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Von Descartes zu Deckard – - Wolfgang Ruge

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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Ruge</strong><br />

<strong>Von</strong> <strong>Descartes</strong> <strong>zu</strong> <strong>Deckard</strong> <strong>–</strong> Zur Identitätsfähigkeit künstlicher Intelligenzen im Science-Fiction-Film 57<br />

Perspektive Stephanies eingenommen und so erkannt hat, dass organische Lebewesen sich<br />

nicht wie ein Roboter einfach so reparieren lassen. Auf diese Weise erlernt Nummer 5 auch<br />

das Konzept des Todes, welches untrennbar mit dem Begriff der Zeit gekoppelt ist<br />

(Stephanie erklärt ihm den Tod mit dem Worten „Tod ist für immer“ (Badham 1986,<br />

0:37:55 - 0:37:57)).<br />

Wann Nummer 5 genau das formal-operatorische Stadium erreicht, in welchem „die<br />

analytische Durchdringung komplexer Problemstellungen“ (Sodian 2008, 443) erlernt wird,<br />

ist nicht eindeutig fest<strong>zu</strong>stellen. Im Laufe des Films zeigt er durchaus Fähigkeiten, die<br />

vermuten lassen, dass er das Stadium erreicht hat, weil die Durchführung dieser Tätigkeiten<br />

formale Operationen erfordert. So gelingt es ihm bspw. die Roboter, die Nova ausschickt<br />

um ihn ein<strong>zu</strong>fangen, um<strong>zu</strong>programmieren und später sogar einen Doppelgänger <strong>zu</strong> bauen.<br />

In dem Gespräch mit Crosby, in dem Nummer 5 ihm die Tatsache seines „Lebens“<br />

erläutert, kommt auch das Moralsystem Nummer Fünfs <strong>zu</strong>m Ausdruck. Da dieses<br />

allerdings sehr dem Moralsystem Stephanies ähnelt, kann davon ausgegangen werden, dass<br />

er dieses einfach übernommen hat, und nicht vor dem Hintergrund eines moralischen<br />

Relativismus über diesen reflektiert. Auch die eigenen Erkenntnisprozesse selbst macht<br />

Nummer 5 nicht <strong>zu</strong>m Gegenstand seiner Reflexion, was ja ein Kennzeichen des formaloperatorischen<br />

Stadiums wäre (vgl. Sodian, 2008, 443). Daher möchte ich so<br />

argumentieren, dass Nummer 5 am Ende des Films an der Schwelle zwischen konkretoperatorischem<br />

und formal-operatorischem Stadium und somit vor dem Übergang <strong>zu</strong>m<br />

Jugendalter steht.<br />

Unabhängig davon, welches Stadium Nummer 5 am Ende des Films nun erreicht hat, ist<br />

die Wirkung des Aufgreifens der menschlichen Entwicklung. Dadurch das Nummer 5 sich<br />

ähnlich wie ein menschlichen Kind entwickelt, ist es für den Rezipienten einfach ihn als<br />

„Kind“ <strong>zu</strong> betrachten und ihm somit auch die kindliche Denk- und somit auch<br />

Bewusstseinsentwicklung <strong>zu</strong><strong>zu</strong>schreiben. Das Durchlaufen der kindlichen Entwicklung<br />

ermöglicht Nummer 5 die Adaption menschlicher Bewusstseinsentwicklung, womit das<br />

sechste Kriterium Metzingers erfüllt wäre - freilich in einer anderen Art, als in der von ihm<br />

gedachten materiellen Perspektive.

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