Von Descartes zu Deckard – - Wolfgang Ruge
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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Ruge</strong><br />
<strong>Von</strong> <strong>Descartes</strong> <strong>zu</strong> <strong>Deckard</strong> <strong>–</strong> Zur Identitätsfähigkeit künstlicher Intelligenzen im Science-Fiction-Film 35<br />
seines Todes vergleicht Batty, ein Gedicht von William Blake zitierend, die Replikanten mit<br />
gefallenen Engeln und sich selbst mit Luzifer (vgl. Martig 2009, 249).<br />
Als zweites Erzählmotiv nennt Martig die Verwandlung Roy Battys in einen Menschen,<br />
der menschlicher ist als die ihm umgebenden Personen:<br />
„Roy Batty bekommt mit seiner Inszenierung als hochgewachsener, blonder und blauäugiger<br />
Kampfreplikant eine doppelte Konnotierung: Einerseits als Übermensch, der sich mit unglaublicher Kraft<br />
und Genialität in den innersten Kern der Macht begibt; andererseits auch als Verwandlung in einen<br />
Menschen, der menschlicher ist als alle Wesen, die in der Megalopolis leben“ (Martig 2009, 250).<br />
Abb. 10: Roy Batty im Angesicht des Todes<br />
Abb. 11: Der Himmel reißt auf<br />
Diese Verwandlung erreicht ihren Höhepunkt kurz vor dem Tod Battys, als dieser den<br />
eigentlich schon geschlagenen Rick <strong>Deckard</strong> verschont und kurz vor seinem Tod eine<br />
Taube in den Himmel aufsteigen lässt. (Abb. 10, Abb. 11) Die offenen Wunden Battys<br />
erinnern dabei an die Stigmata Jesu und die Bilder codieren<br />
„die Passionsgeschichte Battys […] als universales Schicksal des Menschen, als Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit<br />
den existenziellen Grundfragen <strong>–</strong> Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wieviel Zeit bleibt mir? [… ] Auf<br />
der Bildebene reißt der Himmel auf und erstmals ist in der Düsternis der Megalopolis ein Stück freier<br />
Himmel <strong>zu</strong> sehen. Der sinflutartige Regen wird unterbrochen, indem die Taube aus der Hand des<br />
sterbenden Batty auffliegt und in den Himmel aufsteigt. Hier verbinden sich konnotativ die<br />
Sinflutgeschichte aus der Genesis mit der Pfingstsymbolik des sich öffnenden Himmels“ (Martig 2009,<br />
250).<br />
Auf der Bildebene erkennt Martig (2009, 251) eine „religiöse Überhöhung und<br />
Sakralisierung als visuelle[n] Stil“. Dieser zeigt sich schon in den ersten Einstellungen des<br />
Films:<br />
„Sakralisierend wirken sowohl die aufschießenden Feuersäulen, die auf die Darstellung des Infernos<br />
hinweisen [Anm: Gemeint ist Dantes Inferno, der erste Teil der göttlichen Komödie, welcher einen Weg<br />
durch die Hölle beschreibt <strong>–</strong> W.R.], als auch die Konstruktion des Maya-Tempels, der sich später als Sitz<br />
der Tyrell-Corporation entpuppt“ (Martig 2009, 251).<br />
Als zweites zentrales Element nennt Martig das omnipräsente Auge, das den Eindruck<br />
von Kontrolle vermittle und somit <strong>zu</strong> Paranoia und <strong>zu</strong>r „Negation des Menschlichen“