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Procycling 02.19

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3<br />

MARIANNE VOS<br />

Marianne Vos braucht nicht lange zu überlegen.<br />

„Es war nur aus Liebe zum Sport“,<br />

antwortet sie sofort, als <strong>Procycling</strong> anruft<br />

und nach ihrer Motivation fragt, bei Rennen<br />

an den Start zu gehen, wie unser Gastredakteur<br />

Cav bereits schrieb. „Als Kind fing ich an zu radeln;<br />

mein Vater war aktiv im Radsport, und mein<br />

großer Bruder und ich führten das fort. Als Juniorenfahrerin<br />

stellte sich heraus, dass ich ziemlich<br />

talentiert war, wahrscheinlich sogar überdurchschnittlich<br />

talentiert – also wollte ich das Beste<br />

daraus machen. Ich wollte einfach Spaß bei den<br />

Rennen haben und Gas geben. Es gab nie die Motivation<br />

oder das Ziel, es zu meinem Beruf zu machen<br />

oder Geld damit zu verdienen. Natürlich kam<br />

das später und war auch ein großer Bonus.<br />

Die Herausforderung hab’ ich immer gemocht“,<br />

fährt sie fort. „Ich habe immer versucht, mich<br />

selbst mehr zu fordern und verschiedene Dinge<br />

auszuprobieren.<br />

Ich probierte auch Mountainbiking aus. Aber<br />

meistens ging es mir darum ... ja, Spaß auf dem<br />

Fahrrad zu haben. Ich denke, das ist auch der<br />

Grund, warum die Leute fragen, warum ich mit<br />

31 Jahren noch fahre. Ich halte mich nicht für alt,<br />

Juniorinnen-WM 2004 in Verona:<br />

Die 17-jährige Marianne greift an und<br />

wird Weltmeisterin.<br />

und wenn sie fragen, ist meine Antwort, dass es<br />

mir einfach gefällt.“<br />

Vos könnte sagen, dass diese Frage einfach<br />

zu beantworten ist. Man bedenke nur die end -<br />

lose Liste ihrer Leistungen: sieben Cyclocross-<br />

Weltmeisterschaften, drei Regenbogen-Trikots<br />

auf der Straße, Olympische Goldmedaillen auf<br />

Straße und Bahn, drei Giro-Rosa-Titel und über<br />

200 UCI-Rankingsiege. Dazu kommt ihr seit<br />

Langem gefestigter Status als die größte und vielseitigste<br />

Persönlichkeit im Radsport seit Merckx<br />

und die damit verbundene Verantwortung, eine<br />

Botschafterin für den Frauenradsport zu sein. Bei<br />

all dem vergisst man leicht, dass Vos einfach gerne<br />

Fahrrad fährt. Trotz der Auszeichnungen und<br />

Ergebnisse hat sich dieser Teil von ihr nicht verändert<br />

– und wird sich auch nie ändern.<br />

Sie hatte die gleiche Einstellung, als sie mit<br />

dem Radsport begann. Bereits bei den Juniorinnen<br />

erfolgreich, war sie erstmals 2006 in Zedam auf<br />

der großen Bühne des Radsports erfolgreich, wo<br />

die weitgehend unbekannte 18-Jährige die Titelver<br />

teidigerin Hanka Kupfernagel schlug und Querfeldein-Weltmeisterin<br />

wurde. Dieser erste große<br />

WM-Titel, der alles für Vos veränderte, kam, als<br />

sie noch auf dem Gymnasium war. Vos stand ein<br />

paar Wochen vor ihrer Abiturprüfung, nutzte aber<br />

immer noch ihren 15 Kilometer langen Schulweg<br />

vom Zuhause im Dorf Babyloniënbroek, um zusätzlich<br />

zu den abendlichen Sessions zu trainie-<br />

2<br />

4<br />

2<br />

GROSSE<br />

SIEGE AUF DER<br />

STRASSE<br />

3<br />

2<br />

1<br />

3<br />

RENNEN<br />

SIEGE<br />

Straßenweltmeisterschaft 3<br />

Olympisches Straßenrennen 1<br />

Niederländische Straßenmeisterschaft 4<br />

Europäische Straßenmeisterschaft 1<br />

Flandern-Rundfahrt 1<br />

Flèche Wallonne 5<br />

Giro Rosa 3<br />

Trofeo Alfredo Binda 3<br />

Ronde van Drenthe 4<br />

Emakumeen Bira 2<br />

GP Plouay 2<br />

Ladies Tour of Norway 2<br />

Women’s Tour 1<br />

Crescent Vårgårda 3<br />

3<br />

1<br />

5<br />

4<br />

1<br />

1<br />

ren. Jeder in der Schule wusste, dass sie Rennrad<br />

fährt. Während ihre Freunde und Mitschüler am<br />

Samstag arbeiteten, um etwas Geld zu verdienen,<br />

fuhr Vos oft zu Rennen. Die Lehrer zeigten sich<br />

nach sichtig, wenn sie freitags früher gehen musste<br />

oder aufgrund von Reisen montags zu spät kam –<br />

ein Privileg, das sie nie ausnutzte. Aber dieses erste<br />

Regenbogentrikot verwandelte Vos vom einfachen<br />

Schulmädchen, das Rennrad fuhr, in einen Radstar.<br />

Plötzlich war sie im Fernsehen, ihr Gesicht war<br />

in den Zeitungen. Der schüchterne Teenager, der nur<br />

gerne mit seinem Fahrrad unterwegs war, stand<br />

im Rampenlicht und fühlte sich fehl am Platz.<br />

„Ich habe nicht wirklich viel über das Radfahren<br />

gesprochen, weil ich es wirklich mochte, einfach<br />

nur so zu sein wie alle anderen“, erinnert sich<br />

Vos. „Es wurde in der Schule irgendwie bekannt,<br />

und im Gymnasium ist das nicht cool. Es ist nicht<br />

cool, anders zu sein als die anderen, und es gefiel<br />

mir nicht wirklich. Aber ja, natürlich war es auch<br />

toll, Champion zu sein.“<br />

64 PROCYCLING | FEBRUAR 2019

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