SOCIETY 354 /2010
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Pesos ermöglichten einen ausgeprägten<br />
Exportboom, der die Wirtschaft sehr rasch<br />
wieder auf die Beine brachte. Ende 2005<br />
war das seit 1998 verlorene Terrain bereits<br />
wieder aufgeholt. In den Jahren 2003<br />
bis 2008 verzeichnete die argentinische<br />
Wirtschaft eine spektakuläre Entwicklung<br />
und ist in diesem Zeitraum real durchschnittlich<br />
um 8,5% gewachsen. Nach einer<br />
Steigerung von 6,8 % im Jahr 2008<br />
brach die Wirtschaft deutlich ein; dabei<br />
spielten neben internen Faktoren auch die<br />
weltwirtschaftsbedingt beträchtlich gefallenen<br />
Preise für die Hauptexportgüter eine<br />
wichtige Rolle. Das Wachstum lag im Jahr<br />
2009 nach offiziellen Angaben bei +0,9%,<br />
gemäß privaten Analysten bei -3 bis -4 %.<br />
Die Talsohle scheint heuer jedoch schon<br />
überwunden zu sein; für das Gesamtjahr<br />
<strong>2010</strong> werden bereits wieder bis zu 6 %<br />
Wachstum prognostiziert.<br />
***<br />
DR. WOLFGANG ANGERHOLZER<br />
Botschafter in Santiago de Chile<br />
Große Zukunft<br />
„Ehrgeiz und Zuversicht sind<br />
beeindruckend“<br />
Wie haben Sie das Erdbeben im Februar<br />
erlebt? In welcher Weise konnte Österreich<br />
helfen?<br />
Das Erdbeben und die nachfolgende<br />
Springflut haben mit einem Schock in Erinnerung<br />
gerufen, wie mächtig und unbändig<br />
die Kräfte der Natur zuschlagen können.<br />
Unsere Aufmerksamkeit galt den<br />
Österreichern, die in der betroffenen Region<br />
leben, sowie den Reisenden, die unfreiwillig<br />
etwas länger in Chile verbleiben<br />
mussten. Glücklicherweise hat sich diese Situation<br />
binnen weniger Tage lösen lassen.<br />
„Österreich ist das einzige<br />
Land, das einen Akzent auf<br />
moderne Kunst gesetzt hat.“<br />
DR. ANDREAS LIEBMANN<br />
Die Bundesregierung sandte Großraumzelte<br />
und Notstromaggregate, Rotes Kreuz<br />
und Caritas richteten Spendenkonten ein<br />
und brachten umfangreiche Hilfsgüter<br />
nach Chile.<br />
Wie sehen die wirtschaftlichen Beziehungen<br />
zwischen Österreich und Chile aus?<br />
Von 2003 bis 2008 haben sich die Importe<br />
aus Chile vervierfacht, die österreichischen<br />
Exporte mehr als verdoppelt. Der leider<br />
sehr massive Einbruch im Jahr 2009 im<br />
Gefolge der internationalen Finanzkrise<br />
sollte uns nicht entmutigen. Ich bin überzeugt,<br />
dass binnen kurzer Zeit Chile für<br />
uns wieder der zweitwichtigste Markt –<br />
nach Brasilien – in Südamerika sein wird.<br />
Die chilenischen und die österreichischen<br />
Exportinteressen sind komplementär: Chile<br />
exportiert Bodenschätze und Grundstoffe,<br />
Österreich Maschinen, Halbfertigwaren<br />
und hochwertige Konsumgüter; nur beim<br />
Wein treten wir als Konkurrenten auf…<br />
Welche Erfahrungen haben Sie in Chile gesammelt?<br />
Wie sehen Sie die Zukunft des<br />
Landes?<br />
Nach mehr als drei Jahren in Santiago ist<br />
mir sehr vieles in Chile vertraut geworden,<br />
und ich bin dankbar für die vielen Freundschaften,<br />
die ich hier schließen konnte.<br />
Wenn mir etwas abgeht, dann eine bessere<br />
