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ZAP-2019-20

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Rechtsprechung Fach 18, Seite 1693<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>19</strong><br />

Nr. 1 SGB VI auch der Verlust verwertbarer Fähigkeiten im bisherigen Beruf ist, sei es durch arbeitsmarktbedingte<br />

Berufs- bzw. Tätigkeitsentfremdung infolge eines grundlegenden Wandels der<br />

fachlichen Anforderungen oder durch individuelle Berufs- bzw. Tätigkeitsentfremdung aufgrund des<br />

Verlusts der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten durch langfristige Nichtausübung. Das Berufungsgericht<br />

hatte vorliegend ausdrücklich festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für eine arbeitsmarktbedingte<br />

oder individuelle Berufsentfremdung der Klägerin bestehen. Hieran war das BSG nach<br />

§ 163 SGG gebunden.<br />

V. Verfahrensrecht<br />

1. Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrensmangel; besondere Wertigkeit der mündlichen<br />

Verhandlung<br />

Die nicht anwaltlich vertretene Klägerin begehrte von der beklagten Krankenkasse Leistungen nach<br />

dem SGB V ohne Nutzung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Das SG hat die Klage durch<br />

Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das LSG unter Hinweis auf die Entscheidung<br />

des BSG vom 18.11.<strong>20</strong>14 (B 1 KR 35/13 R), wonach die Bestimmungen zur Verwendung einer<br />

eGK rechtlich nicht zu beanstanden sei, ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.<br />

Hinweis:<br />

Entscheidet das SG erstinstanzlich durch Gerichtsbescheid, so kann das LSG – außer im Fall der Unzulässigkeit<br />

der Berufung (s. § 158 SGG) – über das Rechtsmittel grds. nur nach mündlicher Verhandlung<br />

entscheiden. Die Möglichkeit, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn sie einstimmig für<br />

unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich angesehen wird, besteht nach einer<br />

Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht (s. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG), was sich zudem zwingend aus Art. 6<br />

Abs. 1 EMRK ergibt.<br />

Das LSG entschied gleichwohl ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden<br />

erklärt hätten, s. § 124 Abs. 2 SGG. Dies bestritt die Klägerin. Ihre Nichtzulassungsbeschwerde war<br />

insoweit erfolgreich, als das BSG das angefochtene Urteil aufhob und den Vorgang zur erneuten<br />

Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwies (§ 160a Abs. 5 SGG, BSG 9.4.<strong><strong>20</strong>19</strong> – B 1 KR 81/18 B,<br />

hierzu SCHÜTZ, jurisPR-SozR 11/<strong><strong>20</strong>19</strong> Anm. 6).<br />

Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde, wie hier, auf einen Verfahrensmangel stützt, auf dem die angefochtene<br />

Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG), muss zur Bezeichnung des Verfahrensmangels<br />

die diesen begründende Tatsachen substantiiert dartun und zudem darlegen, dass und<br />

warum die Entscheidung des LSG auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer<br />

Beeinflussung des Urteils besteht.<br />

Die Klägerin trug diesen Anforderungen, so das BSG, hinreichend Rechnung. Sie war vom LSG mehrfach<br />

gefragt worden, ob sie einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG zustimme,<br />

hat dann ausdrücklich am 17.9.<strong>20</strong>18 die Zustimmung abgelehnt und gleichzeitig wegen Verhinderung<br />

um Verlegung des für den 25.9.<strong>20</strong>18 angesetzten Termins gebeten. Ergänzend teilte sie am<br />

21.9.<strong>20</strong>18 dem LSG mit, am Vortag sei bei ihr eine Krebserkrankung festgestellt worden, sie sehe sich<br />

nicht in der Lage, sich auf eine Gerichtsverhandlung zu konzentrieren. Ob aus diesem Grund eine<br />

Terminverschiebung möglich sei, könne sie nicht beurteilen. Sie sei auf die Beratung des LSG angewiesen.<br />

Weiter heißt es dann: „Nur wenn das keinen Grund darstellt, sehe ich mich gezwungen, der Verhandlung<br />

im schriftlichen Verfahren zuzustimmen. Ich bitte daher um Aufhebung des Termins am 25.9.<strong>20</strong>18“. Das Gericht<br />

forderte die Klägerin daraufhin mit Telefax vom 21.9.<strong>20</strong>18 auf, eine ärztliche Bescheinigung zu übersenden,<br />

damit ein Verlegungsgrund geprüft werden könne, die Bescheinigung solle Aussagen zur<br />

momentanen körperlichen/psychischen Belastbarkeit/Reisefähigkeit der Klägerin enthalten. Die Klägerin<br />

legte sodann einen Befund des Radiologen vor und verwies darauf, dass sie bei einem Psychiater erst<br />

Anfang Dezember <strong>20</strong>18 einen Termin erhalten habe. Das Gericht teilte der Klägerin am 24. September<br />

mit, sie habe bisher keinen Grund für eine Terminverlegung glaubhaft gemacht, der morgige Termin<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 23.10.<strong><strong>20</strong>19</strong> 1083

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