6 K Seitenblick Am Image arbeiten Früher war es einfach: Wer gute Produkte zu einem attraktiven Preis anbot konnte sicher sein, dass seine Kasse klingelt. Heute achten die Verbraucher immer häufiger darauf, dass das Unternehmen bei dem sie einkaufen, Umwelt- und Sozialstandards einhält. Auch wollen immer mehr Menschen bei Unternehmen arbeiten, die ein anerkannt gutes Image haben. WW K Vor ein paar Wochen durften mehr als 800 Mitarbeiter des Textildiscounters Kik einmal etwas anderes tun, als für ihren Arbeitgeber Shirts und Blusen zu verkaufen oder im Büro zu arbeiten. Sie absolvierten ein Casting für Werbeaufnahmen. Gesucht wurden mehr als drei Dutzend Männer und Frauen, die ihr Gesicht für die Kleiderkette in die Kamera halten. Im Herbst will der Fi lialist, der in Deutschland mehr als 2.300 Läden betreibt, dann die Imagekampagne starten. Dass eine solche Aktion »Mitarbeiter werben für ihr eigenes Unternehmen« etwas bewirken kann, hatte zuvor bereits die Fast-Food-Kette McDonald’s bewiesen. Umfragen zeigen, dass der Burger-Anbieter sein Image als Arbeitgeber deutlich verbessert hat, seitdem ausgesuchte Beschäftigte für ihren Arbeitgeber als Model aufgetreten waren. Warum greifen Unternehmen zu solchen Methoden? Warum setzen sie nicht auf traditionelle Formen der Werbung? Etwa indem sie einen Prominenten für ein Testimonial gewinnen? Die Antwort ist einfach: Weil die Glaubwürdigkeit sehr viel größer ist, wenn ein Mitarbeiter vor die Kamera tritt. Für die Unternehmen ist es vor allem aus zwei Gründen wichtig, in einem guten Licht zu erscheinen. Zum einen natürlich, um sich positiv von Mitbewerbern abzuheben und bei den Kunden Sympathiepunkte zu sammeln. Zum anderen aber auch, um sich als Ein gutes Unternehmensimage ist attraktiv für Führungskräfte. attraktiver Arbeitgeber zu empfehlen. Denn längst ist es nicht mehr so, dass nur bei wenigen ausgewählten Spezialisten, wie Ingenieuren, Mangel herrscht. Oder, dass ausschließlich um hoch qualifizierte Nachwuchskräfte, die sogenannten High Potentials, gebuhlt wird. Die demografische Entwicklung lässt vielmehr erwarten, dass bald auch in anderen, weniger anspruchsvollen Berufsfeldern Mitarbeiter knapp werden. Also polieren die Unternehmen ihr Image als Arbeitgeber auf. Wie sehr sich vor allem die Unternehmen bemühen, in einem besseren Licht zu er scheinen, ist derzeit intensiv bei einigen derjenigen Einzelhändler zu beobachten, die lange Zeit ein Schmuddelimage hatten. Dazu gehört Kik. Die Kleiderkette war unter anderem wegen mieser Arbeitsbedingungen in seinen Nähereien in Bangladesch heftig in die Kritik geraten. Inzwischen kontrolliert der Billiganbieter seine Lieferanten stärker und beschäftigt in der Geschäftsführung sogar einen anerkannten Fachmann für Themen wie nachhaltiges Wirtschaften und Umwelt. Oder Lidl: Der Discounter musste heftige Kritik einstecken, als bekannt wurde, dass er Mitarbeiter bespitzeln ließ und die Gründung von Betriebsräten behinderte. Das Unternehmen zog daraufhin die Notbremse, erhöhte die Löhne, durchleuchtete die Führungsstruktur und informierte die Öffentlichkeit stärker. Die Maßnahmen hatten Erfolg. Die Umfragewerte für Lidl haben sich deutlich verbessert. Oder Schlecker: Zunächst war es nur die Gewerkschaft Verdi, die die Drogerie kette immer wieder an den Pranger stellte, weil sie angeblich Mitarbeiter peinigte und wegen Kleinigkeiten abmahnte. Dann be gann das Familienunternehmen, Teile der Stammbelegschaft durch schlechter be zahlte Mitarbeiter einer Leiharbeitsfirma zu ersetzen, und plötzlich interessierte sich sogar Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen für dessen Geschäftsgebaren. Prompt sackten die Sympathiewerte für Schlecker in den Keller. Firmenchef Anton Schlecker reagierte, ließ zu, dass seine 34.000 Mitarbeiter künftig nach Einzelhandelstarif bezahlt werden und schränkte die umstrittene Leiharbeit ein. Inzwischen versuchen Schleckers Kinder, die im Unternehmen Schritt für Schritt Verantwortung übernehmen, den schlechten Ruf weiter aufzupolieren. Viele Kunden richten ihre Kaufentscheidung nicht mehr nur vornehmlich am Preis aus, sondern wollen beim Einkauf auch ein gutes Gewissen haben. Unternehmen können das nicht als Modeerscheinung abtun, sondern müssen sich ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen: zum einen, weil immer weniger Menschen bei ihnen arbeiten wollen, zum anderen, weil immer mehr Menschen bei ihnen kaufen wollen. ber (sm 110702323) K <strong>stahlmarkt</strong> <strong>07.2011</strong>
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