Procycling 02.19
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NICO DENZ<br />
BEIM GIRO D’ITALIA IM<br />
LETZTEN JAHR HAT MAN<br />
GESEHEN, DASS ICH AUCH<br />
AUF SIEG FAHREN KANN,<br />
WENN ICH DAZU DIE<br />
GELEGENHEIT BEKOMME.<br />
gebot bekam, nach Chambéry zu wechseln, habe<br />
ich keine Sekunde gezögert, mein Auto vollgeladen<br />
und bin losgefahren“, erinnert sich Denz, der<br />
in den Nachwuchsklassen dennoch zahlreiche<br />
baden-württembergische Meistertitel sowie mehrere<br />
Medaillen bei deutschen Titelkämpfen sammeln<br />
konnte.<br />
Dass er die vielen Erfolge seiner U17- und<br />
U19-Zeiten nur in einem Nebensatz erwähnt,<br />
liegt daran, dass Denz eher ein ruhiger Typ ist,<br />
bodenständig und bescheiden – das fällt im Interview<br />
direkt auf. In seinen ersten Jahren in Frankreich<br />
kommt eine weitere Qualität hinzu, die ihn<br />
auszeichnet: Zielstrebigkeit. Als er 2013, gerade<br />
einmal 19 Jahre jung, in Chambéry sein erstes<br />
Trainingslager absolviert, trifft er auf eine Gruppe<br />
hoch motivierter und bereits am Ende des Winters<br />
austrainierter französischer Nachwuchshoffnungen<br />
wie etwa seinen heutigen Teamkollegen<br />
Pierre Latour. Denz hat Respekt, lässt sich aber<br />
dennoch nicht beirren. Er schreibt sich für ein<br />
Sprachstudium ein, um schnell Anschluss zu<br />
finden, und lernt – auch auf der Rennstrecke. In<br />
Frankreich, schildert Denz, liefen die Rennen auf<br />
einem anderen Niveau als in Deutschland ab. „Die<br />
fahren schon im Februar wie die Irren, 200 Kilometer<br />
Attacke“, lacht er. „Insgesamt ist die Leistungsdichte<br />
deutlich höher und auch die Struktur<br />
ist deutlich breiter aufgestellt als bei uns.“<br />
Der junge Deutsche geht dennoch seinen Weg<br />
– und er steigert sich. Gegen Ende des ersten<br />
U23-Jahres gewinnt er seine ersten Rennen und<br />
in der zweiten Saison in Chambéry folgen auch<br />
die erhofften größeren Siege. Sogar bei einem der<br />
begehrten Coupe-de-France-Rennen darf er jubeln<br />
und mit der Tour de l’Ardèche Méridionale<br />
gewinnt er seine erste Rundfahrt. Denz, der bereits<br />
zu diesem Zeitpunkt fließend französisch<br />
spricht, ist in Frankreich angekommen – und hat<br />
mit seinem Ehrgeiz und seiner zielstrebigen Arbeitsweise<br />
auch das Teammanagement überzeugt:<br />
Ende 2014 bieten ihm die Verantwortlichen<br />
um Vincent Lavenu einen Vorvertrag für die<br />
kommende Saison an. 2015 bestreitet Denz im<br />
Frühjahr noch die Amateurrennen in Frankreich,<br />
im Sommer wechselt er mit gerade einmal 21 Jahren<br />
schließlich endgültig ins Profilager.<br />
START IN DIE HELFERROLLE<br />
Geschenkt wird ihm bei den Profis dennoch<br />
nichts. Während deutsche Jahrgangskollegen wie<br />
Maximilian Schachmann bereits in ihrem ersten<br />
Profijahr als kommende Siegfahrer gelten und von<br />
ihren Teams früh auf ihre heutigen Leaderrollen<br />
vorbereitet werden, muss sich Denz bei AG2R La<br />
Mondiale seine Sporen als Helfer verdienen – eine<br />
Rolle, in der er sich allerdings durchaus wohlfühlt.<br />
„Seit ich Rad fahre, war es mir immer wichtig,<br />
dass der Spaß beim Sport an erster Stelle steht.<br />
Und das kann auch durchaus der Fall sein, wenn<br />
ich ein Rennen vorzeitig beenden muss, zuvor<br />
aber meinen Teil zu einem guten Mannschaftsergebnis<br />
beigetragen habe. Für Kapitäne wie Romain<br />
Bardet oder Oliver Naesen stecke ich gerne<br />
zurück“, meint er. Bei AG2R weiß man diese zuverlässige<br />
Einstellung zu schätzen: Denz, der „am<br />
liebsten lange, harte Rennen mag“, wird bald fester<br />
Bestandteil der Klassiker-Equipe der Franzosen<br />
und steht bereits 2016 unter anderem bei der<br />
Flandern-Rundfahrt und Paris–Roubaix am Start.<br />
Doch gerade als er sich als Helfer zu etablieren<br />
scheint, erlebt Denz 2017 ein „Jahr zum Vergessen“,<br />
wie er rückblickend sagt. Nach einem guten<br />
Start beim französischen Etappenrennen Étoile<br />
de Bessèges wird er krank. Da sein Team allerdings<br />
seine Helferdienste benötigt, unterdrückt er<br />
die Erkältung mit Antibiotika und fährt trotzdem<br />
weiter - ein schwerwiegender Fehler, wie er bald<br />
feststellen muss. „Ich habe die Klassiker zwar bis<br />
zum Ende durchgezogen, aber besser ging es mir<br />
davon natürlich nicht. Es war eher so, dass mich<br />
die Krankheit so zermürbt hat, dass ich das ganze<br />
restliche Jahr nicht mehr in Schwung gekommen<br />
bin.“ Den größten Rückschlag der Saison erlebt<br />
er letztlich bei der Spanien-Rundfahrt: Auf der<br />
15. Etappe wird er dabei erwischt, wie er sich an<br />
einem Begleitfahrzeug festhält und einen An-<br />
Eine Stärke von Denz sind unter anderem<br />
technisch schwierige Abfahrten – das<br />
beweist er beispielsweise beim Giro 2018.<br />
© Tim de Waele/Getty Images<br />
FEBRUAR 2019 | PROCYCLING 27