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LE-2-2016

LOGISTIK express Fachzeitschrift

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TRANSPORT & LOGISTIK<br />

Flächenmaut: Die Wogen gehen hoch<br />

Die geplante Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut auf allen Straßen<br />

lässt die Wogen hochgehen. Die Transportwirtschaft und die Wirtschaft lehnen<br />

sie ab, einzelne Bundesländer wollen sie unbedingt, um ihre Kassen zu füllen und<br />

Straßen sanieren zu können. AUTOR: JM<br />

A<strong>LE</strong>XANDER KLACSKA<br />

SEBASTIAN KUMMER<br />

Die heimische Transportbranche ist<br />

mächtig aufgebracht und macht<br />

ihrer Ablehnung zur Einführung einer<br />

flächendeckenden Lkw-Maut in<br />

ganz Österreich kräftig Luft. 600 Mio. Euro erhoffen<br />

sich die neun österreichischen Bundesländer<br />

daraus zu erlösen, fünf Prozent davon<br />

müsste man für die Systemkosten abziehen. Die<br />

Mehrkosten durch die Flächenmaut werden<br />

alle Österreicher bezahlen müssen. „Einerseits<br />

spendiert der Staat den Bürgern Steuererleichterungen<br />

von fünf Mrd. Euro, andererseits<br />

kassiert er gleich 20 Prozent davon wieder<br />

ein", kritisiert Alexander Klacska, Obmann der<br />

Bundessparte Transport und Verkehr in der<br />

Wirtschaftskammer Österreich (WKO).<br />

Seine klare Absage zu den politisch motivieren<br />

Maut-Plänen kommt daher nicht überraschend.<br />

Der Funktionär befürchtet, dass durch<br />

die Flächenmaut Unternehmen ihre Lkw-Flotten<br />

auf kleinere Lkw umstellen werden, was unter<br />

dem Strich bedeutet: Noch mehr Lkw werden<br />

auf den Straßen unterwegs sein. Eine von der<br />

WKO beim Wiener Logistik-Professor Sebastian<br />

Kummer in Auftrag gegebene Studie über die<br />

möglichen Auswirkungen einer Flächenmaut<br />

kommt zu sehr nüchternen Erkenntnissen, die<br />

allen diejenigen, die immer wieder lauthals<br />

den Wirtschaftsstandort Österreich propagieren,<br />

zu denken geben müsste:<br />

Eine flächendeckende Lkw-Maut würde<br />

hauptsächlich regionale österreichische Industrie-,<br />

Gewerbe-, Handels- und Transportunternehmen<br />

treffen. Vor allem Unternehmen<br />

mit regionalen Netzwerken würden überproportional<br />

belastet, heißt es in der Studie.<br />

„Die Binnenkonjunktur und der Wirtschaftsstandort<br />

Österreich werden geschwächt und<br />

die Mautpläne sind insgesamt gesehen ein<br />

falscher Impuls", prophezeit Kummer. Bei einigen<br />

im Rahmen der Studie analysierten Unternehmen<br />

würden die direkten Zusatzkosten<br />

der flächendeckenden Maut sogar über sechs<br />

Prozent vom Umsatz ausmachen. Neben der<br />

regionalen Wirtschaft sieht Kummer durch eine<br />

flächendeckende Maut vor allem auch die österreichischen<br />

Konsumenten stark betroffen. Er<br />

geht davon aus, dass sich die daraus resultierenden<br />

Mehrkosten für die privaten Haushalte<br />

in der Höhe von rund 62 bis 77 Euro pro Kopf<br />

und Jahr niederschlagen werden. Für die gesamte<br />

Bevölkerung wäre das demnach eine<br />

Belastungshöhe von 419 bis 515 Millionen Euro<br />

pro Jahr.<br />

Bei Rewe International (Billa, Merkur und<br />

Co) redet man nicht viel um den heißen Brei<br />

herum: „Eine flächendeckende Lkw-Maut<br />

in Österreich trifft in erster Linie die österreichischen<br />

Konsumenten“, verlautet aus der<br />

Konzernzentrale in Wiener Neudorf. Aufgrund<br />

der tendenziell kleinformatigeren Strukturen<br />

übernimmt der Supermarktsektor in Österreich<br />

die Funktion des Nahversorgers. Diese Rolle<br />

muss auch weiterhin gewährleistet bleiben.<br />

Eine flächendeckende Lkw-Maut bedeute vor<br />

diesem Hintergrund höhere Preise für Konsumenten<br />

und das bei notwendigerweise gleichbleibendem<br />

Verkehrsaufkommen aus dem<br />

Lebensmitteleinzelhandel, lautet die Botschaft<br />

des Lebensmitteldiskonters.<br />

Ganz anders sehen das einzelne Landeshauptleute<br />

der Bundesländer. Jörg Leichtfried,<br />

Landesrat für Verkehr im Bundesland Steiermark,<br />

gilt als Frontmann für die Einführung der<br />

Maut und fordert die Einführung einer flächendeckenden<br />

Lkw-Maut so rasch wie möglich.<br />

Der frühere EU-Parlamentarier der SPÖ begründet<br />

die Notwendigkeit für zusätzliche Mauteinnahmen<br />

mit den leeren Kassen in den Länderbudgets<br />

für den Ausbau der Gemeinde- und<br />

Landesstraßen.<br />

„Es wäre sinnvoll, österreichweit eine flächendeckende<br />

Maut für Schwerfahrzeuge über 3,5<br />

Tonnen einzuführen“, so Leichtfried. Nach seiner<br />

Vorstellung sollten „Mautflüchtlinge“, die mit<br />

56 LOGISTIK EXPRESS 2/<strong>2016</strong>

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