LE-2-2016
LOGISTIK express Fachzeitschrift
LOGISTIK express Fachzeitschrift
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
HANDEL<br />
Der Handel wird zum Schrottplatz<br />
Das neue Elektrogesetz (ElektroG) nimmt Hersteller von Elektrogeräten hierzulande<br />
in die Pflicht, sich um die Entsorgung ausgedienter Ware zu kümmern. Ab<br />
Ende Juli ist auch der Handel mit in der Verantwortung: Wer mehr als 400 Quadratmeter<br />
Verkaufs- oder Lagerfläche unterhält, muss Rücknahmestellen für Altgeräte<br />
anbieten, selbst wenn diese nicht bei ihm erworben wurden. Das stellt vor<br />
allem Online- und Versandhändler vor große Herausforderungen. AUTOR: BIJAN PEYMANI<br />
BIJAN PEYMANI<br />
OLIVER PROTHMANN<br />
Präsident des Bundesverbandes<br />
Onlinehandel<br />
Seit mehr als zehn Jahren gilt in Deutschland<br />
eine Registrierungspflicht für Hersteller<br />
und Importeure von Elektro- und<br />
Elektronikgeräten. Ohne eine entsprechende<br />
Anzeige bei der Stiftung Elektro-Altgeräte<br />
Register (EAR) in Fürth dürfen sie diese<br />
Produkte hierzulande weder präsentieren<br />
noch verkaufen oder anderweitig vertreiben.<br />
Die EAR erfasst unter anderem die in Verkehr<br />
gebrachten Mengen an Elektrogeräten und<br />
sorgt neben der Abholung von Altgeräten<br />
dafür, dass öffentlich genügend Sammelcontainer<br />
bereitstehen.<br />
Das neue Gesetz nimmt nun erstmals auch<br />
die Händler in die Pflicht und stellt sie damit<br />
auch vor eine große logistische Aufgabe. Vor<br />
allem gegen die mit der Novelle einhergehende<br />
oder zumindest als solche empfundene<br />
Diskriminierung einzelner Vertriebswege laufen<br />
die zuständigen Branchenverbände Sturm. So<br />
müssen zwar sowohl stationäre als auch Online-<br />
und Versandhändler mit Ablauf der Übergangsfrist<br />
am 24. Juli <strong>2016</strong> in Deutschland umfangreichen<br />
Melde- und Informationspflichten<br />
nachkommen. Doch im Einzelhandel reicht<br />
es aus, für die Elektroaltgeräte von Kunden<br />
entsprechende Rückgabemöglichkeiten im<br />
Ladengeschäft vorzuhalten. Online- und Versandhändler<br />
hingegen müssen Verbrauchern<br />
ein Netz von bundesweit mindestens 1.500<br />
bis 2.000 Rückgabestellen anbieten“, betont<br />
Sebastian Schulz, Leiter Rechtspolitik & Datenschutz<br />
beim Bundesverband E-Commerce<br />
und Versandhandel Deutschland (bevh) in<br />
Berlin. Als Konsequenz erwartet Schulz „marktbereinigende<br />
Effekte zulasten der Anbietervielfalt“.<br />
Bereits heute haben sich Online- und Versandhändler,<br />
die Elektrogeräte ins EU-Ausland<br />
verkaufen, in jedem Land einzeln zu registrieren.<br />
Dort werden sie dann als „Hersteller nach<br />
Elektroaltgerätegesetz“ behandelt. Die Registrierung<br />
müssen sie in Eigenregie oder über<br />
einen Bevollmächtigten in der Landessprache<br />
vornehmen, jährlich an das betreffende Land<br />
gelieferte Mengen an Elektrogeräten melden<br />
und auf Verlangen des entsprechenden Registers<br />
Altgeräte entsorgen lassen. Eine direkte<br />
Rücknahme entsteht im Ausland nicht.<br />
„Alles in allem bedeutet es für einen europaweit<br />
verkaufenden Händler, unabhängig<br />
von der Menge, einen Kostenaufwand von<br />
mehreren 10.000 Euro“, rechnet Oliver Prothmann,<br />
Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel<br />
(BVOH) in Berlin, vor. Mit der Novelle<br />
des ElektroG kommen für den gesamten<br />
Handel hierzulande weitere Belastungen<br />
hinzu. Dabei bezweifeln Experten durchaus,<br />
dass das Gesetz das gesteckte Ziel erreicht,<br />
mehr Elektroschrott dem hiesigen Kreislauf der<br />
Wiederverwertung zuzuführen.<br />
12 LOGISTIK EXPRESS 2/<strong>2016</strong>