Von Descartes zu Deckard – - Wolfgang Ruge
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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Ruge</strong><br />
<strong>Von</strong> <strong>Descartes</strong> <strong>zu</strong> <strong>Deckard</strong> <strong>–</strong> Zur Identitätsfähigkeit künstlicher Intelligenzen im Science-Fiction-Film 38<br />
167). Innerhalb dieses sozialen Rahmens „ich“ <strong>zu</strong> sein, heißt sich nur als Teil des ganzen<br />
Schwarms <strong>zu</strong> sehen <strong>–</strong> wie auch immer dieser im Moment aussehen mag.<br />
Wenn die Funktion des Individuums nach Auflösung des Schwarms erfüllt ist, gibt es<br />
zwei Möglichkeiten, entweder die Eingliederung in einen neuen Schwarm oder, das betont<br />
Bauman an anderer Stelle, ein Schicksal als „menschlicher Abfall“. Für ihn ist „die<br />
Produktion ‚menschlichen Abfalls‘ […] ein unvermeidliches Ergebnis der Modernisierung<br />
und eine untrennbare Begleiterscheinung der Moderne“ (Bauman 2005, 12). Als<br />
menschlichen Abfall bezeichnet Bauman (2005, 12) dabei den<br />
„‚überschüssige[n]‘ und ‚überzählige[n]‘ Teil der Bevölkerung […], der an seinem Wohnort entweder nicht<br />
bleiben konnte oder dem dort die notwendige Anerkennung oder Erlaubnis für einen weiteren Aufenthalt<br />
verweigert wurde“.<br />
Abb. 17: Sozialität in Müllbergen<br />
Abb. 18: Die erste Begegnung zwischen Pris und<br />
Sebastian<br />
Es ist bezeichnend, dass die Akteure des Films alle überwiegend in Bewegung <strong>zu</strong> sein<br />
scheinen, und man als Rezipient das subjektive Gefühl hat, <strong>Deckard</strong> würde sich mehr in<br />
seinem Wagen als in seiner Wohnung aufhalten. Das von Bauman gezeichnete Bild des<br />
menschlichen Abfalls findet sein visuelles Äquivalent in der Begegnung von Pris und J. F.<br />
Sebastian (Scott 1982, 0:35:29-0:40:25), die bezeichnenderweise in den Müllbergen vor<br />
Sebastians Wohnung stattfindet. In der Wohnung selbst findet Pris die „Freunde“<br />
Sebastians vor: selbstgebaute Puppen <strong>–</strong> <strong>zu</strong> einer Beziehung von echten Menschen ist<br />
Sebastian offensichtlich nicht fähig.<br />
Es scheint so als ob selbst der bei der Tyrell-Corporation recht bedeutende Sebastian<br />
davon bedroht ist, <strong>zu</strong> menschlichem Abfall <strong>zu</strong> werden. Mit den Worten Baumans: die<br />
Probleme des menschlichen Abfalls<br />
„durchdringen alle Schlüsselbereiche des sozialen Lebens, dominieren tendenziell die Lebensstrategien<br />
und führen da<strong>zu</strong>, daß diese ihren eigenen Abfall sui generis erzeugen: totgeborene unpassende, ungültige<br />
oder nicht realisierbare menschliche Beziehungen, die von Anfang an den Stempel des drohenden<br />
Dahinschwindens tragen“ (Bauman 2005, 15).