />

bereits eine Erstausbildung gemacht. Seit damals<br />

engagiert er sich in der JAV. Während<br />

der Studienphasen an der Hochschule war<br />

die betriebliche Vertretungsaufgabe schwierig,<br />

berichtet er. Im Dreierteam sorgten sie dafür,<br />

dass immer jemand im Unternehmen war, »fürs<br />

Tagesgeschäft«. Die meisten Klagen und Hilferufe<br />

der dual Studierenden betreffen ohnedies<br />

die Hochschulseite, sagt Leuthner. Vorlesungen<br />

fallen aus, Professoren sind unzugänglich, die<br />

Klausureneinsicht wird verwehrt. »Oft sind es<br />

Fragen, bei denen die JAV keinen Einfluss hat.«<br />

Einsicht wecken<br />

Dementsprechend begegnen dual Studierende<br />

der Mitbestimmung zunächst oft mit Desinteresse,<br />

berichtet Leuthner: »Während des Studiums<br />

fühlen sich viele nicht als Arbeitnehmer,<br />

sondern eben als Student.« Und manche, sagt<br />

er, bringen auch eine gewisse Gewerkschaftsfeindlichkeit<br />

mit. Umso wichtiger seien die Angebote<br />

der IG Metall, vom Studierenden-Netzwerk<br />

über Berufseinsteiger-Gespräche bis zum<br />

Vortrag »Fit in Gehaltsverhandlungen«. IG<br />

Metall-Expertin Stefanie Geyer hat auf ihren<br />

Seminaren für JAVler und junge Betriebsräte<br />

einen Rat parat: »Die Zusammenarbeit mit<br />

den dual Studierenden läuft am besten, wenn<br />

ihr auf sie offen zugeht, rauskriegt, wo es hakt<br />

und gemeinsam mit ihnen aktiv werdet.«<br />

Gegensätze aufbrechen<br />

Hier Akademiker, dort Malocher: Unterscheidet<br />

sich das Selbstverständnis der jungen Leute<br />

je nach Bildungsweg wirklich immer noch so<br />

krass? Stefan Doninger, Jugend- und Auszubildenenvertreter<br />

bei Bosch im baden-württembergischen<br />

Bühl, kennt beide Welten. Die meisten<br />

der 35 dual Studierenden am Standort machen<br />

die ausbildungsintegrierte Form. Sie beginnen<br />

nach dem Abitur mit der betrieblichen Lehre<br />

– wie alle anderen Azubis auch. »Da entsteht<br />

schnell ein guter Draht«, sagt der JAVler. Die<br />

Studierenden der praxisintegrierten Form dagegen<br />

gehen ihren eigenen Weg, werden von der<br />

Personal- und nicht von der Ausbildungsabteilung<br />

betreut. »Da braucht man ein anderes Auftreten«,<br />

sagt Doninger, der als Vorsitzender der<br />

Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />

von Bosch mit solchen Nuancen vertraut ist. Die<br />

44

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!