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Tätigkeitsbericht der Sächsischen Landesärztekammer 2001

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Anfang <strong>2001</strong> knüpften sich zarte Hoffnungen auf eine verständnisvollere<br />

und kenntnisreichere Sozial- und Gesundheitspolitik<br />

<strong>der</strong> neuen Ministerin Ulla Schmidt nach einer dirigistischen<br />

und zum Teil populistischen Etappe („Patientencharta“)<br />

mit Andrea Fischer. In gewisser Weise erfüllten sich<br />

solche Hoffnungen auch, in dem zumindest das Gespräch mit<br />

Fachleuten und Ärztevertretungen aufgenommen wurde mit<br />

<strong>der</strong> erkennbaren Bereitschaft, <strong>der</strong>en Argumente zu bedenken.<br />

So ist <strong>der</strong> Runde Tisch „Bündnis Gesundheit 2000“ gegründet<br />

worden, eigentlich dafür, eine wirkliche Reform vorzubereiten,<br />

nachdem offensichtlich eine Flut gesetzlicher (vor allem<br />

Kosten-) Regelungsversuche fehlschlugen.<br />

Aber <strong>der</strong> Runde Tisch konnte die in ihn gesetzten Hoffnungen<br />

bisher nicht erfüllen, zumal er durch zu große Streubreite von<br />

Interessengruppen ein teurer Debattierclub zu werden droht.<br />

Ein konkretes Ergebnis hat er letztes Jahr dennoch gebracht:<br />

Er hat festgestellt, dass Prophylaxe nützlich ist.<br />

Ministerin Ulla Schmidt hat einiges auch für uns sächsische<br />

Ärzte Positives auf den Weg gebracht, wie die Abschaffung<br />

des (totgeborenen) Kollektivregresses bei Arzneimitteln, den<br />

problematischen Risikostrukturausgleich zwischen den<br />

Krankenkassen und beson<strong>der</strong>s den Fremdkassenfinanzausgleich<br />

nach dem Wohnortprinzip.<br />

Doch größere Probleme wurden und werden fortgeführt o<strong>der</strong><br />

neu geschaffen. Um nur einiges zu nennen:<br />

Die Aut-idem-Regelung des Arzneimittelbudget-Ablösegesetzes,<br />

<strong>der</strong> deutschlandweite „Großversuch“ <strong>der</strong> Einführung von<br />

DRG zur pauschalierenden Finanzierung von Krankenhausleistungen,<br />

das weitere Ignorieren des Arbeitszeitgesetzes,<br />

Disease-Management-Programme zunächst ohne gestaltende<br />

Mitwirkung von Ärzten sowie generell die von Rot-Grün<br />

gewollte, zunehmende Machtverschiebung bei gesundheitspolitischen<br />

Entscheidungen in Richtung Krankenkassen.<br />

All dies und in <strong>der</strong> gesellschaftlichen Wahrnehmung neu auftauchende<br />

Probleme wie Präimplantationsdiagnostik/Stammzellenforschung<br />

o<strong>der</strong> Sterbebegleitung versus Sterbehilfe<br />

erfor<strong>der</strong>n auch von den Ärzten und <strong>der</strong>en Körperschaften eindeutige<br />

Standpunkte, die dann auch gegenüber einer sensibilisierten<br />

Öffentlichkeit bestehen können.<br />

Beson<strong>der</strong>s ärgerlich sind jene Probleme, die uns von profilierungssüchtigen<br />

Politikern nicht bis zum Ende durchdacht<br />

aufgebürdet werden, wie die Einführung <strong>der</strong> diagnoseorientierten<br />

Fallpauschalen zum 01.01.2003. Deren Auswirkungen<br />

innerhalb <strong>der</strong> Krankenhauslandschaft wie auch die Folgen für<br />

die ambulante Versorgung können ein komplexes Gesundheitssystem<br />

in den Grundfesten erschüttern. Dennoch unternimmt<br />

die Ärzteschaft das Mögliche, <strong>der</strong>en Einführung von ihrer<br />

Seite aus vorzubereiten. Ich persönlich hätte mir gewünscht,<br />

dass von den entsprechenden Bundesgremien <strong>der</strong> Ärzteschaft<br />

auch einmal ein entschlossenes „Nein“ zu hören gewesen wäre,<br />

ein solches Vorhaben ohne großflächige Erprobung einzuführen.<br />

Zunehmend drängt sich ein an<strong>der</strong>es Problem in den Vor<strong>der</strong>grund<br />

unserer Vorstandssitzungen: Der gravierende Mangel an<br />

Hausärzten.<br />

Angeregt durch eine Anfrage in <strong>der</strong> Kammerversammlung<br />

erstellte die Sächsische <strong>Landesärztekammer</strong> eine Statistik für<br />

