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ZAP-2019-20

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Fach 4, Seite 1824<br />

Miete/Nutzungen<br />

Kündigung wegen Zahlungsverzugs infolge einer Mietminderung<br />

Praxistipp:<br />

Die für die mietrechtliche Praxis zu beachtende Rechtsprechung des BGH führt dazu, dass sich eine<br />

schematische Betrachtungsweise zur Höhe des berechtigter Weise zurückzuhaltenden Betrags verbietet<br />

und es mithin Aufgabe des Tatrichters ist, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums unter Beachtung<br />

der aufgestellten Abwägungskriterien eine konkrete maximale Höhe festzustellen. Für den Mieter ergibt<br />

sich daraus ein Dilemma, sofern er den Weg einer Mietminderung und eines Zurückbehaltungsrechts<br />

wählt, anstatt Klage gegen den Vermieter auf Mängelbeseitigung zu erheben und sich eine Rückforderung<br />

zu viel gezahlter Miete ausdrücklich vorzubehalten:<br />

Der Mieter kann regelmäßig nicht wissen, zu welchem konkreten Minderungsbetrag der Tatrichter nach<br />

umfassender Abwägung im Einzelfall gelangt, so dass aus Mietersicht dringend anzuraten ist, nur äußerst<br />

zurückhaltend zu agieren und möglicherweise doch den sicheren Weg zu wählen, Hauptsacheklage gegen<br />

den Vermieter auf Mängelbeseitigung zu erheben (vgl. hierzu BÖRSTINGHAUS, MietPrax-AK § 543 BGB Nr. 26,<br />

der aufgrund dieser Problematik dem Mieter einen sog. Schätzirrtum zubilligen möchte).<br />

Der Entscheidung des BGH ist wohl zu entnehmen, dass der Mieter bei leichten Mängeln maximal drei<br />

und bei schweren Mängeln u.U. vier bis sechs Monatsmieten zurückhalten darf, wobei es dem Mieter in<br />

zeitlicher Hinsicht überlassen bleibt, ob er den vollen Betrag möglichst schnell ausschöpft oder ob er sich<br />

bis zur Erreichung des Höchstbetrags mehr Zeit lässt (SCHMIDT-FUTTERER/EISENSCHMID, a.a.O., § 536 Rn 426b<br />

m.w.N.).<br />

5. Vorliegen eines unverschuldeten Rechts- oder Tatsachenirrtums des die Miete mindernden<br />

Mieters<br />

Das in früherer Zeit geltende Mieterschutzgesetz sah in § 3 Abs. 2 MSchG eine Regelung vor, welche den<br />

Mieter vor einem unverschuldeten Zahlungsverzug infolge rechtsirrig erhobener Mietminderungs-,<br />

Zurückbehaltungsrechte und/oder Aufrechnungserklärungen schützte. Diese Regelung wurde sodann<br />

nicht in das BGB übernommen.<br />

Nach überkommener Meinung ist § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB der anerkannte Grundsatz zu entnehmen,<br />

dass mangels Verschulden des Mieters kein Verzug vorliegt, wenn sich dieser in einem schuldlosen<br />

Irrtum über seine Zahlungspflicht befindet (SCHMIDT-FUTTERER/BLANK, a.a.O., § 543 Rn 103). Einigkeit<br />

besteht darin, dass für die Annahme eines schuldlosen Irrtums des Mieters zu fordern ist, dass dieser<br />

sorgfältig prüft, ob eine Einstellung oder angemessene Kürzung der Mietzahlungen gerechtfertigt ist.<br />

Sofern z.B. der Grund eines Mietmangels (die sog. Mangelursache) unklar ist, muss der Mieter eine<br />

hinreichend qualifizierte Person mit der Prüfung beauftragen und, sofern der Grund des Mietmangels<br />

weiter unklar bleibt, muss der Mieter die Miete vollständig unter Vorbehalt der Rückleistung zahlen,<br />

anderenfalls kommt er in Schuldnerverzug (SCHMIDT-FUTTERER/BLANK, a.a.O. m.w.N.). Macht der Mieter<br />

eine Mietminderung und/ oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend, so muss der jeweilige Betrag der<br />

zurückgehaltenen Miete in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Schwere des betreffenden<br />

Mangels stehen. So ist anerkannt, dass eine völlige Einbehaltung der Miete wegen Mängeln dann nicht<br />

gerechtfertigt ist, wenn der Mietgebrauch lediglich geringfügig eingeschränkt ist (LG Mannheim, Urt.<br />

v. 30.10.1975 – 4 S 102/75). Sofern Zweifel über das Bestehen und/oder die Höhe des berechtigterweise<br />

zurückzuhaltenden Betrags bestehen, muss der Mieter Rechtsrat einholen, wobei hier neben den Vertretern<br />

der Rechtsanwaltschaft auch solche Personen in Betracht kommen, bei denen hinreichende<br />

Anhaltspunkte für deren Kompetenz vorliegen.<br />

Praxistipp:<br />

Mitarbeiter gerichtlicher (Rechtsantragsstelle) oder kommunaler Auskunftsstellen und der Mietervereine<br />

sind nach h.M. solche Personen, denen eine hinreichende Auskunftskompetenz zugeschrieben wird.<br />

Umstritten ist, welche Rechtsfolge eintritt, wenn der Mieter durch seinen Rechtsanwalt bzw. diesen<br />

gleichstellten Auskunftspersonen falsch beraten wird. Nach einer in der Literatur vertretenen hat der<br />

Mieter nur die ihm obliegende Sorgfalt bei Auswahl des Beraters zu beachten, für eine fehlerhafte<br />

1066 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 23.10.<strong><strong>20</strong>19</strong>

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