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Von Descartes zu Deckard – - Wolfgang Ruge

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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Ruge</strong><br />

<strong>Von</strong> <strong>Descartes</strong> <strong>zu</strong> <strong>Deckard</strong> <strong>–</strong> Zur Identitätsfähigkeit künstlicher Intelligenzen im Science-Fiction-Film 39<br />

Und auch <strong>Deckard</strong>s Beziehungen scheinen todgeborene <strong>zu</strong> sein, so erinnert er sich im<br />

Off-Kommentar der Anfangsszene daran, dass seine Ex-Frau ihn als kalten Fisch<br />

bezeichnet hat 18 , was meint, dass seine Ehe <strong>–</strong> so lässt sich heraushören <strong>–</strong> an seiner<br />

Gefühlskälte gescheitert ist.<br />

Für die Frage von Identität sind diese Umstände katastrophal, denn „Abfall bedarf<br />

keiner feinen Unterschiede und subtilen Nuancen, es sei denn, er ist fürs Recycling<br />

vorgemerkt“ (Bauman 2005, 111). Und ein Recycling ist in der flüchtigen Moderne nicht<br />

angedacht.<br />

Für Bauman ist die Erinnerung „das wichtigste Opfer dieses epochalen Wandels, ein<br />

Verlust, der als Kollateralschaden ausgeben wird“ (Bauman 2007, 191). Soweit geht die<br />

Visions BLADE RUNNERS allerdings nicht, im Gegenteil, die Erinnerung so scheint es, ist<br />

die letzte Bastion der Menschlichkeit. Wenn das räumliche- und soziale Umfeld, anders<br />

formuliert das Außen, den Menschen nur als Teil eines Schwarms definiert, dann kann das<br />

„Ich“ nur im Inneren gefunden werden. Ich spreche an dieser Stelle absichtlich nicht von<br />

Identität, worauf ich jedoch an späterer Stelle genauer eingehen werde. Zunächst werde ich<br />

die Rolle der Erinnerung in Blade Runner thematisieren.<br />

4.1.3 Simulierte Ich-Identität - die Funktion der Erinnerung in Blade<br />

Runner<br />

Erinnerungen, genauer gesagt implantierte Erinnerungen der Replikanten, nehmen in<br />

BLADE RUNNER eine Schlüsselrolle ein. Ihre Aufgabe besteht darin, den Robotern<br />

Menschlichkeit und Identitätsfähigkeit <strong>zu</strong><strong>zu</strong>schreiben.<br />

Die Fähigkeit, sich <strong>zu</strong> erinnern, kann als eine Vorausset<strong>zu</strong>ng für ein Bewusstsein<br />

angesehen werden. Metzinger beschreibt Erinnerungen als unabdingbar für das Gefühl der<br />

Präsentationaliät, da das Gefühl einer Gegenwart nur eine „spezielle Form der Erinnerung“<br />

(Metzinger 2001, 91) sei. Gegenwärtig ist für ein bewusstes System das, woran es sich<br />

<strong>zu</strong>letzt erinnern kann. Jedoch sind die Replikanten nicht nur erinnerungsfähig, die neue<br />

Generation wird sogar mit ‚gefälschten‘ Erinnerungen ausgestattet. Im Falle von Rachael<br />

sind es aller Wahrscheinlichkeit nach die Erinnerungen von Tyrells Nichte, welche ihr<br />

implantiert wurden. Rachael besitzt durch diese Implantation Erinnerungen eines<br />

menschlichen Wesens, somit kann ihr Bewusstsein aus der Geschichte ihrer „Geburt“<br />

18 „<strong>Deckard</strong> [off-Kommentar]: ‚Sushi, that‘s what why ex-wife called me, cold fish“ (Scott 1982, 0:09:12-<br />

0:09:15)

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