SOCIETY 370 / 2016
WIRTSCHAFT - POLITIK - DIPLOMATIE - WISSENSCHAFT - KULTUR - LEUTE
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DIVERSITÄT<br />
KOMMENTAR<br />
FACTS<br />
Fotos: Peter Lechner/HBF, Carina Karlovits<br />
Neue Aufgaben für den<br />
Bundespräsidenten<br />
Am 4. Dezember <strong>2016</strong> wurde in Österreich die<br />
Bundespräsidentenwahl abgehalten. Diese wirft<br />
auch Fragen zur Stellung der MigrantInnen auf.<br />
Text: Simon Inou<br />
Die dominante Diskussion betrifft<br />
die sogenannten „Ausländer“. Als<br />
ob nur die in Österreich leben würden.<br />
Eigentlich gibt es einen Grundsatz<br />
innerhalb unserer Gesellschaft,<br />
wenn es um das Zusammenleben geht. Aber dieser<br />
ist nicht genau definiert. Hier sind unsere<br />
Vorschläge für den neuen, gewählten Bundespräsidenten,<br />
damit ein gutes Miteinander in ganz Österreich<br />
gelingt:<br />
1. Bekämpfung von Rassismen und Fremdenfeindlichkeit<br />
als oberste Priorität: Im Österreich<br />
des 21. Jahrhunderts gibt es noch Orte, zu denen<br />
man aufgrund der Hautfarbe keinen Zugang bekommt.<br />
Orte, an denen bestimmte Menschen<br />
nicht essen, nicht tanzen, nicht wohnen dürfen.<br />
Das widerspricht der so gern proklamierten Weltoffenheit.<br />
Antirassistische NGOs und Initiativen<br />
zeigen es jedes Jahr in verschiedenen Berichten:<br />
Rassismus ist Alltag.<br />
2. MigrantInnen sollen sichtbar gemacht werden:<br />
Sie putzen, arbeiten an unsichtbaren Stellen<br />
vieler Firmen (Keller, Küche, Bau). Sie sorgen dafür,<br />
dass, wenn wir morgens in unser Büro kommen,<br />
alles glänzt. Unter ihnen sind viele höher<br />
Gebildete. Realitäten wie diese sollten der Vergangenheit<br />
angehören. Für Wien ist die Zeit reif, Farbe<br />
zu bekennen. Nicht nur im öffentlichen Dienst<br />
sollten Menschen mit Migrationshintergrund an<br />
sichtbaren Stellen beschäftigt werden. Auch in allen<br />
verbreiteten Werbemitteln der Stadt – in Zeitungsinseraten,<br />
auf Plakaten, in TV-Spots – sollten<br />
MigrantInnen verstärkt sichtbar werden.<br />
3. Mehrsprachigkeit und Ganztagsschulen: Wir<br />
sollten uns von der Illusion befreien, dass „Migrantenkinder”<br />
das Schulproblem Wiens sind.<br />
Mangelnde Chancengleichheit und mehrwertige<br />
Förderungen für alle Kinder und Jugendlichen<br />
nach ihren jeweiligen Bedürfnissen sind das Bildungsproblem<br />
in Österreich. Die Ausbildung der<br />
LehrerInnen soll mehrsprachig gestaltet werden.<br />
4. Diskriminierungsfreie Schulbücher: Kein<br />
Mensch ist vorurteilsfrei. Aber die Art und Weise,<br />
wie wir damit umgehen, ist entscheidend. Diskriminierungen<br />
fallen nicht vom Himmel, sie sind<br />
Produkte unserer Sozialisation. Dabei spielen<br />
Schulbücher eine wesentliche Rolle. Österreich<br />
ist ein Einwanderungsland. Das ist Konsens. In<br />
den Schulbüchern spiegelt sich diese Realität allerdings<br />
kaum wider. In Unterrichtsmaterialien<br />
kommen immer noch Klischees, Diskriminierung<br />
und Vermischung von Begriffen wie „Ausländer“,<br />
„Migrant“ und „Fremde“, Schwarzafrikaner, Asylant<br />
usw vor.<br />
MigrantInnen in Wien<br />
Im Jahre <strong>2016</strong> lebten in<br />
Wien 1.840.226 Menschen<br />
• <strong>2016</strong> betrug der Anteil der<br />
Wienerinnen und Wiener<br />
mit ausländischer Herkunft<br />
38 Prozent (704.902).<br />
504.197 (27 Prozent) der<br />
Wienerinnen und Wiener<br />
haben eine ausländische<br />
Staatsangehörigkeit, 217.903<br />
besitzen einen Pass aus<br />
einem /-Staat und 286.294<br />
besitzen einen Pass aus<br />
einem Drittstaat.<br />
• Die meisten Wienerinnen<br />
und Wiener mit ausländischer<br />
Herkunft stammen aus<br />
Serbien (99.082), gefolgt<br />
von der Türkei (76.363) und<br />
Deutschland (55.361).<br />
• Insgesamt betrug der Neuzuzug<br />
nach Wien aus dem<br />
Ausland oder den anderen<br />
österreichischen Bundesländern<br />
2015 über 138.000<br />
Menschen. Die Abwanderung<br />
betrug im selben Jahr<br />
knapp 76.000.<br />
• Jede zweite Wienerin<br />
beziehungsweise jeder<br />
zweite Wiener hat Migrationshintergrund,<br />
wurde also<br />
selbst im Ausland geboren<br />
oder hat mindestens einen<br />
im Ausland geborenen<br />
Elternteil.<br />
• Der Anteil der Bezirksbewohnerinnen<br />
und Bezirksbewohner<br />
mit ausländischer<br />
Herkunft liegt in zehn<br />
Bezirken bereits bei über 40<br />
Prozent. Am höchsten ist<br />
der Anteil in Rudolfsheim-<br />
Fünfhaus (15. Bezirk) mit<br />
52,2 Prozent und damit weit<br />
über dem Durchschnitt von<br />
38,3 Prozent. Am niedrigsten<br />
ist der Anteil in Hietzing<br />
(13. Bezirk) und Liesing (23.<br />
Bezirk) mit 27,3 und 25,3<br />
Prozent.<br />
Quelle: Stadt Wien/Statistik<br />
• Austria.<br />
<strong>SOCIETY</strong> 2_<strong>2016</strong> | 111