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architektur - bauen und energie - kreuzgewölbe - fachmagazin - oktober 2019 - eMagazin 07/19 - perchtoldsdorf - magazin - licht - bauen - planen - autocad - architekten - planer - gebäude - bauwirtschaft - interior - creative - designer - innenausbau - architect - archilover - retail - innenarchitektur
architektur - bauen und energie - kreuzgewölbe - fachmagazin - oktober 2019 - eMagazin 07/19 - perchtoldsdorf - magazin - licht - bauen - planen - autocad - architekten - planer - gebäude - bauwirtschaft - interior - creative - designer - innenausbau - architect - archilover - retail - innenarchitektur
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53<br />
<strong>architektur</strong>szene<br />
herzustellen und das Quartier im Norden<br />
Wiens durch eine intelligente Erdgeschossnutzung<br />
zu beleben.<br />
Ein Außenbezirk mit einer vielseitigen Architektur,<br />
der außerdem über eine hohe<br />
Einwohnerdichte verfügt, ist Favoriten. Den<br />
10. Wiener Gemeindebezirk prägen Fabrikgebäude,<br />
Gemeindebauten des 20. Jahrhunderts,<br />
aber auch Hochhäuser. Ein für<br />
die Triester Straße markanter Bau ist das<br />
Philips-Haus, welches in den 1960er-Jahren<br />
von Karl Schwanzer entworfen wurde. An<br />
der Südeinfahrt dient es als Orientierungspunkt<br />
und ist damit fest im Gedächtnis der<br />
Stadt verankert. In Abstimmung mit dem<br />
Bundesdenkmalamt führten Josef Weichenberger<br />
architects + Partner den Bau<br />
einer neuen Nutzung zu. Im Zuge der Umplanung<br />
wurde die innovative Bauweise in<br />
moderne Wohnformen übersetzt. Auf einer<br />
kleinen Fläche wurde damit eine ausgewogene<br />
Mischung aus Wohnraum, Gewerbe,<br />
Nahversorgern, einem Loft und einem Fitnesscenter<br />
geschaffen. Die „Vertical Village“<br />
beinhaltet 135 Wohneinheiten, womit<br />
das Projekt ein gelungenes Beispiel für die<br />
historisch vertretbare Umnutzung einer<br />
Landmarke ist.<br />
Gekonnte Verbindung<br />
von Alt und Neu<br />
In den inneren Bezirken existieren Neubauten<br />
neben Gründerzeithäusern. Nicht immer<br />
gelingt es, ein harmonisches Gesamtbild<br />
zu schaffen. Im schlimmsten Fall wirken<br />
junge Projekte neben historischen Bauten<br />
identitäts- und gesichtslos. Ein Positivbeispiel<br />
für einen gelungenen Kompromiss ist<br />
der Wohnbau in der Beatrixgasse 27, einem<br />
der ältesten Straßenzüge des 3. Wiener Gemeindebezirks.<br />
Mit dessen verspielter Fassade,<br />
die sich dem Straßenverlauf anpasst,<br />
gelang es den Planern von A.C.C. Ziviltechnik,<br />
das Spannungsfeld zwischen den<br />
Bürobauten der 1950er- und 1960er-Jahre<br />
und den Gebäuden der Gründerzeit zu<br />
durchbrechen. Das Ergebnis davon ist der<br />
Wohnbau „The Ambassy – Parkside Living“.<br />
Er enthält Kleinwohnungen ab 50 Quadratmetern<br />
Wohnfläche, Familiendomizile mit<br />
bis zu 160 Quadratmetern sowie Ambassador-Residenzen<br />
mit maximal 190 Quadratmetern.<br />
Der Wohnbau stellt damit sowohl<br />
Einzelpersonen als auch Familien Lebensund<br />
Wohnraum zur Verfügung.<br />
Die Architektur des Sozialen<br />
Berücksichtigung fanden im Rahmen der<br />