alle Arztgruppen hinsichtlich ihrer Altersstruktur.<br />

Die Bilanz ist erschreckend:<br />

Berufspolitik<br />

Allgemeinmediziner und Praktiker erreichen bis Ende 2010 zu<br />

37 % die Altersgrenze von 65 Jahren, Kin<strong>der</strong>ärzte zu 32 %!<br />

Demzufolge scheiden etwa ein Drittel <strong>der</strong> Hausärzte bis zu<br />

diesem Zeitpunkt aus dem Berufsleben aus, verstärkt in den<br />

kommenden fünf Jahren. Junge Mediziner finden sich nur in<br />

völlig unzureichen<strong>der</strong> Zahl für die Weiterbildung in diesen<br />

Fachrichtungen bereit.<br />

Die Sächsische <strong>Landesärztekammer</strong> machte diesen Zustand<br />

öffentlich, so dass auch die Medien auf drohende Versorgungslücken<br />

aufmerksam gemacht werden konnten. An<strong>der</strong>e<br />

ostdeutsche Bundeslän<strong>der</strong> folgten diesem Beispiel.<br />

Verstärkt wird dieser Trend <strong>der</strong> Ausdünnung des Hausarztbereiches<br />

durch die Tatsache, dass junge Mediziner nach beendeter<br />

Weiterbildung in die Altbundeslän<strong>der</strong> abwan<strong>der</strong>n, wo für etwa<br />

die gleiche Leistung ein Viertel mehr Honorar erwirtschaftet<br />

wird.<br />

Diese Misere betrifft alle neuen Bundeslän<strong>der</strong> und wird ab<br />

diesem Jahr zunehmend zum Politikum.<br />

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat Ende Januar<br />

2002 eine bundesweite Studie veröffentlicht mit dem Titel<br />

„Gehen dem deutschen Gesundheitswesen die Ärzte aus?“, die<br />

diesen Umstand aufgreift. Auch die Kassenärztliche Vereinigung<br />

Sachsen macht auf die konkrete Sachlage aufmerksam,<br />

dass hausärztliche Vertragsarztsitze nicht vermittelt werden<br />

können und erstellt eine Prognose für die nächsten Jahre.<br />

Das Beispiel <strong>der</strong> Eröffnung einer Debatte über den zunehmenden<br />

Ärztemangel in bestimmten Fachrichtungen zeigt,<br />

dass die Sächsische <strong>Landesärztekammer</strong> nicht nur auf berufspolitische<br />

Ereignisse reagiert, son<strong>der</strong>n zunehmend agiert.<br />

Weitere Beispiele von großem, diesbezüglichem Engagement<br />

sind<br />

– die Koordination, Mo<strong>der</strong>ation und Arbeit für das „Sächsische<br />

Bündnis Gesundheit 2000“,<br />

– die Koordination <strong>der</strong> Aktivitäten für ein Patienteninformationssystem<br />

verschiedener Leistungserbringer,<br />

– Erarbeitung und Einbringen von Standpunkten und Stellungnahmen<br />

zu wichtigen berufspolitischen Themen auf<br />

Landes- und Bundesebene,<br />

– das herausragende und auch außerhalb Sachsens stark<br />

beachtete Deutsch-polnische Symposium in Kreisau.<br />

Langjährige Kontakte zwischen <strong>der</strong> Polnischen Nie<strong>der</strong>schlesischen<br />

Ärztekammer und <strong>der</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landesärztekammer</strong><br />

führten zu diesem vorläufigen Höhepunkt,<br />

zudem auf historischem Boden. Epitasis des Treffens unter<br />

dem Thema „Vergangenheit verstehen – Zukunft gestalten“<br />

war unzweifelhaft eine Rede des ehemaligen Bundesministers<br />

Egon Bahr zu Fragen <strong>der</strong> Integration Polens in die<br />

Europäische Union. Arbeitsgruppen bei<strong>der</strong> Kammern werden<br />

die gewachsenen Beziehungen intensivieren.<br />

All dies Genannte soll aber nicht verdrängen, dass <strong>der</strong> Hauptteil<br />

<strong>der</strong> Vorstandssitzungen durch Verwaltungsaufgaben<br />

gebunden ist. So werden die Kammerversammlungen, Treffen<br />

<strong>der</strong> Vorsitzenden <strong>der</strong> Kreisärztekammern und Ärztetage<br />

inhaltlich und organisatorisch vorbereitet. Ordnungen, Satzungen<br />

und gesetzliche Grundlagen ärztlicher Tätigkeit müssen<br />

auf den erfor<strong>der</strong>lichen Stand gehalten werden. Qualitätssicherung,<br />

Weiterbildung und Fortbildung erfor<strong>der</strong>n ebenfalls<br />

einen hohen organisatorischen Aufwand.<br />

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