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titelthema<br />

entgelt<br />

AiB 6 | <strong>2016</strong><br />

Mitbestimmung<br />

beim Entgelt<br />

interessenvertretung Die meisten Beschäftigten gehen ihrer Arbeit<br />

wegen der Bezahlung nach. Entlohnung und auch Lohngerechtigkeit<br />

innerhalb des Betriebs sind daher wichtige Themen für sie und<br />

der Betriebsrat hat hier weitreichende Beteiligungsmöglichkeiten.<br />

VON CHRISTOPHER KOLL<br />

darum geht es<br />

1. Betriebsräte können<br />

mitbestimmen, wer sein<br />

Entgelt wann und wo bekommt,<br />

soweit dies nicht<br />

gesetzlich oder tariflich<br />

geregelt ist.<br />

2. Auch die Grund sätze<br />

der Verteilung der Lohnbestandteile<br />

wie Grundvergütung,<br />

Zulagen oder<br />

variable Gehaltsbestandteile<br />

wie Boni kann der<br />

Betriebsrat mitregeln.<br />

3. Betriebräte haben<br />

hier dann sogar ein<br />

Initiativrecht.<br />

Die Vergütung, die der Arbeitnehmer<br />

als Gegenleistung für seine<br />

Arbeitstätigkeit erhält, ist aus<br />

seiner Sicht der wohl wichtigste<br />

Aspekt des Arbeitsverhältnisses. Eine entsprechend<br />

große Rolle spielen Gesichtspunkte<br />

wie die Angemessenheit der Bezahlung und<br />

die Lohngerechtigkeit für die Belegschaft. Mit<br />

§ 87 Abs. 1 Nr. 4, 10, 11 BetrVG enthält das<br />

Betriebsverfassungsgesetz Mitbestimmungsrechte<br />

aus dem erzwingbaren Bereich, mit<br />

denen Betriebsräte auch hier eine durchaus<br />

weitreichende Beteiligung einfordern können.<br />

Mitbestimmung nach<br />

§ 87 Abs. 1 Nr. 4, 10, 11 BetrVG<br />

Die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 4<br />

BetrVG greift ein, wenn es um Zeit, Ort und<br />

Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte geht.<br />

Erzwingbar sind daher beispielsweise Regelungen<br />

über die Fälligkeit des Arbeitsentgelts.<br />

Ort der Auszahlung ist regelmäßig der Betrieb,<br />

allerdings hat diese Frage heute deutlich<br />

an Bedeutung verloren, da die Auszahlung<br />

des Lohns ganz überwiegend bargeldlos<br />

erfolgt. Dasselbe gilt für die Art der Auszahlung.<br />

Praxisrelevanter für die Mitbestimmung<br />

bei Entgeltfragen ist daher § 87 Abs. 1 Nr. 10<br />

BetrVG. Danach hat der Betriebsrat in Fragen<br />

der betrieblichen Lohngestaltung ein<br />

Mitbestimmungsrecht. Dieses bezieht sich<br />

insbesondere auf die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen<br />

und auf die Einführung<br />

und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden<br />

sowie deren Änderung. Diese Regelung<br />

wird ergänzt durch § 87 Abs. 1 Nr. 11<br />

BetrVG, der sich auf die Festlegung von Akkord-<br />

und Prämiensätzen und vergleichbarer<br />

leistungsbezogener Entgelte bezieht.<br />

Sperrwirkung des Tarifvorrangs<br />

Nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG<br />

greifen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats<br />

allerdings nur durch, »soweit eine<br />

gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht<br />

besteht« (sogenannter Tarifvorrang). Dies<br />

steht bei Entgeltfragen in Konkurrenz zu<br />

§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der seinerseits<br />

festlegt, dass Arbeitsentgelte und sonstige<br />

Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag<br />

geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden,<br />

nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung<br />

sein können. Der dortige Ausschluss<br />

regelt also auch Fälle, in denen eine konkrete<br />

tarifliche Regelung zwar keine Anwendung<br />

findet, sie aber zumindest üblich ist. Er geht<br />

damit weiter als der Tarifvorrang nach § 87<br />

Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG. Nach Auffassung<br />

des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verdrängt<br />

§ 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG<br />

in seinem Anwendungsbereich § 77 Abs. 3<br />

Satz 1 BetrVG als speziellere Regelung. 1 Soweit<br />

also Regelungsgegenstände nach § 87<br />

Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG vorliegen, wird<br />

die Mitbestimmung des Betriebsrats nur<br />

ausgeschlossen, wenn eine konkurrierende<br />

tarifliche Regelung im Betrieb auch Anwendung<br />

findet. Dies ist dann der Fall, wenn der<br />

1 Vgl. hierzu grundlegend BAG 24.2.1987 – 1 ABR 18/85.<br />

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