Ausstellung „gebaut 2018“ ebenfalls soziale<br />
Projekte. So auch das VinziDorf im 12.<br />
Wiener Gemeindebezirk. Es bietet alkoholkranken,<br />
obdachlosen Männern privaten<br />
Lebensraum. Vom Personal werden sie<br />
beim Stillen ihrer Grundbedürfnisse sowie<br />
bei der Erledigung alltäglicher Tätigkeiten<br />
unterstützt. Dafür stehen 24 Schlafplätze<br />
in Einzelwohneinheiten zur Verfügung. 16<br />
Wohnmodule wurden dazu in einer dorfartigen<br />
Struktur angelegt. Prägende Elemente<br />
sind dabei die Holzbauweise sowie die Einbettung<br />
in die naturnahe Umgebung. Immerhin<br />
sind die Module des VinziDorfs Wien<br />
im Obstgarten eines ehemaligen Exerzitienhauses<br />
gelegen. Trotzdem entspricht die<br />
Anlage der „geschlossenen Bauweise“ – ein<br />
Aspekt, der in der Widmung festgelegt wurde.<br />
Denn alle Baulichkeiten fassten die Architekten<br />
unter einem gemeinsamen Dach<br />
zusammen. Um den Obstbäumen Platz zu<br />
machen, ist die Überdachung an bestimmten<br />
Stellen unterbrochen oder weicht zurück.<br />
Sowohl Dach als auch Wohnmodule sind mit<br />
gespendetem Plattenmaterial verkleidet.<br />
Damit Bewohner ihr Haus leicht finden, ist<br />
jede Einheit in einer anderen Farbe gehalten.<br />
Das Projekt finanzierte sich Großteils durch<br />
Projekt „Unter den Linden“<br />
Wohnhausanlage am Nordwestbahnhof<br />
Sach- und Arbeitsspenden. So bauten Schüler<br />
der HTL-Mödling die Wohnmodule.<br />
Ein wichtiges Bestreben sozialer Architektur<br />
besteht darin, leistbaren Wohnraum zu<br />
schaffen. Denn Wohnungsknappheit ist ein<br />
Thema, das die Stadt und damit die Planer<br />
vor große Herausforderungen stellt. Eine<br />
mögliche Antwort auf dieses Problem liefert<br />
das Wohnhaus in der Herbortgasse in<br />
Simmering. Auf dem Platz der ehemaligen<br />
Ventilwerke entstand unter Mitwirkung von<br />
Architekt Martin Kohlbauer in den letzten<br />
Jahren ein neues Quartier. Es besteht aus<br />
zwei Punkthäusern, die durch zwei- bis<br />
dreigeschossige Foyers erschlossen sind.<br />
Auf den ersten Blick fallen die abgerundeten<br />
Ecken der Gebäude auf. Sie werden von<br />
weitläufigen Balkonen umsäumt. Mit dem<br />
Projekt von Kohlbauer wurden insgesamt<br />
105 Wohneinheiten realisiert – weitere 401<br />
sollen folgen. Daneben wird eine Seniorenwohngemeinschaft<br />
mit sechs Heimplätzen<br />
zur Verfügung stehen. Gemeinschaftsräume<br />
sollen einen Austausch der Mieter sowie<br />
eine gemeinsame Freizeitgestaltung<br />
ermöglichen.<br />
Vorzeigeprojekte als Vorreiter<br />
Es ist wichtig, Experten, aber auch Laien auf<br />
Vorzeigeprojekte in der Stadt aufmerksam<br />
zu machen. Denn bemerkenswerte Konzepte<br />
dürfen nicht zu versteckten Architekturschätzen<br />
im Raum werden – und leider passiert<br />
es bei der Vielzahl an Projekten in der<br />
Großstadt schnell, dass gelungene Stadtentwicklungsmaßnahmen<br />
untergehen.<br />
Positive Entwicklungen in der Architektur<br />
dienen zukünftigen Generationen als Inspiration<br />
und liefern Lösungsansätze für<br />
die Herausforderungen im urbanen Raum.<br />
Die Ausstellung „gebaut 2018“ im Dezernat<br />
„Begutachtung“ der MA 19 ist noch bis Juni<br />
2020 zu sehen.