O+P Fluidtechnik 10/2016
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MENSCHEN UND MÄRKTE<br />
Vielfach geht von erfolgreichen<br />
Pilotprojekten eine beispielgebende<br />
Wirkung aus, die zu<br />
weiteren neuen Anwendungen<br />
motiviert. Einige sehr interessante<br />
Exponate gab es bereits auf der<br />
Hannover Messe <strong>2016</strong> zu sehen.<br />
Können Sie eventuell einige<br />
weitere Leuchtturm-Projekte kurz<br />
skizzieren?<br />
meiner Sicht ist das zu kurz gesprungen. Die Strategie dahinter ist wohl eher, Big Data zu<br />
machen, Anomalie-Analysen durchzuführen und die Modelle, deren fehlen vorhin<br />
bemängelt wurde, auf datentechnischem Wege zu erzeugen.<br />
Prof. S. Helduser: Die Ergebnisse der Datenanalyse könnte das IT-Unternehmen dann<br />
mit dem vergleichen, was aufgrund des Domainwissens der Fachleute erarbeitet wird,<br />
und so die eigenen mathematischen Analysemethoden immer weiter verfeinern.<br />
D. Michalkowski: Ja, genau. Man erhält das Geschäftsmodell: Ich pflege alle Daten,<br />
mache die Analyse, gebe dem Endkunden Daten für PdM und gebe dem Komponentenhersteller<br />
Informationen, wie er seine Produkte verbessern kann – alles natürlich gegen<br />
Honorar. Letztendlich hat die IT-Firma dann die Kernkompetenz und bestimmt den Markt.<br />
Wenn die <strong>Fluidtechnik</strong>er sich jetzt nicht einbringen, besteht die Gefahr, dass sie zum<br />
reinen Komponentenlieferanten werden, der nur Hardware liefert und austauschbar wird.<br />
A. Busch: Es ist unbestritten, wir müssen bei Big Data mitgestalten. Aber wir müssen<br />
unseren Kunden erklären, was wir messen, wie wir messen und warum. Das muss für<br />
ihn greifbar sein, damit er den Nutzen sieht. Diese Kompetenz müssen wir verstärkt<br />
herausarbeiten.<br />
Dr. M. Richter: Das ist genau unser Weg bei Schuler. Wir haben irgendwann begonnen<br />
aus den Echtzeitsystemen Daten zu sammeln, ohne genau zu wissen, was wir damit<br />
eigentlich machen wollen. In einigen Fällen konnten wir im Nachhinein über Analysen<br />
und aufgrund unseres Fachwissens sagen, warum Schäden aufgetreten sind. Wir<br />
konnten alte Maschinen mit neuen Maschinen vergleichen und unsere Kunden beraten.<br />
Einige Kunden haben nach der dritten, vierten mobilen Messung entschieden, das<br />
Diagnosesystem fest zu installieren. Es gilt also, den Kunden vom Nutzen zu überzeugen,<br />
wobei die Kosten in Relation zum Investment überschaubar bleiben müssen.<br />
Prof. S. Helduser: Zeigt sich an diesem Beispiel nicht auch die Stärke physikalisch<br />
begründeter Modelle? Maschinenbauer und Kunde können das Geschehen nachvollziehen<br />
und verstehen. Mit den rein mathematischen Vorhersagemodellen der IT-<br />
Firmen dürfte das schwierig sein.<br />
D. Michalkowski: Ja, aber da sehe ich nur einen zeitlichen Vorsprung. Die mathematischen<br />
Vorhersagemodelle wachsen rapide, und was man mit Künstlicher Intelligenz<br />
zukünftig machen kann, bleibt abzuwarten. Ich würde nicht sagen, die rein analytischen<br />
Modelle haben auf Dauer keine Zukunft. Die Frage ist vielmehr, wie können wir als<br />
<strong>Fluidtechnik</strong>er uns dieses Wissen, das da entsteht, zunutze machen – darin liegt unsere<br />
große Chance.<br />
Jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir uns als Deutscher Maschinenbau des Themas annehmen<br />
müssen. Das zeigten auch meine Gespräche auf unserem Predictive-Maintenance-Stand<br />
während der Hannover Messe <strong>2016</strong>. Es waren sehr viele asiatische Kunden auf dem Stand,<br />
die sich intensiv vorbereitet hatten und gezielte Fragen zu dem Thema gestellt haben. Man<br />
hat nicht nur in Deutschland erkannt, dass in den Themen „Industrie 4.0“ und „Predictive<br />
Maintenance“ ein gewaltiges technisches und kommerzielles Potenzial vorhanden ist.<br />
Dr. J. Bredau: Vor etwa sechs Jahren hat die Firma Festo mit der Integration von<br />
Diagnose für pneumatische Schweißzangen in der Automobilindustrie begonnen. In<br />
einem Karosseriewerk sind teilweise 500 bis <strong>10</strong>00 Zangen im Einsatz, und wir haben<br />
mittlerweile mehrere Werke weltweit ausgerüstet. In einem dezentralen<br />
Schweißzangen controller werden CM-Daten, wie Reibkräfte, Kraftaufbauzeit, Anzahl<br />
Schweißpunkte, Luftverbrauch gesammelt und modellbasiert analysiert. Das System<br />
leistet mehr als CM, aber ich würde es noch nicht als ein PdM-System bezeichnen. Jetzt<br />
im nächsten Schritt fangen die Automobilhersteller an, die Daten in der firmeneigenen<br />
Cloud zu sammeln. Wir arbeiten hier eng mit dem Automobilhersteller zusammen,<br />
unter anderem geht es darum, welche Daten wo verdichtet werden, wie Daten transportiert<br />
werden. Wir denken hier natürlich auch über die sich ergebenden Geschäftsmodelle<br />
nach, zum Beispiel Unterstützung für die Instandhaltung oder ähnliches.<br />
24 <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> <strong>10</strong>/<strong>2016</strong>