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echtsprechung<br />

AiB 6 | <strong>2016</strong><br />

Herr Balkaya war einer von 18 Arbeitnehmern der Kiesel<br />

Abbruch GmbH. Aufgrund der Stilllegung des Betriebs in<br />

Deutschland wurden das Arbeitsverhältnis mit Herrn Balkaya<br />

sowie die Arbeitsverhältnisse der anderen Beschäftigten zum<br />

15. Februar 2013 betriebsbedingt beendet. Zusätzlich zu den<br />

18 Beschäftigten gab es noch einen Mitarbeiter, der von sich<br />

aus zum 7. Dezember 2013 gekündigt hatte, sowie einen Geeiner<br />

Formalisierung geregelt. Sie schreibt dem Wahlvorstand<br />

vor, wann und was er zu tun hat. Er hat keinen Ermessensspielraum<br />

in Hinblick darauf, wer gewählt wird, beziehungsweise<br />

wer in einer Liste aufgestellt wird. Insbesondere hat der Wahlvorstand<br />

keinen Einfluss auf die Einstellung und Einreichung<br />

von Vorschlagslisten. Der Wahlvorstand hat nicht die Richtigkeit<br />

einer Liste dahingehend zu überprüfen, ob ein Wahlbewerber<br />

zu recht auf der Liste gestrichen wurde oder nicht.<br />

Bedeutung für die Praxis<br />

Die Entscheidung macht deutlich, dass der Wahlvorstand ein<br />

wichtiges Amt übernimmt. Ihm obliegt es, die gesetzlichen<br />

Bestimmungen zur Durchführung einer ordnungsgemäßen<br />

Betriebsratswahl umzusetzen. Dies ist bisweilen auch mit Unannehmlichkeiten<br />

verbunden. So muss, da es sich um eine<br />

gesetzliche Frist handelt, der Wahlvorstand sicherstellen, dass<br />

Wahlvorschläge insbesondere in Schichtbetrieben, bis 24.00<br />

Uhr eingereicht werden können. Im vorliegenden Fall hat es<br />

sich der Wahlvorstand zu einfach gemacht und willkürlich einen<br />

Zeitpunkt gewählt, der sich eher an den Bedürfnissen der<br />

Wahlvorstandsmitglieder als an den Bedürfnissen der Wähler<br />

orientiert hat. Allein dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit<br />

der Betriebsratswahl. Gerade am letzten Tag der Einreichungsfrist<br />

von Wahlvorschlägen sollte der Wahlvorstand anwesend<br />

sein, um vor allem eingehende Wahlvorschläge unverzüglich<br />

auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu können. Er muss, wie<br />

die Entscheidung zeigt, bei möglichen Beanstandungen die<br />

Einreicher darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben,<br />

einen etwaigen Fehler zu korrigieren. Im vorliegenden Fall<br />

hat der Wahlvorstand natürlich auch übersehen, dass für die<br />

Gewerkschaft bei der Einreichung von Vorschlagslisten Sonderrechte<br />

gelten. Es genügt die Unterzeichnung von zwei Gewerkschaftsbeauftragten,<br />

damit der Wahlvorschlag wirksam<br />

ist. Da bei Streichung eines Kandidaten im Kandidatenteil<br />

jeder Unterstützer der Liste, der seine Stützunterschrift geleistet<br />

hat, mit der Streichung einverstanden sein muss, wäre in<br />

möglichen anderen Fällen die Liste tatsächlich unwirksam gewesen.<br />

Da die beiden alleinigen Unterzeichner der Liste diese<br />

aber selbst beim Wahlvorstand eingereicht haben, ist rechtlich<br />

überhaupt nicht nachvollziehbar, warum der Wahlvorstand<br />

die Liste zurückgewiesen hat. Hier haben wohl andere Überlegungen<br />

eine Rolle gespielt. Die zum Bundesarbeitsgericht<br />

eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch den Betriebsrat<br />

wurde im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen, so<br />

dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg<br />

rechtskräftig ist.<br />

Jürgen Markowski,<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator,<br />

Kanzlei Manske & Partner, Nürnberg.<br />

www.arbeitnehmer-anwaelte.de<br />

massenentlassung<br />

Fremdgeschäftsführer und Praktikanten sind<br />

Arbeitnehmer bei einer Massenentlassung<br />

§ 17 KSchG; Richtlinie 98/59/EG<br />

1. Der unionsrechtliche Begriff des Arbeitnehmers gilt<br />

auch für die Massenentlassungsrichtlinie.<br />

2. Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie)<br />

ist so auszulegen, dass er einer<br />

nationalen Regelung entgegensteht, die Praktikanten<br />

und Fremdgeschäftsführer bei der Berechnung der<br />

Arbeitnehmerzahl außen vor lässt. Entgegen des Wort -<br />

lauts des § 17 Abs. 5 Nr. 1 KSchG sind bei Massenentlassungen<br />

daher zukünftig Fremdgeschäftsführer<br />

und Praktikanten als Arbeit nehmer mitzuzählen.<br />

(Leitsätze der Bearbeiterin)<br />

EuGH, Urteil vom 9.7.2015 – C-229/14<br />

Der Fall<br />

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