17.06.2016 Aufrufe

aib-2016_06-onlinelesen

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

echtsprechung<br />

AiB 6 | <strong>2016</strong><br />

pläne einholen und mit dem Betriebsrat eine Einigung<br />

suchen; notfalls muss die Einigungsstelle entscheiden.<br />

Rein vorsorglich sollten die Betriebsräte bereits jetzt für<br />

zukünftige Einstellungen oder konkret beim nächsten Einstellungsvorgang<br />

das Mitbestimmungsrecht zu Lage und<br />

Verteilung der Arbeitszeit und die Zuordnung zu den bestehenden<br />

Arbeitszeitmodellen reklamieren (»gelbe Karte«).<br />

Missachtet der Arbeitgeber zukünftig dann im Rahmen<br />

des Einstellungsvorgangs die Beteiligung des Betriebsrats<br />

nach § 87 BetrVG – vorliegend wegen der Zuordnung –<br />

könnte dieser (je nach Einzelfallprüfung) versuchen, im<br />

Wege der einstweiligen Verfügung den Unterlassungsanspruch<br />

geltend zu machen (»rote Karte«), um mindestens<br />

bis zu einer Einigung – im Zweifel in der Einigungsstelle –<br />

den mitbestimmungswidrigen Einsatz zu verhindern.<br />

Benja Mausner, Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />

für Arbeitsrecht, Kanzlei Bartl & Weise, Stuttgart.<br />

www.arbeitnehmer-anwaelte.de<br />

fürsorgepflicht<br />

Diebstahl im Betrieb – Haftung des Arbeitgebers<br />

§ 241 Abs. 2 BGB<br />

Eine aus der Fürsorgepflicht resultierende Obhuts- und<br />

Verwahrungspflicht, die eine Haftung des Arbeitgebers für<br />

von einem Mitarbeiter eingebrachte Gegenstände in den<br />

Betrieb begründen, besteht nur dann, wenn die mitgebrachten<br />

Gegenstände vom Mitarbeiter zwingend mitzuführen<br />

sind oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung<br />

im Betrieb erforderlich sind. Eine darüber hinaus<br />

gehende Haftung des Arbeitgebers ist nicht gegeben.<br />

(Leitsätze der Bearbeiter)<br />

LAG Hamm, Urteil vom 21.1.<strong>2016</strong> – 18 Sa 1409/15<br />

Der Fall<br />

Im Sommer 2014 hatte ein Mitarbeiter, der in einem Krankenhaus<br />

beschäftigt ist, Uhren und Schmuck im Wert von circa<br />

20.000 € in seinen Rollcontainer hineingelegt und verschlossen.<br />

Anschließend hatte er auch noch seine Bürotür abgeschlossen.<br />

Seine Absicht war dabei, diese Gegenstände nach<br />

Dienstschluss in dem Schließfach seiner Bank einzuschließen.<br />

Allerdings kam er an diesem Tag aufgrund anstehender Arbeiten<br />

nicht mehr dazu. Einige Tage später musste der Mitarbeiter<br />

jedoch feststellen, dass der Rollcontainer aufgebrochen<br />

und die Bürotür zuvor mittels eines Generalschlüssels geöffnet<br />

wurde. Diesen Generalschlüssel hatte eine Kollegin des Mitarbeiters<br />

in ihrer Kitteltasche in ihrem Spind verwahrt. Dieser<br />

Spind wurde auch aufgebrochen. Nunmehr erhob der Mitarbeiter<br />

Klage gegen den Arbeitgeber auf Schadensersatz. Er bemängelte,<br />

dass der Arbeitgeber zuvor keine klaren Anweisungen<br />

bezüglich der Vorkehrungen und des Umgangs mit dem<br />

Generalschlüssel erlassen hatte. Durch die Entwendung des<br />

Generalschlüssels sei der Diebstahl erst ermöglicht worden.<br />

Das Arbeitsgericht Herne hat die Klage abgewiesen. Das<br />

Landes arbeitsgericht (LAG) Hamm schloss sich der Argumentation<br />

des Arbeitsgerichtes an.<br />

Die Entscheidung<br />

Die Haftung des Arbeitgebers besteht nach Ansicht des LAG<br />

nur dann, wenn der Mitarbeiter Gegenstände zwingend mit<br />

sich führen muss oder aber Gegenstände in den Betrieb eingebracht<br />

werden, die unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung<br />

benötigt werden. Wertgegenstände – wie im<br />

vorliegenden Fall – die unabhängig von der Arbeitsleistung<br />

vom Mitarbeiter in den Betrieb eingebracht werden, werden<br />

nicht von der Haftung des Arbeitgebers umfasst. Eine solche<br />

Haftungserweiterung zu Lasten des Arbeitgebers bei der Einbringung<br />

derartiger Wertgegenstände ohne dessen Kenntnis<br />

und Einverständnis, ist nicht zulässig. Der Mitarbeiter kann<br />

insofern nicht erwarten, dass der Arbeitgeber ein unerwartetes<br />

und unkalkulierbares Haftungsrisiko übernimmt.<br />

Die Ansichten des LAG Hamm entsprechen hierbei der ständigen<br />

Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. 1<br />

Bedeutung für die Praxis<br />

Arbeitgeber haben nicht nur Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis<br />

– sie sind nicht nur zur Lohnzahlung und<br />

zur vertragsgemäßen Beschäftigung verpflichtet – sondern<br />

1 So BAG 5.3.1959 – 2 AZR 268/56; BAG 1.7.1965 – 5 AZR 264/64.<br />

58

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!