stahlmarkt 07.2011 (Juli)
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52 K Special: Edelstahl<br />
Elektropolieren nichtrostender Stähle<br />
von Dr. Hans-Peter Wilbert*<br />
Das Elektropolieren nichtrostender Stähle führt vielfach zu<br />
optisch glänzend aussehenden Oberflächen, doch auch<br />
verbesserte technische Eigenschaften der Bauteile wie<br />
Korrosionsbeständigkeit, Gratfreiheit und Reinigbarkeit<br />
sind wesentliche Aspekte des Verfahrens.<br />
WW K Das Elektropolieren nichtrostender<br />
Stähle ist ein elektrochemisches Oberflächenbehandlungsverfahren,<br />
bei dem als<br />
Folge eines elektrischen Ladungsaustauschs<br />
zwischen einem metallischen Bauteil und<br />
einem flüssigen Medium, dem Elektrolyten,<br />
Metallionen von der Bauteiloberfläche ab <br />
getragen werden. Entscheidendes Merkmal<br />
ist eine bevorzugte Abtragung von Rauheitsspitzen,<br />
wodurch eine Einebnung er <br />
folgt, die eine verringerte Mikrorauigkeit<br />
bewirkt und für eine metallurgisch reine<br />
Oberfläche ohne Störstellen sorgt.<br />
Grundlagen<br />
Im Prinzip handelt es sich beim Elektropolieren<br />
um eine Umkehrung des galvanischen<br />
Prozesses. Ein typisches Elektropolierbad<br />
besteht aus gleichen Volumenanteilen von<br />
96-prozentiger Schwefelsäure und 85-prozentiger<br />
Orthophosphorsäure. Mehrere<br />
Kathoden aus Blei, Kupfer oder nichtrostendem<br />
Stahl werden in den Elektrolyten eingetaucht<br />
und mit dem Minuspol der Stromquelle<br />
verbunden. Das zu behandelnde<br />
Bauteil wird an einem Korb befestigt, der<br />
aus Titan, Kupfer oder Bronze besteht und<br />
ebenfalls in den Elektrolyten eingetaucht an<br />
den Pluspol der Stromquelle angeschlossen<br />
wird. Wenn Gleichstrom angelegt wird, fungiert<br />
der Elektrolyt als Leiter und Metall wird<br />
an der Oberfläche des anodisch geschalteten<br />
Bauteils gelöst. Die Stromlinien konzentrieren<br />
sich hierbei auf Grate und andere<br />
vorstehende Unregelmäßigkeiten der Bauteiloberfläche,<br />
wo ein verstärkter Metallabtrag<br />
erfolgt, bis die Oberfläche weitgehend<br />
eingeebnet ist. Dabei werden auch feine<br />
Grate, die infolge mechanischer Bearbeitung<br />
entstehen, beseitigt. Die Behandlungsdauer<br />
liegt üblicherweise zwischen 2 und 20 min.<br />
Im Allgemeinen lassen sich alle nichtrostenden<br />
Stähle, unabhängig von ihrer chemischen<br />
Zusammensetzung und ihren mechanischen<br />
Eigenschaften, durch das Elektropolieren<br />
anodisch abtragen. Hierbei erfordern<br />
ferritische nichtrostende Stähle gegenüber<br />
austenitischen nichtrostenden Stählen je <br />
doch den Einsatz anderer Elektrolyte mit in<br />
der Regel höherer Stromdichte, um vergleichbar<br />
gute Elektropolierergebnisse zu<br />
erzielen. Das gilt auch für härt- und vergütbare<br />
martensitische nichtrostende Stähle.<br />
Wesentlich für ein einwandfreies Elektropolieren<br />
ist eine gründliche vorhergehende<br />
Reinigung der Bauteile. Besonders schädlich<br />
wirken sich Farb-, Fett- und Zunderrückstände<br />
aus. Sie würden den gleichmäßigen<br />
Stromübergang behindern und zu ungleichmäßigem<br />
Angriff führen. Vom Werkstoff her<br />
sollte ein möglichst feines, gleichmäßiges<br />
und homogenes Gefüge mit nur geringen<br />
nichtmetallischen Einschlüssen vorliegen.<br />
Wichtige Voraussetzung für eine zufriedenstellende<br />
Elektropolierbehandlung ist, dass<br />
das anodische Auflösungsverhalten der verschiedenen<br />
Legierungsbestandteile gleich ist<br />
und auch keine elektrochemisch resistenten<br />
Legierungsbestandteile vorliegen. Dies be <br />
deutet für die Praxis, dass niob- oder titanstabilisierte<br />
Stähle, Automatenstähle oder<br />
nichtrostende Stähle mit höheren Gehalten<br />
an Kohlenstoff, Silicium, Aluminium, Phosphor<br />
und Schwefel nur bedingt zum Elektropolieren<br />
geeignet sind.<br />
Mechanische Beschädigungen wie Kratzer<br />
oder Ziehriefen auf der Bauteiloberfläche sind<br />
* Der Autor ist Geschäftsführer der Informationsstelle<br />
Edelstahl Rostfrei, Düsseldorf. Die Ausführungen ba <br />
sieren auf dem Merkblatt 974, das kostenfrei bei der<br />
Informationsstelle, Fax: +49 211 6707-344, angefordert<br />
werden kann.<br />
(110702190/1)<br />
Das Elektropolieren dient auch der Entgratung – speziell bei Teilen, die sich nur schwer<br />
mechanisch bearbeiten lassen (Fotos: Poligrat GmbH, München).<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>07.2011</strong>