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mein/4 März 2020

mein/4 Stadtmagazin, Ausgabe März 2020

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Küchenanekdoten

Die Entdeckung der

entspannten Lammsamkeit

„So, und nun in den Backofen und vergessen!“

Diesen Satz sagte Berlins Ehrenmeisterkoch seinen interessierten Kochschülerinnen und

-schülern, nachdem er ihnen verraten hatte, wie Schmoren geht.

Eine Kolumne von Andreas Langholz

In der Berufsschule würde man es vielleicht so erklärt

bekommen: Beim Schmoren oder Braisieren

wird das Gargut zunächst angebraten und dann in

simmernder Flüssigkeit weitergegart. Die beim Anbraten

entstehenden Röstaromen sind wesentlich

für den Geschmack des Gerichts. Zum Schmoren

eignen sich auch (Genießer würden sagen: „sogar besonders

gut“) langfaseriges und bindegewebsreiches

Fleisch, das beim Braten allein zäh bleiben würde.

Aber auch Gemüse und Pilze kann man schmoren.

Ich schmore stets frei nach Raneburger: Backofen zu

und vergessen. Und das möchte ich am Beispiel einer

Lammschulter verdeutlichen, weil ich euch dann

gleich noch ein Geheimnis von Franz verraten kann.

Zunächst erwerbe ich in dem türkischen Supermarkt

meines Vertrauens eine Lammschulter, ein Paar

Schalotten, Möhrchen, eine Knolle Sellerie, eine

Stange Lauch, acht Zehen frischen Knoblauch und

einen Strauß Petersilie – wenn möglich die krause

Sorte, die passt besser zu meiner Frisur …

Salz und Pfeffer sollten daheim noch vorhanden sein,

ebenso zwei bis drei Flaschen Rotwein (ihr wisst ja:

Den, den man zum Essen trinkt, nimmt man auch

zum Kochen, wusste schon Paul Bocuse).

Natürlich wasche ich Gemüse nur. Lediglich die

Sellerieknolle schäle ich großzügig und hebe nur die

Mitte auf. Das klein geschnibbelte Gemüse verteile

ich in meiner emaillierten Ofenform. Die Schulter

salze und pfeffere ich amtlich und brate sie in meiner

28er-De-Buyer-Eisenpfanne an. Mit der Wende

der Schulter gebe ich die Schalotten dazu – das

Aroma fehlt noch – und röste sie mit an. Jetzt sind

schon 15 Minuten vergangen, der Mittagsschlaf

steht unmittelbar bevor. Schalotten in die Ofenform,

die Schulter obendrauf, Pfanne ablöschen und die

flüssigen Röstaromen in die Form, Rotwein dazu

bis das Gemüse bedeckt ist, die Knoblauchknollen

quer halbieren und mit den Anschnittseiten auf die

Keule legen. Rein in den Ofen, der auf 100 Grad

vorgeheizt ist. Mittagsschlaf. Nach zwei Stunden

kurz aufwachen, Ofen auf 140 Grad stellen und

wieder hinlegen.

Ich versuche ca. zwei Stunden bevor gegessen werden

soll, wieder wach zu werden. Drehe den Ofen

auf 180 Grad, schenke mir ein Gläschen vom Roten

ein und überlege, ob ich zum Lamm Zitronenreis

mit Kurkuma, Tagliatelle, angestampfte Kartoffeln

oder einfach nur französisches Landbrot vom Bäckermann

in der Pariser Straße reiche.

Nichts vergessen? Doch: Bei 180 Grad den Weinpegel

im Ofen und außerhalb des Ofens kontrollieren

und – wahrscheinlich – etwas nachgießen.

Noch was: Die Selleriemitte würfeln, Kantenlänge

0,82 cm, und in einer kleinen Eisenpfanne bei geringer

Hitze braten. Dann das Decken des Tisches

delegieren und stets den Weinpegel im Blick haben.

Die letzten 15 Minuten erhöhe ich die Temperatur

auf aromaverdichtende 220 Grad.

Endspurt: Die Form kommt aus dem Ofen. Den

Knoblauch nehme ich herunter, die Schulter landet

auf meinem Tranchierbrett aus Eschenholz. Den

Rest aus der Ofenform passiere ich durch ein Sieb

in eine Sauteuse. Nun kommt’s: die Knoblauchhälften

in die Sauce ausdrücken. Damit wird die Sauce

gebunden. Jetzt geht es nur noch um gerechte Verteilung,

auch des Weines. Und beim Anstoßen als

Toast ein: „Danke Franz!“

P. S.: Übrigens, Franz kocht zu unserem Sommerfest

am 6. 6. – Beginn 17:00 Uhr. Wenn auch kein

Lamm … Kommt nach dem Mittagsschlaf vorbei

und genießt!

colecomp Wörther Straße 39,

Kollwitzplatz

mein/4

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