18.10.2019 Aufrufe

ZAP-2019-20

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Miete/Nutzungen Fach 4, Seite 1825<br />

Kündigung wegen Zahlungsverzugs infolge einer Mietminderung<br />

Beratung des Beraters hafte der Mieter mangels Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB<br />

hingegen nicht (LORENZ, WuM <strong>20</strong>13, <strong>20</strong>2, <strong>20</strong>6 f.). Nach der vorzugswürdigen h.M. hat der Mieter auch für<br />

fehlerhafte Auskünfte seines Rechtsberaters (namentlich Rechtsanwalts) oder auch anderer Auskunftspersonen<br />

einzustehen, da es sich hierbei um Erfüllungsgehilfen i.S.v. § 278 BGB handelt (BGH, Urt. v.<br />

25.10.<strong>20</strong>06 – VIII ZR 102/06; BGH, Urt. v. 13.5.<strong>20</strong>18 – XII ZR 65/14; PALANDT/WEIDENKAFF, 78. Auflage <strong><strong>20</strong>19</strong>,<br />

§ 573 Rn 14; a.A. KG, Rechtsentscheid v. 15.6.<strong>20</strong>00 – 16 RE-Miet 10611/99).<br />

Praxistipp:<br />

Nach Auffassung des BGH sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums des Mieters strenge<br />

Maßstäbe anzulegen. Er hat insoweit wörtlich folgendes ausgeführt:<br />

„Der Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche<br />

Rechtsprechung sorgfältig beachten“. Ein Irrtum ist nur dann entschuldigt, „wenn der Irrende bei Anwendung<br />

der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen<br />

brauchte. Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des<br />

rechtlich Zulässigen bewegt.“ (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.<strong>20</strong>06 – VIII ZR 102/06).<br />

In diesem Zusammenhang bleibt es bei den allgemein anerkannten Grundsätzen, dass der Mieter<br />

darlegen und beweisen muss, dass er ohne Verschulden an der Entrichtung der Miete gehindert war<br />

(BGH, Urt. v. 11.4.<strong>20</strong>12 – XII ZR 48/10). Nach der Rechtsprechung des BGH gelten diese Grundsätze<br />

sowohl für die Verzugshaftung des Mieters als auch für die Wirksamkeit einer Vermieterkündigung<br />

(BGH, Urt. v. 13.5.<strong>20</strong>15 – XII ZR 65/14). Will der Mieter also eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs<br />

vermeiden, sofern nach Auffassung des Mieters Mängel vorhanden sind, so muss er die Miete unter<br />

dem einfachen Vorbehalt der Rückforderung bezahlen, da der einfache Vorbehalt Erfüllungswirkung<br />

nach § 362 BGB zeitigt (PALANDT/GRÜNEBERG, a.a.O., § 362 Rn 14). Unter einem solchen einfachen<br />

Vorbehalt ist zu verstehen, dass der Mieter deutlich macht, nur unter Vorbehalt zu leisten, um die<br />

Wirkung von § 814 BGB auszuschließen und sich einen Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB für den<br />

Fall vorbehalten will, dass er das Nichtbestehen der Forderung beweist (BGH, Urt. v. 24.11.<strong>20</strong>06 –<br />

LwZR 6/05). Allerdings ist auf Mieterseite zu beachten, dass der einfache Vorbehalt zu einer Umkehr<br />

der Beweislast führt (SCHMIDT-FUTTERER/BLANK, a.a.O., § 543 Rn 103). Ein qualifizierter Vorbehalt ist für<br />

den Mieter problematisch, weil dieser keine Erfüllungswirkung hat. Ein solcher ist gegeben, wenn der<br />

Mieter nur unter der Bedingung leistet, dass die Forderung tatsächlich besteht und damit dem<br />

Gläubiger weiterhin die Beweislast für das Bestehen der Forderung aufbürdet (BGH, Urt. v. <strong>20</strong>.7.<strong>20</strong>10 –<br />

EnZR 23/09). Eine Leistung mit einem solchen qualifizierten Vorbehalt darf der Vermieter zurückweisen<br />

(BGH, Urt. v. 19.1.1983 – VIII ZR 315/81).<br />

Hinweis:<br />

In diesen Fällen hat die Rspr. einen schuldlosen Rechtsirrtum bejaht:<br />

Irrtum über die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens (AG Wernigerode, Urt. v. 17.12.1992 – 9C<br />

449/92); Fehleinschätzung der Minderungsquote (LG Bückeburg, Urt. v. 2.12.<strong>20</strong>10 – 1 S 9/10; AG Lübeck,<br />

Urt. v. 15.6.<strong>20</strong>11 – 24 C 4044/09); Nichtentrichtung der Miete bei berechtigten Zweifeln an der Vermieterstellung<br />

(AG Gelsenkirchen, Urt. v. 7.11.<strong>20</strong>11 – 3a C 299/11).<br />

bzw. verneint, mit der Folge einer wirksamen Vermieterkündigung:<br />

bei schwieriger Rechtslage und Fehlbeurteilung durch den Mieter (BGH, Urt. v. 25.10.<strong>20</strong>06 – VIII ZR<br />

102/06); wenn der Mieter zu Unrecht die Miete mindert, weil er irrig glaubt, dass die Feuchtigkeitsschäden<br />

auf einen Baumangel zurückzuführen sind (BGH, Urt. v. 11.7.<strong>20</strong>12 – VIII ZR 138/11); wenn sich der<br />

Mieter wegen der Rechtslage an einen Rechtsanwalt, eine anerkannte Rechtsberatungsstelle oder an<br />

einen Mieterverein wendet und auf dessen Rat die Mieter mindert, zurückbehält oder aufrechnet (BGH,<br />

Urt. v. 25.10.<strong>20</strong>06 – VIII ZR 102/06); wenn der Mieter seine Rechtsauffassung auf eine in der Rechtsprechung<br />

vertretene Meinung stützen kann und das zur Entscheidung berufene Gericht dieser Meinung<br />

nicht folgt (BGH, a.a.O.).<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 23.10.<strong><strong>20</strong>19</strong> 1067

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!