mein/4 März 2020
mein/4 Stadtmagazin, Ausgabe März 2020
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Kevin Kühnert im Interview
mein/4: Lieber Kevin Kühnert, du bist 30 Jahre
alt und seit 15 Jahren Mitglied der SPD. Wie
kommt man als 15-Jähriger darauf, sich in der
Politik zu engagieren?
Kevin Kühnert: Ich bin Jahrgang 1989, in den vergleichsweise
ruhigen Neunzigerjahren aufgewachsen und dann
an die Oberschule gekommen – eine Zeit, als um uns
herum politisch ganz viel Aufregendes passierte. Ein
Beispiel: In der ersten oder zweiten Woche am Gymnasium
in Lankwitz geschahen die Anschläge vom
11. September 2001. Ich glaube, für meine Generation
war sofort klar, dass ab diesem Tag etwas anders sein
würde. Das haben wir auch schon mit zwölf Jahren bemerkt.
Daraus resultierten viele Debatten um den Irakkrieg,
es gab viele Massendemos in Berlin, zu denen wir
auf die Straße gegangen sind. Es war eine hochpolitische
Zeit. Insofern war der Eintritt in eine Partei nicht der
Moment, in dem ich politisch geworden bin, sondern
das war eigentlich schon vorher. Die Überlegung war
eher: Reicht es, für sich alleine politisch zu sein oder
muss man sich nicht auch organisieren? Ich habe mich
für Letzteres entschieden.
mein/4: Wann war für dich klar, dass es die
SPD sein sollte? Dein Eintritt war 2005, das
letzte Jahr von Schröders Kanzlerschaft.
Kevin Kühnert: Was damals noch nicht klar war ...
mein/4: Bist du trotz oder wegen Schröders
Politik in die SPD eingetreten? Stichwort
Hartz-IV-Agenda.
Kevin Kühnert: Ich bin nicht mit 15 Jahren in die SPD
eingetreten, um die Agenda umzuwerfen. Das war auch
nicht das Thema, das mich damals groß beschäftigt hat.
Ich bin eher wegen der Situation vor Ort eingetreten.
Wir haben uns damals für mehr Jugendbeteiligung in
den Bezirken eingesetzt. Am Ende waren es Menschen
aus der SPD, die uns unterstützt haben und denen ich
Vertrauen zurückgeben wollte. Der letzte Auslöser war
ein Schülerpraktikum im örtlichen SPD-Büro. Von da an
stand es fest – die inhaltliche Nähe habe ich aber vorher
schon gespürt. Ich habe mich nicht mit einer Plusminusliste
hingesetzt und geschaut, was passen könnte; das
war ein Bauchgefühl, wenn auch ein deutliches.
mein/4: Du bist in Berlin geboren, du lebst in
dieser Stadt und verbringst auch privat deine
Zeit hier. Welche Veränderungen erlebst du?
Wie verändert sich der Umgang der Menschen
untereinander?
Kevin Kühnert: Das Besondere an Berlin im Vergleich
zu anderen Großstädten ist ja, dass wir anders aufgebaut
sind. In Berlin gibt es nicht das eine Zentrum, in
dem sich alles abspielt. Berlin hat Dutzende Zentren.
Für jede Neigung, für jedes Interesse gibt es ein eigenes
Zentrum. Die Stadt entwickelt sich in unterschiedlichen
Geschwindigkeiten. Ich zum Beispiel bin in den
Außenbezirken groß geworden, erst in Lankwitz, dann
in Lichtenrade. Da hat sich in den letzten Jahren nicht so
fürchterlich viel verändert. Natürlich entwickeln sich auch
diese Stadtteile weiter, aber das Tempo ist ein anderes
als in der Innenstadt. Inzwischen lebe ich in Schöneberg,
das liegt eher am Rande des Epizentrums. Aber wenn
ich nach Kreuzberg, nach Mitte und Prenzlauer Berg
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