Komplett. Das Sauerlandmagazin. Zwischen Verse und Sorpe. Ausgabe September/Oktober 2017
Themen u.a. Plettenberg und Herscheid werden demenzfreundliche Kommunen; Sie hängen noch: Kaugummiautomaten und andere Exoten; Leben im Kloster: vier Mönche in Werdohl
Themen u.a. Plettenberg und Herscheid werden demenzfreundliche Kommunen; Sie hängen noch: Kaugummiautomaten und andere Exoten; Leben im Kloster: vier Mönche in Werdohl
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Blick ins Esszimmer<br />
zum Gebet. Ein Ort der Ruhe. Mit einer<br />
starken Ausstrahlung. Ich darf hier<br />
eine Weile alleine sein. Fast wie ein<br />
kleiner Urlaub fühlt sich das an. Ich<br />
genieße diesen besonderen Platz <strong>und</strong><br />
bedauere es, dass ich hier nicht länger<br />
bleiben kann.<br />
nett. Und beantworten in der nächsten St<strong>und</strong>e alle meine<br />
Fragen geradeaus <strong>und</strong> überhaupt nicht abgehoben.<br />
2003 kamen die Mönche nach Werdohl.<br />
Damals suchte man dringend Seelsorger.<br />
Und sandte von Werdohl einen<br />
„Ruf“ aus in die katholische Welt. In Polen<br />
wurde er gehört. Seitdem sind die<br />
Mönche ein nicht mehr wegzudenkender<br />
Bestandteil der Stadt. Und das ehemalige Pfarrhaus<br />
eben ein Kloster.<br />
Still ist es hier nicht, die untere Etage wird gerade umgebaut.<br />
Bislang muss einer der Mönche mangels Platz im<br />
benachbarten Neuenrade wohnen. Damit ist nach dem<br />
Umbau Schluss. Gemeinschaft ist wichtig, erklärt mir Pater<br />
Irenäus, der das Kloster leitet. Zur Inspiration, fürs gemeinsame<br />
Gebet <strong>und</strong> das Hören auf den „Chef“. Gott ist<br />
hier überall gegenwärtig. Und trotz Baustelle strahlt dieses<br />
Haus Ruhe <strong>und</strong> Frieden aus.<br />
Die katholische Kirche selbst, zu der das Kloster gehört,<br />
wurde um 1860 erbaut <strong>und</strong> ist etwas Besonderes, da sie<br />
die erste katholische Kirche ist, die nach 300 Jahren Reformation<br />
neu erbaut wurde. Im streng evangelischen Teil<br />
des Sauerlandes wohlgemerkt. <strong>Das</strong> will was heißen <strong>und</strong><br />
zeigt, dass die Werdohler schon immer offen waren dafür,<br />
in eine friedliche Gemeinschaft zu investieren. Man versteht<br />
sich auch heute noch richtig gut mit den „Evangelischen“.<br />
Da ist etwas sehr Tiefes gewachsen zwischen den<br />
beiden Glaubensgemeinschaften, etwas, das auch die immer<br />
wieder aufkeimenden Diskussionen um ein gemeinsames<br />
Abendmahl, den Sinn oder Unsinn des Zölibats etc.<br />
nicht zerstören kann. Ökumene kann funktionieren.<br />
<strong>Das</strong> Klostergebäude an sich ist eine Mischung aus Moderne<br />
<strong>und</strong> Tradition. Dicke Bruchsteinmauern sorgen für<br />
ein ausgeglichenes Raum-Klima im Inneren. Alles ist<br />
sehr sauber <strong>und</strong> gepflegt <strong>und</strong> strahlt trotzdem große<br />
Gemütlichkeit aus. Bunte Gegenstände aus Afrika, Südamerika<br />
<strong>und</strong> Asien harmonieren mit schlichten Statuen<br />
von Heiligen <strong>und</strong> sparsam eingesetztem Mobiliar.<br />
Eine hauseigene Kapelle befindet sich in der ersten<br />
Etage. Hier treffen sich die Brüder mehrmals täglich<br />
Ein zentrales Anliegen der kleinen Kommunität: das gemeinsame<br />
Leben. Für die Mönche ist es wichtig, zusammen<br />
zu beten, zu essen <strong>und</strong> zu arbeiten. <strong>Das</strong> stärkt den<br />
Glauben <strong>und</strong> die Gemeinschaft untereinander. Auf meine<br />
Frage, warum das Kloster so klein ist <strong>und</strong> nicht so wie<br />
man es sich vorstellt, riesig groß mit dicken Mauern, erklärt<br />
mir Pater Irenäus, dass der Auftrag der Franziskaner<br />
ganz klar der ist, unter die Menschen zu gehen. Sich<br />
nicht absondert, sondern mit ihnen lebt, ihre Sorgen <strong>und</strong><br />
Nöte teilt. Franziskus, der Gründer dieser Ordensbewegung,<br />
wollte, dass die Brüder mit der Bevölkerung le-<br />
Pater Irenäus Wojtko<br />
ben, wissen, was das alltägliche Leben der Menschen<br />
ausmacht. Die Franziskaner sind eine weltweite Bewegung,<br />
sie sind überall präsent, wo Hilfe gebraucht wird.<br />
Ich will wissen, wie sie, die beide relativ jung sind, Mönche<br />
geworden sind. Sie erzählen mir von dem Ruf, den<br />
sie gehört haben. Bei Irenäus hat es mehrere Jahre gedauert,<br />
eher er diesem Ruf gefolgt ist. Er beschreibt das,<br />
was er erlebt hat als beharrliches inneres Drängen. Ka-<br />
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