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Medien- und Massenkommunikation: Begriffe und Modelle

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“dass [sie] nicht Lebensordnung, sondern Auflösung einer Lebensordnung bedeutet”.<br />

Immerhin erkennen viele Zeitgenossen die Massengesellschaft als unausweichliche<br />

Durchgangsphase zur modernen, demokratisch organisierten Industriegesellschaft. Dabei<br />

haben empirische Indikatoren die vielfach apostrophierte Vermassung <strong>und</strong> Vereinzelung<br />

der Menschen nicht so zwingend <strong>und</strong> umfassend nachgewiesen, wie es die theoretischen<br />

Entwürfe <strong>und</strong> kritischen Sichtweisen behauptet haben. Vielmehr macht man bald<br />

neuartige, funktional bedingte soziale Strukturierungen in den vermeintlich amorphen<br />

sozialen Gebilden aus, die soziale Gruppe wird quasi ‘wiederentdeckt’, korrekter: als unter<br />

anderen Bedingungen entstandene Primärformation der modernen Gesellschaft erkannt –<br />

übrigens nicht zuletzt durch Erhebungen von Kommunikationsforschern, allen voran Paul<br />

F. Lazarsfeld (1901-1976) <strong>und</strong> seinen Mitarbeitern im Präsidentschaftswahlkampf von<br />

1940 (Lazarsfeld/Berelson/Gaudet 1969; Langenbucher 1990). Allmählich verstummt die<br />

Rede von der Massengesellschaft, mindestens relativieren sich die pessimistischen<br />

Untertöne. In Deutschland geschieht dies erst in den 60er Jahren, nachdem in der<br />

Nachkriegszeit trotz der ideologisch-propagandistischen Perversion des Massenbegriffs<br />

durch die Nationalsozialisten erneut Vereinzelung, Entfremdung, “Vermassung”, “Verlust<br />

der Mitte” <strong>und</strong> Anonymität beschworen worden sind.<br />

In der <strong>Medien</strong>forschung entspricht der Theorie der Massengesellschaft die These von der<br />

allmächtigen Wirkungs- <strong>und</strong> Manipulationsmacht der Massenmedien, die sich allerdings<br />

bis heute – trotz der Verabschiedung von der Massengesellschaft – in allerlei Versionen<br />

hält. Diese Prämisse unterstellt (nach wie vor), dass die ständig einflussreicher<br />

werdenden (Massen)<strong>Medien</strong> auf die Individuen fast ungehindert einwirken können, da<br />

ihnen andere Orientierungen <strong>und</strong> Wertungen, die etwa als schützende Hüllen oder gar als<br />

Gegenkräfte fungieren könnten, fehlen. Erst als die neuen funktionalen Gliederungen <strong>und</strong><br />

Netzwerke in der Gesellschaft entdeckt werden <strong>und</strong> man zugleich erkannt hat, dass auch<br />

die Kommunikation über <strong>Medien</strong> mehrstufige Prozesse der Verbreitung durchläuft <strong>und</strong><br />

etwa sogenannte Meinungsführer (opinion leaders) oder Experten bei der Resonanz <strong>und</strong><br />

Akzeptanz von Neuigkeiten Einfluss haben oder soziale Netzwerke bestehen, über die<br />

sich die <strong>Medien</strong>botschaften vielfältig verbreiten, aufladen <strong>und</strong> bewerten, relativiert sich die<br />

Annahme über die Wirkungsmacht der <strong>Medien</strong>. In den 60er Jahren verkehrt sie sich sogar<br />

in ihr Gegenteil: nämlich in die Annahme von der weitgehenden Ohnmacht der <strong>Medien</strong>.<br />

Bis heute lassen sich manche Kontroversen auf diese gr<strong>und</strong>sätzliche, unterschiedliche<br />

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