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mein/4 März 2020

mein/4 Stadtmagazin, Ausgabe März 2020

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„You gotta know your shit!“

Der Jazzsänger Atrin Madani im Gespräch mit Hans-Jürgen Schatz

Atrin Madani ist ein Weltreisender in Sachen Jazz, in seinem Schöneberger Kiez fest verwurzelt. 1998

geboren, ist er ein Berliner ohne Ost- oder West- davor, hat er die Teilung der Stadt nicht erlebt, die

Mauer nie gesehen. Berlin wurde Hauptstadt und Regierungssitz, für ihn ist es vor allem die deutsche

Hauptstadt des Jazz. Und da gibt es keine Grenzen, keine Mauern. Jazz ist eine universelle Sprache.

In Berlin trifft man verdammt talentierte junge Menschen.

Einer von ihnen ist der Jazzsänger Atrin Madani.

Als ich ihn 2016 zum ersten Mal hörte, war er gerade 18

geworden. Er sang Konzerte an ausgesuchten Orten, begleitet

von verschiedenen Formationen, einmal sogar nur

von einem Bassisten. Ein faszinierender Abend. Bereits

damals hatte er eine unverwechselbare Stimme, eine starke

Bühnenpräsenz und besaß eine hohe Professionalität.

2017 machte er sein Abitur und ebnete sich damit den

Weg zum Hochschulstudium. 2018, inzwischen hatte er

sich innerhalb weniger Tage drei Studienplätze in Deutschland

ersungen und sich für Dresden entschieden, wurde

ihm die Ehre zuteil, ins Vokalensemble des Bundesjazzorchesters

aufgenommen zu werden. Diese Mitgliedschaft

endet regulär nach zwei Jahren, in denen man an etlichen

Arbeitsphasen und Auftritten rund um die Welt teilnimmt.

Im Herbst 2019 wechselte er von der Elbe an die Spree

und setzte nun sein Studium am Jazz-Institut Berlin (JIB)

fort. Wie vertragen sich Studium und zahlreiche Auftritte?

„Meine Professoren sind nicht immer glücklich mit

mir, wenn ich z. B. mal nicht Klavier üben konnte. Klar,

die Auftritte nehmen Zeit weg. Mancher musste schon

Prüfungen verschieben, Studienzeit dranhängen. Aber

das wahre Studium findet eben auf der Bühne statt. Man

kann noch so viel üben, man muss das Geübte auch auf

der Bühne anwenden können.“

Atrin Madani ist ein waschechter Berliner. Wo liegen seine

familiären Wurzeln? „Meine Eltern stammen aus dem Iran.

Papa ist vor fast vierzig Jahren nach Deutschland gekommen,

kurz vor der Revolution. Meine Mutter viel später.“

Unter Kindern ist es kein Problem, wenn man anders

aussieht. Wie ist das heute? „In manchen Teilen Deutschlands

wird man nicht als Deutscher gesehen. In Berlin

ist es völlig normal, dass du als südländischer Typ super

deutsch sprichst. In meiner Kindheit hatte ich gar keine

Probleme, hatte Freunde, die kamen von überall. Das ist

Berlin! Aber es gibt Teile dieser Welt, wo du es als ‚person

of color‘ nicht so einfach hast.“

Seit ein paar Wochen erobert Atrin einige der feinsten

Adressen der Berliner Jazz- und Entertainmentszene: Donau

115, Bar jeder Vernunft, Maison de France, Jazzclub

A-TRANE. Weitere Auftritte in der Bar jeder Vernunft

und im Jazzclub Schlot werden folgen – siehe Kasten. Am

7. März spielt Atrin Madani mit seiner Band in der WABE

an der Danziger Straße. Dort hatte der Jazz schon vor

1989 ein Zuhause und der neue Chef der WABE, Marc

Lippuner, arbeitet erfolgreich daran, dass es wieder so wird.

Ist das Repertoire begrenzt, wenn man so jung ist? „Ja,

ganz sicher. Inhaltlich und von der Umsetzung her. Es

gibt Songs wie ‚Lush Life‘, die sind sehr poetisch, tiefgründig

und technisch sehr anspruchsvoll. Das muss man

sprachlich und tonal erstmal in den Hals kriegen, um es

authentisch rüberzubringen. Aber wenn einem ein Song

zu fordernd erscheint, soll man ehrlich zu sich selber sein

und den lieber erst in ein paar Jahren singen.“

Woher kommt die für einen so jungen Mann ungewöhnlich

starke Vorliebe für die Songs aus der Zeit der Weimarer

Republik, geschrieben von Werner Richard Heymann,

Walter Jurmann oder Friedrich Hollaender? „Ich

habe damals den Film über die ‚Comedian Harmonists‘

gesehen. Ich liebte diesen Sound und Lieder wie ‚Irgendwo

auf der Welt‘. Dann bekam ich die CD ‚Übers Meer‘

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