O+P Fluidtechnik 10/2016
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PREDICTIVE MAINTENANCE<br />
INTELLIGENTES WINDGETRIEBE DER<br />
NÄCHSTEN GENERATION<br />
Zu den Pionieren der vorbeugenden<br />
Instandhaltung<br />
zählen die Hersteller<br />
von großen Getrieben,<br />
die bereits im Jahr 2005<br />
auf der ersten VDMA-Gemeinschaftsausstellung<br />
zum Condition Monitoring<br />
in Hannover von der<br />
Versicherung Allianz zertifizierte<br />
Online-Monitoring-Systeme<br />
für Komponenten<br />
in Windenergieanlagen<br />
(WEA) präsentierten.<br />
Im Zeichen von<br />
Predictive Maintenance<br />
stellte nun die ZF Friedrichshafen<br />
AG auf der Sonderausstellung als Weiterentwicklung das intelligente Windgetriebe<br />
vor, in dem laut Firmenaussage moderne Sensorik und Datenanalyse die Effizienz<br />
und Zuverlässigkeit von Windenergieanlagen erhöht.<br />
„Das integrierte Drehmomentmesssystem und das aktive Torque-Kontrollsystem ermöglichen<br />
dynamische Lastüberwachung und aktive Drehmomentregelung“, berichtete<br />
Dipl.-Ing. Marton Kurucz aus der Vorentwicklung der ZF Friedrichshafen AG. „Ein Telemetriesystem<br />
wie Openmatics kann die Daten in unsere Cloud weiterleiten. Anschließend<br />
werden die Daten entweder von unseren Experten oder durch entsprechende Algorithmen<br />
analysiert und ausgewertet.“<br />
Anhand dieser Bewertung erfährt der Anwender, ob die Windenergieanlage optimal<br />
läuft, eine Anpassung der Parameter ansteht oder Wartung nötig ist. Hinzu kommt eine<br />
spezielle Form der Schwingungsüberwachung, die das Kontrollieren des Zustandes<br />
der einzelnen mechanischen Elemente des Windgetriebes erlaubt. Dank der intelligenten<br />
Lastüberwachung lassen sich gleichzeitig Leistung und Getriebelebensdauer<br />
erhöhen. „Wir messen das Drehmoment sehr hoch aufgelöst“, ergänzte Dr.-Ing.<br />
Andreas Vath, Projektleiter Simulation Windenergie bei der ZF Industrieantriebe Witten<br />
GmbH aus Lohr am Main „Wir können nun die Dynamik des Windes erfassen, um<br />
dann die Anlage mit Hilfe des Generators innerhalb kurzer Zeit so zu steuern, dass die<br />
Belastung sinkt.“<br />
HYDRAULIKÖL IN DER<br />
HYDRAULIKANLAGE IST<br />
WIE BLUT IM MENSCH-<br />
LICHEN KÖRPER:<br />
DIE ANALYSE BRINGT<br />
WICHTIGE ERKENNTNISSE<br />
ÜBER DEN GESAMT-<br />
ZUSTAND<br />
Christian H. Kienzle, CEO ARGO-HYTOS Group<br />
DATA-MINING-SYSTEME<br />
SCHNELLER AUFBAUEN<br />
Mathematisch analytische Arbeitsweise ist auch<br />
eine Spezialität der Warwick Analytical Software<br />
Ltd aus London, einem Spin-off der Universität<br />
Warwick. „Wir haben Algorithmen für die automatische<br />
Datenanalyse und Vorhersage entwickelt,<br />
die bereits in führenden Branchen wie<br />
Luftfahrt- und Automobilindustrie zum Einsatz<br />
kommt“, berichtete Geschäftsführer Dan<br />
Somers. „Der größte Vorteil besteht in der automatischen<br />
Bewertung sehr heterogener Informationen<br />
im Big Data-Format.“ Mit den Algorithmen<br />
entsteht innerhalb kurzer Zeit maßgeschneiderte<br />
Analysesoftware für Predictive<br />
Maintenance. Somers: „Wir schafften den Aufbau<br />
eines komplexen Data-Mining-Systems innerhalb<br />
von zwei Wochen, sonst dauert es in der<br />
Regel sechs Monate.“ Warwick Analytics verwendete<br />
dabei ihre Automated Information Retrieval<br />
(AIR) Software, um sowohl den Freitext<br />
als auch strukturierten Text aus verschiedenen<br />
Quellen (etwa aus dem ERP-System) in strukturierte<br />
Daten für Analysezwecke zu wandeln. Für<br />
Experten: AIR verändert die Regeln und verwendet<br />
einen Top-Down-Ansatz ohne Annahmen.<br />
AUSFÄLLE MONATE IM<br />
VORAUS PROGNOSTIZIEREN<br />
Direkt neben der Sonderausstellung führten<br />
weitere Firmen und ein Fraunhofer-Institut<br />
ebenfalls Predictive Maintenance-Lösungen<br />
vor: „Scalable Condition Monitoring“ - Maschinenüberwachung,<br />
die sich auf Kundenbedürfnisse<br />
anpassen lässt - ist eine Spezialität der<br />
deutsch-dänischen Brüel & Kjær Vibro GmbH<br />
mit Sitz in Darmstadt und Kopenhagen. Sie hat<br />
ein Verfahren entwickelt, mit dem sich ein bestehendes<br />
Maschinenschutzsystem schnell und<br />
einfach mit Condition Monitoring aufrüsten<br />
lässt. Mit dieser Technik lässt sich das Verhalten<br />
von allen rotierenden mechanischen Systemen<br />
erfassen. „Doch das für uns wichtigste Thema ist<br />
Industrie 4.0“, sagte Produktmanager Sven Kiekbusch.<br />
„Unsere Condition Monitoring-Systeme<br />
schicken die Daten an eine Cloud, von wo sie<br />
per Fernzugriff von unseren Ingenieuren oder<br />
vom Kunden ausgewertet werden.“<br />
Sehr intelligente Messwerterfassung und Onboard-Diagnose<br />
ermöglicht ein Messsystem mit<br />
16 Kanälen. Mit diesem werden beispielsweise<br />
schon über 8000 Windturbinen und Antriebsstränge<br />
remote überwacht. Der Betreiber hat dabei<br />
Zugriff auf Aufzeichnungen und Analysen<br />
aus der gesamten Laufzeit der Maschine. Dank<br />
dieser Datenhistorie konnte die Vorhersagequalität<br />
deutlich verbessert werden. „Wir können<br />
nun den Ausfall eines Getriebes bis zu neun Monate<br />
vorher prognostizieren – also lange, bevor<br />
überhaupt ein erster Fehler auftritt“, so Kiekbusch.<br />
„Das Messsystem sowie die Messverfahren<br />
(Deskriptoren) werden durch permanente<br />
Messungen und Analysen im laufenden Betrieb<br />
verbessert.“<br />
<strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> <strong>10</strong>/<strong>2016</strong> 31