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mein/4 März 2020

mein/4 Stadtmagazin, Ausgabe März 2020

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Rubrik

gerutscht und hat ihre innere Zerrissenheit

auch nach außen dargestellt. Wie ist deine Vision?

Wie möchtest du die SPD auf einen linken

Politikkurs bringen und das Profil der SPD

zurückgewinnen?

Kevin Kühnert: Ich würde sagen, die SPD rückt in letzter

Zeit wieder ein ganzes Stück nach links. Oder besser

gesagt: zu sich selbst. Wir haben uns Ende letzten Jahres

endlich von diesem ganzen Hartz-IV-Ballast verabschiedet.

Und das glücklicherweise nicht nur, wie vorher,

durch die Behauptung, wir hätten damit nichts mehr zu

tun. Nein, wir haben auch endlich ein neues Konzept

vorgelegt. Nicht nur, dass wir es nicht mehr „Hartz IV“

nennen, sondern wir möchten konkret verhindern, dass

Menschen arbeitslos werden oder den Anschluss verlieren.

Wir möchten es schaffen, dass auch über 50-Jährige

noch einmal umgeschult werden können und nicht in

„Wir wollen die Daseinsvorsorge

wieder stärker in die öffentliche

Hand zurückholen, …“

die Frühverrentung abgeschoben werden. Wir möchten

Kinder absichern, von denen immer noch zwei Millionen

in Deutschland unter der relativen Armutsgrenze leben.

Das ist ein sehr kompaktes Ding, das noch viel mehr beinhaltet

als das Genannte. Und es bedeutet einen ziemlichen

Bruch zu dem, wofür wir so gescholten worden ist.

Meine Vorstellung von einer Volkspartei SPD ist, dass

arbeitsteilig vorgegangen wird. Das gehört dazu. Es muss

natürlich einen eher konservativen und einen eher linken

Flügel geben. Es gibt Leute, die eher im sehr kosmopolitischen

Milieu unterwegs sind, und Menschen, die

ein bisschen stärker auf die Verteidigung der alten Welt

bestehen. So ist auch unsere Mitgliedschaft aufgebaut.

Aber es kann nur dann funktionieren, wenn immer klar

ist, wo das Zentrum dieser Partei ist. Was ist der Konsens

dieser Partei, hinter dem sich ohne Wenn und Aber

alle versammeln? Wir haben uns diesbezüglich gescheut,

Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel, wenn wir uns

vor einem Parteitag nicht einig waren, ob es eine Vermögenssteuer

geben soll. Dann haben wir darüber nicht

abgestimmt, sondern haben eine Kommission eingerichtet

und die hat dann nicht getagt, und am Ende war kein

Problem gelöst. Resultat: Der eine läuft rum und sagt:

„Die SPD ist für eine Vermögenssteuer.“ Ein anderer sagt:

„Die SPD ist gegen eine Vermögenssteuer, das wendet

sich gegen die Leistungsträger in einer Gesellschaft.“

Klare Kommunikation sieht anders aus. Wer soll sich

denn an so einer Partei orientieren? Und genau diese

Sachen ziehen wir im Moment gerade. Übrigens bei der

Frage nach der Vermögenssteuer für Multimillionäre

und Milliardäre, indem wir sie mit einem klaren Ja beantwortet

haben.

mein/4: Was sind die Grundwerte, hinter die

sich alle stellen können? Gibt es die in der SPD?

Kevin Kühnert: Beispielsweise ganz klar die Gleichstellung

zwischen den Geschlechtern, zwischen eingewanderten

Menschen und sogenannten Bio-Deutschen.

Gleiche Rechte, gleiche Chancen für alle. Zum Beispiel

im Bildungssystem durch Abschaffung von Gebühren

aller möglichen Art. Das ist auch die Rückdrängung von

Marktlogiken in sensiblen Bereichen des Zusammenlebens.

Wir haben abgeschafft, dass Angehörige mit

normalem Einkommen für ihre zu pflegenden Eltern

Zuzahlung leisten müssen, was vorher viele Familien

vor riesige Herausforderungen und nicht selten auch

Zerwürfnisse gestellt hat. Überhaupt: Wir wollen die

Daseinsvorsorge wieder stärker in die öffentliche Hand

zurückholen, die in letzter Zeit durch den Druck, Gewinne

machen zu müssen, Stück für Stück zur Ware

verkommen ist. Es ist aber genauso der Wert der Arbeit.

Wir sind eine Partei, die aus der Bewegung der Arbeiter

und Arbeiterinnen kommt. Die Arbeitsgesellschaft ist

heute eine andere, aber es ist umso wichtiger, sie nicht

sich selbst zu überlassen. Wir haben heute neuere Formen

der Arbeit, die wir noch schwer erfassen können.

Es gibt Leute, die sind nicht richtig angestellt, aber

auch nicht richtig selbstständig. Die arbeiten hier und

da als Freelancer großen Unternehmen zu, und auch

unser Arbeitsrecht erfasst diese Leute nicht richtig. Für

die wollen wir verlässliche Absicherungen und für alle

Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung

– auch berufsbegleitend.

18 mein/4

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