ZAP-2019-20
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<strong>ZAP</strong><br />
Anwaltsmagazin<br />
steuerlücke im Jahr <strong>20</strong>17 entsprach 11,2 % der<br />
Mehrwertsteuereinnahmen in der EU, gegenüber<br />
12,2 % im Jahr zuvor. Dieser Abwärtstrend setzt<br />
sich nun schon das fünfte Jahr in Folge fort.<br />
Laut EU-Kommission zeigen diese Zahlen wieder<br />
einmal, wie wichtig die bereits <strong>20</strong>17 von der EU<br />
vorgeschlagene Reform der Mehrwertsteuervorschriften,<br />
die verstärkte Zusammenarbeit zwischen<br />
den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung<br />
von Mehrwertsteuerbetrug und die Durchsetzung<br />
der Vorschriften für legale Unternehmen<br />
und Händler sind. Der Kommissar für Wirtschaftsund<br />
Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll,<br />
PIERRE MOSCOVICI, erklärte dazu: „Das günstige Wirtschaftsklima<br />
und einige kurzfristige politische Lösungen,<br />
die die EU eingeführt hat, haben <strong>20</strong>17 zur<br />
Reduzierung der Mehrwertsteuerlücke beigetragen. Um<br />
jedoch noch größere Fortschritte zu erzielen, müssen<br />
wir das Mehrwertsteuersystem umfassend reformieren,<br />
damit es weniger betrugsanfällig ist. Unsere Vorschläge<br />
zur Einführung eines endgültigen, unternehmensfreundlichen<br />
Mehrwertsteuersystems liegen nach<br />
wie vor auf dem Tisch. Die Mitgliedstaaten können es<br />
sich nicht erlauben, untätig zu bleiben, während ihnen<br />
durch Karussellbetrug und systemimmanente Unstimmigkeiten<br />
Milliarden verloren gehen.“<br />
[Quelle: EU-Kommission]<br />
DAV fordert Rückkehr zum alten<br />
Überschuldungsbegriff<br />
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich mit<br />
den Auswirkungen der jüngsten Insolvenz im<br />
Reisemarkt (Thomas Cook) auf deutsche Touristen<br />
befasst und ist der Auffassung, dass eine der<br />
Ursachen dieser Pleite im fehlenden Überschuldungsbegriff<br />
des britischen Insolvenzrechts zu<br />
suchen ist.<br />
Die Insolvenz des Thomas-Cook-Konzerns, so<br />
der DAV, treffe Hundertausende von Touristen,<br />
sie gefährde aber auch zahlreiche Arbeitsplätze in<br />
Deutschland. Der Umfang und die hohe Zahl der<br />
Geschädigten resultierten vor allem aus der Tatsache,<br />
dass das britische Recht den Insolvenzauslösetatbestand<br />
der Überschuldung nicht kenne.<br />
Aber auch in Deutschland sieht der Verein ein<br />
ähnliches Problem: Die Überschuldung als Tatbestand<br />
für die Insolvenzauslösung könne nach<br />
der InsO ausgesetzt werden, wenn die Fortführung<br />
„überwiegend wahrscheinlich“ sei. De<br />
facto maßgeblich für eine Insolvenz sei daher<br />
aktuell nur die Zahlungsunfähigkeit.<br />
Der DAV kritisiert, dass überschuldete Unternehmen<br />
dann, wenn sie für sich die Wahrscheinlichkeit<br />
sehen, künftig wieder die Liquidität<br />
zu erreichen, weiterarbeiten und damit auch<br />
weiterhin operative Verluste produzieren. Dabei<br />
nutzten sie zur Schöpfung von Liquidität unterschiedliche<br />
Quellen: etwa Anleihen und Schuldscheine,<br />
aber auch die Anzahlungen auf in der<br />
Zukunft liegende Leistungen wie etwa Reisen.<br />
Für den Verbraucher bedeute seine Vorleistung<br />
oft unbewusst die Vergabe eines ungesicherten<br />
Kredits an ein nur eingeschränkt kreditwürdiges<br />
Unternehmen. So habe auch Thomas Cook über<br />
längere Zeit seine Liquidität erhalten.<br />
Der DAV fordert daher, statt wie jetzt bei<br />
der Thomas-Cook-Tochtergesellschaft Condor<br />
immer wieder das Einspringen des Staats zu<br />
fordern, vielmehr die Unternehmen zu verpflichten,<br />
die Vorauszahlungen der Touristen auf einem<br />
gesonderten Treuhandkonto zu separieren.<br />
Auch solle der alte Überschuldungsbegriff<br />
des § 19 InsO wieder eingeführt werden. Leider<br />
sei dieser im Zusammenhang mit der Lehman-<br />
Krise „nachhaltig entschärft“ worden. Er habe<br />
vorgeschrieben, dass ein Unternehmen Insolvenzantrag<br />
stellen musste, wenn das Eigenkapital<br />
die Verbindlichkeiten nicht mehr deckte.<br />
Ein dauerhaftes Weiterwirtschaften mit Verlusten<br />
sei damit bei gesetzeskonformem Verhalten<br />
ausgeschlossen gewesen. Jetzt dagegen trage<br />
der Verbraucher das Risiko einer fehlerhaften<br />
Prognose zur zukünftigen Liquidität des Unternehmens.<br />
„Ein Gesetz für die Pflicht zur Insolvenzantragstellung<br />
bei Überschuldung wäre gelebter Verbraucherschutz“,<br />
so das Resümee des Vereins.<br />
[Quelle: DAV]<br />
Personalia<br />
Der neue Präsident des Gerichts der Europäischen<br />
Union (EuG) heißt MARC VAN DER WOUDE. Er<br />
wurde am 27.9.<strong><strong>20</strong>19</strong> von seinen Richterkollegen<br />
für die Amtszeit bis zum 31.8.<strong>20</strong>22 gewählt. Der<br />
ehemalige Rechtsanwalt und Professor an der<br />
Erasmus-Universität Rotterdam folgt in diesem<br />
Amt MARC JAEGER nach, der nicht mehr kandidiert<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 23.10.<strong><strong>20</strong>19</strong> 1049