LE-2-2016
LOGISTIK express Fachzeitschrift
LOGISTIK express Fachzeitschrift
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
TRANSPORT & LOGISTIK<br />
Vix Danubius Nontotus Austriacus<br />
Die Donau, die beinahe zur Gänze österreichisch ist, steht unter dem mächtigen<br />
Flussgott, welcher die Donau über eine Figur mit Turban ergießen lässt. Unter<br />
diesem kraftvollen Bild im Großen Saal des Palais Niederösterreich fand am 17.<br />
März der VNL-Verkehrslogistik-Kongress statt. Was hätte der italienische Freskomaler<br />
Antonio Beduzzi wohl nach dem Logistik-Kongress <strong>2016</strong> an die Wand<br />
geschrieben? AUTOR: PETER BAUMGARTNER<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
Vielleicht, dass Österreich nur noch<br />
wenige Kilometer Anteil an der Donau<br />
hat? Dass der Wassertransport<br />
und die nasse Infrastruktur in der<br />
österreichischen Logistik eine winzige Rolle<br />
spielen? Dass die Wasserflächen in Donauhäfen<br />
lieber zugeschüttet statt ausgebaut<br />
werden? Auf jeden Fall hätte Beduzzi aus<br />
dem mächtigen Flussgott einen greisen Mann<br />
gemacht, der selber höchstens noch eine<br />
Suppe verschütten kann. Kein Wunder, dass<br />
Prof. Sebastian Kummer eindringlich bittet,<br />
man möge doch die positiven Nachrichten<br />
aus dem Logistik-Kongress verbreiten.<br />
Das Land verliert bei den ausländischen<br />
Kunden als Logistikstandort zusehends an Bedeutung<br />
und genießt höchstens den Nimbus<br />
einer Schnitzelhochburg mit Lederhosenfolklore.<br />
An dieser Stelle muss einmal die Frage gestellt<br />
werden, wie die Verbreitung gut recherchierter<br />
Nachrichten eigentlich funktionieren soll,<br />
wenn im Land zwar Boulevardmedien, die<br />
zur absoluten Volksverblödung beitragen,<br />
großzügig gefördert werden, Fachmedien<br />
aber keinen Cent bekommen? Ganz abgesehen<br />
davon, es gibt eben so viele negative<br />
Entwicklungen, leider auch in der Logistikbranche,<br />
dass Redaktionen sich sogar schon<br />
gezwungen sehen, konstruktiven Journalismus<br />
zu fördern. Aber es ist allemal besser, der<br />
ausländische Partner oder Kunde erfährt aus<br />
den Medien, was ihn erwartet, anstatt durch<br />
eigene „Erfahrung“ klug zu werden.<br />
Bleiben wir bei der Förderpolitik im Land,<br />
die unter dem Titel Logistik, Verkehr, Transport<br />
und Innovation abläuft. Da gibt es nicht<br />
viel zu beschönigen, und das hat auch der<br />
Rechnungshof schon moniert. Auch wenn<br />
vielleicht einmal ein neues, innovatives Verladesystem<br />
durch die Förderpolitik zur Anwendung<br />
kommt. Tatsache ist doch, dass<br />
„Transport gegen die<br />
Fracht“ ist wie Sex ohne<br />
Liebe. Verlockend – aber<br />
sinnlos.“<br />
die übergeordneten Förderziele - Effizienz des<br />
Verkehrssystems, Transportverlagerung und<br />
CO 2 -Reduzierung - in weite Ferne gerückt<br />
und unerreichbar erscheinen. Trotz oder gerade<br />
wegen der Förderung findet immer mehr<br />
Verkehr auf der Straße statt und die Städte ersticken<br />
im Verkehr, während die Staukosten in<br />
astronomische Höhen klettern.<br />
Gleichzeitig werden trotz geförderter EEV,<br />
Euro 5 und 6 ganze Talschaften verpestet. Das<br />
alles liegt nicht nur an der ausufernden Grundlagenforschung,<br />
die hauptsächlich dem Selbstzweck<br />
dient, sondern auch an der angewandten<br />
Forschung, die Lösungsansätze statt<br />
Lösungen fördert. Oder welchen Sinn verfolgt<br />
zum Beispiel eine trimodale Hafenförderung,<br />
wenn dort die Binnenschifffahrt kaum mitspielen<br />
darf? Überhaupt stellt sich die Frage,<br />
welchen Sinn hat eine Logistikförderung noch,<br />
wenn die Industrieansiedlungs- und Raumordnungspolitik<br />
nicht mitgedacht wird? Welchen<br />
Sinn hat eine Förderung der Binnenschifffahrt,<br />
wenn am Donauufer Yachthäfen, aber keine<br />
Industrie angesiedelt wird? Sebastian Kummer<br />
selber hat in einem Aufsatz einmal erklärt,<br />
welchen Sinn astronomisch hohe Bahnförderungen<br />
haben: Sie bringen, so Kummer, kaum<br />
mehr Verkehr auf der Bahn, rechtfertigen aber<br />
gerade deshalb noch mehr Investitionen …<br />
52 LOGISTIK EXPRESS 2/<strong>2016</strong>