Kenntnis der Regionen: Santiago als politisches,<br />
wirtschaftliches und kulturelles Zentrum<br />
nimmt einen ganz in Beschlag. Chile<br />
hat großartige Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />
Entwicklung als Staat und Gesellschaft.<br />
Was mich am meisten beeindruckt,<br />
ist die Zuversicht jedes einzelnen Chilenen,<br />
einer besseren Zukunft entgegenzugehen,<br />
sowie der Ehrgeiz, persönlich, aber<br />
auch als Staat zu reüssieren.<br />
Was können Sie über den universitären<br />
Austausch berichten?<br />
„Mexiko hat eine spezielle Rolle<br />
in der Geschichte Österreichs.“<br />
DR. ALFRED LÄNGLE<br />
Der akademische Austausch der letzten<br />
Jahre ist eine richtige Erfolgsgeschichte.<br />
Zwanzig Universitätspartnerschaften bewirken,<br />
dass ein kontinuierlicher studentischer<br />
Austausch stattfindet. Eine besondere<br />
Stellung nimmt die Architektur ein,<br />
der in den letzten Jahren zahlreiche Ausstellungen<br />
gewidmet waren. Lateinamerika<br />
war und ist ein Zielgebiet für österreichische<br />
Architektur. Eine besondere<br />
Stellung nimmt hier Karl Heinrich Brunner<br />
ein, der Vater der Urbanistik in Lateinamerika,<br />
der vor siebzig Jahren den ersten<br />
Raumordnungsplan für Santiago entwarf.<br />
***<br />
DR. ANDREAS LIEBMANN<br />
Botschafter in Bogotá<br />
Erwin Wurm Ausstellung<br />
Der Blick von Außen<br />
Welche Bedeutung hat das Bicentenario<br />
in Kolumbien?<br />
Jubiläen sind immer eine Gelegenheit<br />
zurückzublicken, so hat Kolumbien die<br />
Feier seines Bicentenarios ganz unter den<br />
Titel „Memoria“ gestellt. Gleichzeitig bieten<br />
Jubiläen die Möglichkeit, Blicke in die Zukunft<br />
zu werfen und auch Blicke von außen<br />
zu gestatten. Österreich hat sich dafür<br />
entschieden, anlässlich dieses wichtigen<br />
Jubiläums einen Akzent auf die zeitgenössische<br />
Kunst zu setzen.<br />
Welchen Beitrag liefert Österreich bei den<br />
Feierlichkeiten?<br />
Österreich feiert das Bicentenario in Kolumbien<br />
mit einer großen Erwin Wurm<br />
Ausstellung mit dem Titel „Memory in an<br />
Age of Globalization – Perspektiven des<br />
Blicks von außen“. Erwin Wurm ist einer<br />
der wichtigsten Gegenwartskünstler Österreichs.<br />
Außenminister Michael Spindelegger<br />
erklärt dies folgendermaßen: „In unserer<br />
Zeit, bestimmt von Globalisierung und<br />
Konsum, die unsere Freiheit einengen und<br />
Abhängigkeiten entstehen lassen, überwindet<br />
Erwin Wurm in seinem Schaffen traditionelle<br />
Formen der Skulptur. Er gewinnt<br />
dadurch auf seine Art neuerlich Freiheit.<br />
Zugleich erinnert er damit auch an den<br />
Freiheitskampf eines Simón Bolívar oder an<br />
die Entdeckungsreisen eines Christoph Kolumbus,<br />
die jeder auf seine Art Zwänge ihrer<br />
Zeit abgeschüttelt haben. So sind auch<br />
wir alle gefordert, Freiheit immer wieder<br />
neu zu entdecken und zu erringen, ist sie<br />
doch untrennbar mit der Würde des Menschen<br />
verbunden. Die Besucher der Ausstellung<br />
haben dabei Gelegenheit, sich durch<br />
die Welt des Künstlers Erwin Wurm inspirieren<br />
zu lassen und aus dieser Erfahrung<br />
zu schöpfen.“<br />
<strong>SOCIETY</strong> 2_10 | 39