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Procycling 02.19

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DAS WETTRÜSTEN DER SPRINTER<br />

STURZ-<br />

BOMBER<br />

5 KM–1 KM<br />

CAVENDISH: Anders als man glaubt, kann es<br />

sein, dass ich gelegentlich ein Risiko eingehe, aber<br />

ich gefährde nicht absichtlich einen anderen Fahrer.<br />

Dich selbst einem Risiko auszusetzen, ist eine<br />

Sache, einen anderen einem Risiko auszusetzen,<br />

ist etwas anderes, aber das ist heute ein Problem<br />

geworden.<br />

BENNETT: Wenn du genug Sprints gefahren bist,<br />

kannst du Muster erkennen, zum Beispiel, wer<br />

wem folgt. Deswegen trage ich keine Brille mit<br />

Fassung unten, weil ich unter dem Arm durchschaue.<br />

Die letzten fünf Kilometer … muss ich<br />

sehen, was los ist, und am Funk sein oder dem<br />

ersten Typ zuschreien, dass er die Straße dichtmachen<br />

soll. Wenn du spürst, dass du auf einer<br />

Seite bist, und spürst, dass sie auf der linken Seite<br />

nach vorne drängen … da würden wir schon das<br />

ganze Peloton auf die andere Seite der Straße<br />

bringen. Nicht mit Gewalt, aber wir kontrollieren<br />

die Spitze und können fahren, wo wir wollen.<br />

DIE VORBEREITUNG<br />

80 KM–5 KM<br />

CAVENDISH: Die Tour ist verdammtes Chaos.<br />

Du musst auf den letzten 50 Kilometern unter<br />

den ersten 30 Fahrern sein.<br />

BENNETT: Nach dem,<br />

was ich gesehen habe,<br />

beginnt das<br />

Tour-de-France-<br />

Finale 80 bis<br />

50 Kilometer vor<br />

dem Ziel. Bei<br />

kleineren Rennen<br />

kannst du<br />

zehn bis fünf<br />

Kilometer vorher<br />

anfangen.<br />

Beim Giro sind<br />

es vielleicht 20 bis<br />

15 Kilometer vor der<br />

Linie. Wenn wir sagen,<br />

wir wollen an einem<br />

bestimmten<br />

Punkt zusammen<br />

sein, müssen wir zusammen<br />

sein.<br />

VIVIANI: Jeder Angriff auf den letzten zwei, drei<br />

Kilometern kommt, weil die Geschwindigkeit der<br />

Gruppe nicht super hoch ist und jemand versucht,<br />

im letzten Moment zu entwischen. Aber wenn<br />

vorne ein richtiger Sprintzug unterwegs ist, ist<br />

eine solche Aktion nicht leicht.<br />

KITTEL: Ich glaube, dass gefährliche Vorstöße in<br />

der letzten Minute zum Spiel gehören, und ich<br />

glaube nicht, dass die Leute es absichtlich machen.<br />

Sie sind vielleicht nervös, sie wollen nach<br />

vorne kommen und vielleicht haben sie manchmal<br />

eine gefährliche Fahrweise. Aber es gibt Respekt<br />

zwischen den Sprintern.<br />

„WENN DU GENUG<br />

SPRINTS GEFAHREN BIST,<br />

ERKENNST DU MUSTER, ZUM<br />

BEISPIEL, WER WEM FOLGT.<br />

DESWEGEN TRAGE ICH KEINE<br />

BRILLE MIT FASSUNG UNTEN,<br />

WEIL ICH UNTERM ARM<br />

DURCHSCHAUE.“<br />

SAM BENNETT<br />

GREIPEL: Bei der Tour ist es in der letzten Stunde<br />

unmöglich, Positionen gutzumachen. Wenn<br />

du die ganze Unterstützung des Teams willst,<br />

musst du unter den ersten 30 sein.<br />

STEELS: Du schaust dir immer den Start an –<br />

die gefährlichen Stellen, eine Chance, wo sich<br />

die Ausreißer absetzen können. Dann schaust<br />

du dir die letzten 50 Kilometer ganz genau an –<br />

ob es die Gefahr einer Windstaffel gibt oder ob<br />

es die Möglichkeit einer Windstaffel gibt, das<br />

kann man so oder so sehen. Dann schaust du dir<br />

die letzten zehn Kilometer besonders genau an,<br />

dann die letzten fünf Kilometer supergenau. Wir<br />

versuchen, die Funkinformationen an die Fahrer<br />

in Grenzen zu halten, aber je nach Strecke oder<br />

vo rausfahrendem Wagen gibst du ihnen zusätzliche<br />

Informationen. Du musst fähig sein, die<br />

Informationen an Fahrer zu geben, die einen Puls<br />

von 170 haben.<br />

Viviani passt immer genau<br />

darauf auf, wo seine Rivalen sind.<br />

KENNE<br />

DEINE<br />

RIVALEN<br />

BENNETT: Ich schaue mir Sprints an. Es sind<br />

nicht mal Hausaufgaben, es macht mir Spaß,<br />

glaube ich. Jeder hat seinen eigenen Sprintstil<br />

und seine eigene Persönlichkeit auf den letzten<br />

Metern und du musst das Ganze im Griff behalten,<br />

ohne zu besessen davon zu sein. Du musst<br />

dich auf dich selbst konzentrieren – es geht einfach<br />

darum, deine Gegner zu kennen.<br />

VIVIANI: Wenn wir bei einem Rennen starten,<br />

analysieren wir, wer daran teilnimmt: welche anderen<br />

Sprinter; welche Teams sind so organisiert<br />

wie wir; wer kann letzter Mann sein oder mit uns<br />

konkurrieren. Einfach um zu verstehen, wer unsere<br />

Rivalen in dem Moment sind. Wir planen die<br />

ersten Sprints so gut wie möglich. Wenn wirklich<br />

gefährliche Konkurrenten auftauchen wie Bennett<br />

beim Giro, versuchen wir zu verstehen, wie er uns<br />

schlug. So haben wir zum Beispiel in Praia a Mare<br />

verloren und verstanden, dass er an mir vorbeikommt,<br />

wenn er die letzten 50 Meter an meinem<br />

Hinterrad ist, daher müssen wir etwas ändern.<br />

Wenn Kittel bei einem Rennen ist, wissen wir,<br />

dass er wahrscheinlich stärker ist als ich. Es ist<br />

schwer für mich, an ihm vorbeizukommen, weil<br />

er 300 Watt mehr hat.<br />

CAVENDISH: Du schaust dir an, welche Fahrer<br />

von welchen Teams dabei sind. Wo sie sich normalerweise<br />

positionieren. Und du weißt, wo sie<br />

den Sprint eröffnen, wie lang ihr Sprint ist und ob<br />

sie nervös sind und sich einschüchtern lassen.<br />

KITTEL: Ich konzentriere mich nur auf mich<br />

selbst und mein Team und unseren Plan – das<br />

ist immer das Wichtigste und wird es auch in<br />

Zukunft bleiben.<br />

© Getty Images, Yuzuru Sunada (Viviani)<br />

FEBRUAR 2019 | PROCYCLING 51

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