mein/4 März 2020
mein/4 Stadtmagazin, Ausgabe März 2020
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„Kurz und knapp“ – Franziska Hauser
Verdienst du deinen Lebensunterhalt mit dem
Schreiben?
Im Moment ist es mein Lebenskonzept, immer so wenig
Geld zu haben, dass ich mir keine Flugreisen leisten
kann. Geld zu haben stresst mich total. Auch
wenn es ein Depot wäre. Ich brauche
dieses Gefühl verletzbar zu
sein. Das geht natürlich nur
in diesem hängemattenartigen
Sicherheitsgefühl,
das ich hier habe und
mit der Möglichkeit,
neben den Jobs noch
genug Zeit zu haben.
Im Moment unterrichte
ich Deutsch
als Fremdsprache
und mache jeden Monat
Interviews für DAS
MAGAZIN.
Wohin verreist du
gerne?
Das Prinzip Urlaub
habe ich irgendwie
nie richtig verstanden.
Viele Leute müssen
ja offenbar ständig
irgendwo hin, weil
irgendwer gesagt hat,
dass es da toll ist und
weil sie einfach dieses Bedürfnis
haben. Ich verreise
zwar auch total gerne, aber nur,
wenn ich einen Grund habe, wenn
es irgendeinen Sinn gibt, wenn ich da
was rausfinden will oder jemanden besuche oder eine
Lesung habe.
Und wenn du mal draußen bist?
Wenn ich auf dem Land bin und merke, dass ich von
der Stille schon gar nichts mehr weiß und von der Langsamkeit,
mit der dort die Dinge passieren, die einem
nur auffallen können, wenn man genau hinsieht,
dann komme ich mir ganz degeneriert
vor. Ich könnte mich
diesem stillen Dasein wahrscheinlich
nur schwer ergeben,
zumal es mir jeden
Tag schwerer fällt, mit der
Klimakrisen-Depression
klarzukommen.
In welcher Gegend
fühlst du dich zu
Hause?
Brandenburg, Uckermark,
Mecklenburg, eigentlich alles
um Berlin herum ist meine
Lieblingslandschaft. Das sind
ja auch die ganzen Erinnerungen
und die Geschichte
und die Menschen und
das Gefühl zu Hause zu
sein. In der Normandie
kann ich nur staunen,
oder an der Nordküste
Irlands. Das finde ich irre
toll, aber die Verbundenheit
fehlt mir da. Ich bin irgendwie
gerne verbunden.
Vielen Dank!
Das Video zum Interview gibt es hier:
www.jenswazelphotography.com/Series/Stories-D/
Franziska-Hauser
■
Bist du dann eher ein Stadtmensch?
Ich wurde von dieser Stadt erzogen, habe gelernt mich
nicht ausbeuten zu lassen, mir zu nehmen was ich brauche
und mich trotzdem anzupassen. Ich bin einerseits
eine Berliner Straßenkatze und andererseits auch eine
verwöhnte Wohlstandstochter. In beidem sehr individualistisch.
Ich könnte behaupten, dass ich mit allem
irgendwie klarkomme, aber sobald ich nicht jederzeit
sagen darf was ich denke, komme ich nicht mehr klar.
Das ist meine „Berliner Erziehung“. Ich halte mich nicht
gerne an vorgegebene Richtlinien.
Jens Wazel ist Fotograf und
Tanzlehrer. Im Osten aufgewachsen,
wohnt er nun – nach
25 Jahren in den USA – wieder
in Prenzlauer Berg.
Er hat eine Serie mit Videoporträts
erstellt und arbeitet
derzeit an einem Film über die
Geschichte des „Conscious
Dance“.
www.jenswazelphotography.com
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