stahlmarkt 07.2011 (Juli)
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22 K Branchenbericht<br />
Großanlagenbau zurück in der Spur<br />
Wettbewerbsdruck nimmt deutlich zu<br />
Frankfurt (kv). Im deutschen Großanlagenbau ist wieder<br />
Wachstum angesagt. Der Markt hat sich nach dem Einbruch<br />
2009 inzwischen deutlich erholt und die heimischen<br />
Anlagenbauer fühlen sich auch dem verstärkten Wettbewerbsdruck<br />
gewachsen. Im laufenden Jahr dürften die<br />
Auftragseingänge um etwa 10 % zulegen.<br />
WW K Helmut Knauthe, der neue Vorstandssprecher<br />
der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau<br />
im Verband Deutscher Maschinenund<br />
Anlagenbau (VDMA), hat in seinem<br />
Amt einen guten Start erwischt. Nach dem<br />
tiefen Einbruch im Rahmen der internationalen<br />
Finanzkrise geht es bei den Anlagenbauern<br />
wieder aufwärts: »Für 2011 sind wir<br />
verhalten optimistisch. Über nahezu alle<br />
Branchen hinweg rechnen wir damit, dass<br />
sich die Projekttätigkeit weiter beleben und<br />
der seit Mitte 2010 zu beobachtende Aufwärtstrend<br />
im Auftragseingang anhalten<br />
wird. Die Be stellungen dürften damit das<br />
Niveau des Jahres 2010 übertreffen.« Dabei<br />
helfe, dass »in der Rezession verschobene<br />
Vorhaben wiederaufleben und sich auch die<br />
Nachfrage nach neuen Investitionsprojekten<br />
verbessert«. Eine Rückkehr zu den Spitzenwerten<br />
der Jahre 2007 und 2008 sei aber<br />
»vorerst« noch nicht zu erwarten.<br />
In Zahlen bedeutet diese Aussage: Nachdem<br />
sich der Auftragseingang von 2002<br />
(15,2 Mrd. €) bis 2008 auf 32,8 Mrd. €<br />
mehr als verdoppelt hatte, brach er 2009<br />
um ein Drittel auf 22,1 Mrd. € ein und erholte<br />
sich im vergangenen Jahr nur leicht auf<br />
22,4 Mrd. €. Für 2011 rechnet die Arbeitsgemeinschaft<br />
mit einem »hohen einstelligen<br />
oder niedrigen zweistelligen« Zuwachs. Eine<br />
genaue Prognose für einen bestimmten Zeitraum<br />
fällt schon deshalb schwer, weil bereits<br />
etwa vier Großprojekte, die sich über den<br />
Stichtag hinaus verschieben (Einzelvolumen<br />
mindestens 25 Mill. €) für die Statistik deutlich<br />
ins Gewicht fallen.<br />
Stärkste Impulse wieder<br />
aus den BRIC-Staaten<br />
Knauthe, der im Hauptberuf Geschäftsführer<br />
der Uhde GmbH ist, geht davon aus, dass<br />
die stärksten Impulse für den Großanlagenbau<br />
2011 aus den BRIC-Staaten (Brasilien,<br />
Russland, Indien, China) kommen. »Gleichzeitig<br />
sollte der Aufschwung regional weiter<br />
an Breite gewinnen. Verbesserte Perspektiven<br />
nehmen wir unter anderem auch in<br />
Südostasien – vor allem Indonesien und<br />
Vietnam –, im restlichen Osteuropa und in<br />
einigen Regionen Südamerikas wahr. Hingegen<br />
haben sich die Aussichten für Nordafrika<br />
infolge der politischen Umwälzungen<br />
verschlechtert. Mittlerweile strahlen diese<br />
auch auf die arabische Halbinsel aus«, erläutert<br />
Knauthe. Dennoch bleibe der Mittlere<br />
Osten ein hochattraktiver, allerdings vom<br />
Wettbewerb auch sehr umkämpfter Markt<br />
für den deutschen Großanlagenbau. Insgesamt<br />
gelte für den internationalen Markt:<br />
Die langfristigen Wachstumstrends wie<br />
weltweit steigender Energiebedarf, zunehmende<br />
Bedeutung von Energieeffizienz und<br />
Ressourcenschonung, überproportional ho -<br />
he Nachfrage aus Schwellenländern seien<br />
»weiter intakt«. Die über 2011 hinausreichenden<br />
Perspektiven des Großanlagenbaus<br />
seien daher günstig. Knauthe: »Wir wollen<br />
an diesen Marktchancen teilhaben und werden<br />
daher unseren Technologievorsprung<br />
durch konsequente Innovation zukünftig<br />
halten sowie unsere Abwicklungskompetenzen<br />
erhöhen.«<br />
Als typisches Jahr einer rapiden Kehrtwende<br />
erwies sich 2010. Knauthe: »Der<br />
Großanlagenbau mit seinen Investitionsgüterbranchen<br />
nimmt mit zeitlicher Verzögerung<br />
an wirtschaftlichen Aufschwüngen<br />
teil.« Vor allem die Anlagenbauer, die die<br />
Grundstoffindustrien ausrüsten, konnten im<br />
vergangenen Jahr die Rückgänge des Kri-<br />
Großanlagenbau kurzgefasst<br />
Zum Großanlagenbau gehören Unternehmen<br />
der Branchen elektrotechnische Ausrüstungen,<br />
Kraftwerke, Hütten- und Walzwerke,<br />
verfahrenstechnische Chemieanlagen,<br />
Baustoffanlagen, Papier- und Zellstoffanlagen,<br />
Wasserkraftanlagen, Anlagen<br />
für Holzwerkstoffe und solarthermische<br />
Anlagen. Die Unternehmen müssen<br />
nach der Definition der Arbeitsgemeinschaft<br />
Großanlagenbau im VDMA einoder<br />
mehrmals jährlich kundenspezifische<br />
Industrieanlagen im Wert von jeweils mindestens<br />
25 Mill. € herstellen können. Der<br />
Umsatz im Großanlagenbau ist als Indikator<br />
zur aktuellen Marktentwicklung wenig<br />
geeignet, da er angesichts der Langfristigkeit<br />
des Geschäfts zum Teil Jahre zurückliegende<br />
Aufträge widerspiegelt. Wohl<br />
aber kann er, wenn man einen mittelfristigen<br />
Zeitraum heranzieht, einen Vergleich<br />
mit anderen Ländern über Marktanteile<br />
liefern. Nimmt man den Fünfjahreszeitraum<br />
2006 (Weltmarktvolumen 225<br />
Mrd. €) bis 2010 (250 Mrd. €), so lässt sich<br />
festhalten, dass Deutschland bis 2010 auf<br />
einen Anteil von 18 % (nach 20 %) abgerutscht<br />
ist. Westeuropa ohne Deutschland<br />
kommt auf weitere 22 (25) %. Marktführer<br />
bleiben die USA mit 20 (22) %. Stark verloren<br />
hat Japan mit 10 (15) %, während<br />
Südkorea mit 12 (5) % und China mit 8<br />
(5) % die deutlichen Gewinner sind.<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>07.2011</strong>