Küche_07-18
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TECHNIK & Management<br />
Wer sagt denn, dass Köche nur in Restaurants, Hotels oder<br />
Kantinen gebraucht werden? Supermärkte, Shopping-Center<br />
oder Möbelhäuser können ebenso zum Arbeitsplatz<br />
werden, denn die Handelsgastronomie boomt. Das zeigt<br />
eine aktuelle Studie.<br />
Von Martin Brust<br />
Fotos Shutterstock, Zurheide Feine Kost KG / Foto: Ruhrmedien<br />
Jens B. und Frank A. sind alte Freunde.<br />
Regelmäßig treffen sie sich zur gemeinsamen<br />
Mittagspause. Früher in Restaurants,<br />
Kneipen oder Cafés in der Nähe eines ihrer<br />
Büros. Doch seit die Firma von Jens B.<br />
an den Stadtrand zog, treffen sie sich beim<br />
Edeka. Nein, dort kaufen sie keine belegten<br />
Brötchen, die sie im Stehen auf dem<br />
Bürgersteig hinunterschlingen. Bei dem<br />
noch recht neuen, großen und im Viertel<br />
am Stadtrand von Frankfurt weitgehend<br />
konkurrenzlos gelegenen Supermarkt<br />
haben sie die breite Auswahl: Vor der Tür<br />
stehen mittags wechselnde Foodtrucks.<br />
Drinnen bietet ein Bäcker auch wechselnde,<br />
kleine und größere, warme Speisen.<br />
Und es gibt noch einen Asia-Stand<br />
mit frischem Sushi sowie ebenfalls einer<br />
Mittagskarte mit meist knapp einem Dutzend<br />
Gerichten. Jens und Frank nutzen einen<br />
sich seit Jahren verstärkenden Trend,<br />
dessen Ende nicht absehbar ist: „Die Handelsgastronomie<br />
nimmt Fahrt auf“, heißt<br />
es im Vorwort einer im April erschienenen<br />
Studie des EHI-Instituts.<br />
„Grundsätzlich gewinnt das Thema<br />
Gastronomie in unseren Märkten zunehmend<br />
an Bedeutung“, sagt Judith<br />
Alpmann von der Pressestelle der Edeka<br />
Zentrale AG & Co. KG. Deshalb entwickele<br />
die erst Mitte Mai neu aufgestellte<br />
Konzern-Tochter Edeka Foodservice<br />
„innovative Verkaufskonzepte“ für die<br />
Einzelhandelsfilialen, beispielsweise die<br />
Edeka-Marktküche. „Dabei handelt es<br />
sich um ein modulares Baukastensystem,<br />
das sich den örtlichen Begebenheiten im<br />
Markt optimal anpasst. Das flexible Konzept<br />
bietet die Möglichkeit, verschiedenste<br />
Module passgenau zu integrieren – z.B.<br />
für Burger, Pasta, Pizza, Flammkuchen<br />
oder eine Suppenbar. Kunden können<br />
somit nach ihrem Einkauf mit Suppen,<br />
belegten Baguettes, kleinen Pizzen oder<br />
Nudelgerichten stärken oder auch eine<br />
der Kaffeespezialitäten genießen.“<br />
Auf der einen Seite sind Gastronomie<br />
und Handel ein vertrautes Paar, beispielsweise<br />
beim Vorreiter Möbelhandel. Kaum<br />
ein Möbelmarkt kommt ohne Restaurant<br />
aus, es soll gar nicht so wenige Kunden<br />
geben, für die Köttbullar und Hot Dog die<br />
wahren Gründe sind, zum blau-gelben<br />
Möbelriesen aus Schweden zu fahren,<br />
nicht so sehr Billy. Tankstellen und andere<br />
Geschäfte bieten ebenfalls schon lange<br />
Snacks und kleine Gerichte für Reisende,<br />
zum Baumarkt gehört der Bratwurststand.<br />
Im Handel gibt es also „seit Jahrzehnten<br />
etablierte und erfahrene Gastronomien,<br />
die teilweise in eigenen Gesellschaften<br />
geführt werden“, so die EHI-Studie. Andererseits<br />
„entdecken Branchen wie der<br />
Lebensmitteleinzelhandel das Thema<br />
für sich neu“. Derzeit würden auch viele<br />
Umbauten im Lebensmittelhandel und<br />
in Shopping-Centern in Richtung Gastronomie<br />
gehen: Der Food-Flächenanteil<br />
steige beispielsweise in Einkaufszentren<br />
und Warenhäuser richteten „umfeldbezogene<br />
Themenrestaurants“ ein. Wohl auch<br />
als Reaktion auf den zunehmenden Onlinehandel<br />
setzt der Handel zunehmend<br />
auf Emotionen und Erlebnisse. Gastronomiekonzepte<br />
können „im Welcome- und<br />
Wohlfühlprozess für Kunden eine wichtige<br />
Rolle spielen“, so Michael Gerling und<br />
Olaf Hohmann aus der Geschäftsleitung<br />
des EHI Retail Institute und Studienleiter<br />
Moritz Kolb.<br />
Handelsgastronomie mag oft mit weniger<br />
kulinarischem Anspruch betrieben<br />
werden als klassische Restaurants, aber<br />
sie ist ein riesiger Markt: An den rund<br />
33.000 untersuchten gastronomischen<br />
Standorten im Handel werden laut der<br />
Studie mehr als neun Milliarden Euro im<br />
Jahr umgesetzt. Der Durchschnittsbon<br />
beträgt 6,67 Euro, er ist im Lebensmittelhandel<br />
(6,88 Euro) höher als im Bereich<br />
Nonfood (6,47 Euro). Die Studie deckt<br />
nach eigenen Angaben etwa ein Drittel<br />
des Marktes für Handelsgastronomie ab.<br />
Handelsgastronomie hat also großes<br />
Potenzial, auch für Köche und Köchinnen.<br />
Zumal der Personalmangel eines<br />
der größten Probleme der Branche ist,<br />
wie zwei Drittel der befragten Manager<br />
sagen. Ebenso viele nennen das Perso-<br />
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