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Komplett. Das Sauerlandmagazin. Zwischen Verse und Sorpe. Ausgabe September/Oktober 2017

Themen u.a. Plettenberg und Herscheid werden demenzfreundliche Kommunen; Sie hängen noch: Kaugummiautomaten und andere Exoten; Leben im Kloster: vier Mönche in Werdohl

Themen u.a. Plettenberg und Herscheid werden demenzfreundliche Kommunen; Sie hängen noch: Kaugummiautomaten und andere Exoten; Leben im Kloster: vier Mönche in Werdohl

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Interview<br />

Herr Olmaz, wie waren die Reaktionen<br />

darauf, dass die neue<br />

Moschee mit ihrem neuen Sitz<br />

an der Hauptstraße mehr in<br />

den Blickpunkt rückt?<br />

Olmaz: Die vorherige Moschee an der Lennestraße wurde<br />

vorher von den Menschen nicht so wahrgenommen.<br />

Da haben anfangs schon einige Menschen Bedenken<br />

geäußert, als klar wurde, dass wir in die ehemalige Post<br />

ziehen werden. Vor allem, als wir bekannt gegeben haben,<br />

dass wir ein Minarett bauen werden, haben viele<br />

gedacht, dass von dort aus jetzt fünf Mal am Tag zum<br />

Gebet gerufen wird. Aber da es ja ein rein symbolisches<br />

Minarett ist, konnten wir diese Bedenken schnell aus<br />

dem Weg räumen.<br />

Wie waren die Reaktionen bei der Eröffnungsfeier?<br />

Waren viele Deutsche anwesend?<br />

Olmaz: Es war ein tolles Eröffnungswochenende. Insgesamt<br />

waren etwa 3000 Menschen zu Gast an den drei<br />

Tagen. Darunter waren auch mehr als 500 Deutsche.<br />

Meist waren so viele Besucher in der Moschee, dass die<br />

vier Moscheeführer gar nicht ausreichten, um alle Menschen<br />

gleichzeitig durch die Räume zu führen. Es freut<br />

mich sehr, dass so viele gekommen sind, um gemeinsam<br />

mit uns zu feiern <strong>und</strong> sich ein eigenes Bild von<br />

dem abgeschlossenen Umbau zu machen. Die Reaktionen<br />

der Menschen waren sehr positiv. Wer das Gebäude<br />

vorher kannte <strong>und</strong> jetzt sieht, was daraus geworden ist,<br />

ist überrascht.<br />

Wie schätzen Sie den Zusammenhalt der<br />

Vereinsmitglieder ein?<br />

Olmaz: Ohne den starken Zusammenhalt unserer Mitglieder<br />

hätten wir den Umbau nicht schaffen können.<br />

Die Männer haben Urlaub genommen, um helfen zu<br />

können, teils bis spät in die Nacht. Wer nicht selbst bei<br />

den Bauarbeiten anpacken konnte, hat bei Verwandten<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en Spenden gesammelt. Viele unserer Frauen<br />

haben geerbten Schmuck gespendet, damit wir so<br />

einen Teil des Umbaus bezahlen konnten. Alle haben<br />

großen Einsatz für die Gemeinschaft gezeigt.<br />

Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit den<br />

christlichen Kirchen?<br />

Olmaz: Ich halte den Austausch der Religionen für sehr<br />

wichtig. Wir stehen oft in Kontakt zu den Vertretern der<br />

evangelischen <strong>und</strong> katholischen Kirche in Finnentrop.<br />

Herr Pastor Kinold <strong>und</strong> Frau Pastorin Warns haben bei<br />

der Einweihung Grußworte gesprochen. Jedes Jahr gibt<br />

es ein gemeinsames Projekt von Christen <strong>und</strong> Muslimen<br />

in Finnentrop. Im Moment planen wir für das kommende<br />

Jahr die Aktion „Fastenbrechen unter Nachbarn“.<br />

Dazu werden alle Menschen, egal welcher Religion,<br />

herzlich eingeladen mit uns gemeinsam an der Moschee<br />

zu essen. Wer möchte, kann sich darüber informieren,<br />

warum wir fasten, warum das Fastenbrechen<br />

wichtig ist <strong>und</strong> vieles mehr.<br />

Wie wurde der Umbau des Gebäudes bezahlt?<br />

Olmaz: Die gesamten Kosten für den Umbau, insgesamt<br />

520.000 Euro, wurden durch Spenden <strong>und</strong> Mitgliedsbeiträge<br />

bezahlt. 40.000 Euro haben wir bei Mitgliedern<br />

zinslos geliehen. Wir sind stolz, dass wir keinen Kredit<br />

bei einer Bank aufnehmen mussten, sondern alles aus<br />

eigener Kraft gestemmt haben. Etwa 90 Prozent der<br />

ausgeführten handwerklichen Arbeiten, vom Tragen der<br />

Dachziegel über Verlegen der Teppiche bis zum Pflastern<br />

des Parkplatzes, haben die gut 100 Mitglieder des<br />

Moscheevereins selbst ausgeführt. Viele Firmen haben<br />

Baumaterialien <strong>und</strong> Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt,<br />

die mehrere Tage für unseren Verein kostenfrei auf der<br />

Baustelle gearbeitet haben. Dabei handelt es sich nicht<br />

nur um Türkischstämmige, sondern auch um viele Deutsche.<br />

Wir sind berührt von der Hilfe <strong>und</strong> dem Engagement<br />

der Menschen. Und da die Frage immer wieder<br />

kommt: Nein, wir bekommen kein Geld aus der Türkei.<br />

Was wünschen Sie sich für die Zukunft in Hinblick auf<br />

das Verhältnis zwischen Muslimen <strong>und</strong> Christen?<br />

Olmaz: Ich weiß, dass viele Menschen Vorurteile haben,<br />

da sie im Fernsehen über die Konflikte in der Türkei hören.<br />

Da werden schnell alle Menschen in einen Topf geworfen.<br />

Aber nicht alle Menschen sind gleich <strong>und</strong> nicht alle teilen<br />

dieselben Ansichten. Muslime sind keine Terroristen.<br />

Wenn man ein Beispiel für einen Muslim anführen möchte,<br />

dann lieber mich, nicht diejenigen, die ISIS folgen. Ich<br />

wünsche mir, dass die Menschen mehr miteinander sprechen,<br />

friedlich miteinander leben können <strong>und</strong> Respekt<br />

füreinander zeigen. Wir möchten gerne dazu beitragen,<br />

Vorurteile gegenüber Muslimen abzubauen.<br />

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